Am 30. April ist Tag der Arbeitslosen. Anders als in „normalen“ Jahren bekommen Arbeitslose in der Corona-Krise verstärkt Aufmerksamkeit. Arbeitslosigkeit ist nicht mehr so stark nur ein Phänomen, das Menschen mit geringem Einkommen betrifft, wie Auswertungen des Momentum Instituts zeigen.
Daten des AMS für die Arbeitslosen 2020 zeigen die Verteilung des Einkommens vor der Arbeitslosigkeit, das zur Berechnung der Arbeitslosenleistungen herangezogen wird. Die Hälfte der Arbeitslosen im Jahr 2020 verdiente weniger als 1.975 Euro pro Monat brutto vor ihrer Arbeitslosigkeit. Im Vergleich: Die Hälfte aller unselbständig Erwerbstätigen verdiente 2019 weniger als 2.165 Euro pro Monat. „Hier zeigt sich, dass relativ zu vor der Corona-Krise auch viele Besserverdienende arbeitslos wurden. Arbeitslosigkeit ist verstärkt in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“, analysiert Mattias Muckenhuber, Ökonom beim Momentum Institut.
Betrachtet man die Arbeitslosenleistungen des AMS, die die Arbeitslosen im Jahr 2020 bekommen haben, zeigt sich, dass diese trotz höherer Anzahl an ehemals Besserverdiener:innen immer noch sehr niedrig sind. So bekommt die Hälfte der Arbeitslosen nur 978 Euro netto pro Monat (12 Mal im Jahr), nur ein Zehntel bekommt über 1.325 Euro netto pro Monat. Im Gegensatz dazu betrug das mittlere Nettogehalt der unselbständigen Beschäftigten im Jahr 2019 1.880 Euro netto pro Monat (ebenfalls 12 Mal im Jahr, inkl. anteilige Sonderzahlungen wie 13. Und 14. Gehalt). „Für viele Arbeitslose bedeutet der Verlust des Arbeitsplatzes beinahe eine Halbierung ihres Gehalts, mehr als die Hälfte der Arbeitslosen muss mit unter 1.000 Euro netto pro Monat auskommen.“ Das ist nur etwas mehr als im Jahr 2019 (927 Euro).
„Ein Unterschied in der Höhe der Arbeitslosenleistung zeigt sich nicht nur zwischen Männern und Frauen, wobei letztere im Mittel über 100 Euro netto pro Monat weniger bekommen.“, so Muckenhuber. „Auch Notstandshilfebezieher:innen bekommen – trotz Anhebung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengelds – weniger als Arbeitslosengeldbezieher:innen. Das deutet darauf hin, dass Besserverdienende eher kürzer arbeitslos sind.“
Betrachtet man die Arbeitslosenleistungen nach Branche zeigt sich: In allen Branchen bis auf Erziehung/Unterricht gibt es einen Gender Gap. Muckenhuber: „Die Ursachen für die Gender Gaps bei den Arbeitslosenleistungen liegen jedoch schon in der Einkommenslücke am Arbeitsmarkt. Die höhere Teilzeitquote der Frauen sowie deren geringere Entlohnung sorgt nicht nur während der Erwerbstätigkeit, sondern auch im Falle von Arbeitslosigkeit für ein geringeres Einkommen.“
Weiters zeigt sich, dass Personen in den Branchen Information/Kommunikation und Finanz-/Versicherungsdienstleistungen die höchsten Arbeitslosenleistungen bekommen, wobei diese vor allem durch arbeitslosengeldbeziehende Männer getrieben werden. Danach folgen die Branchen Bau und Warenherstellung. Im Mittelfeld befinden sich die Branchen Öffentliche Verwaltung, Handel sowie Kunst/Kultur. Am niedrigsten sind die Arbeitslosenleistungen in den Branchen Beherbergung/Gastronomie, Gesundheit, und Erziehung/Unterricht.
Zuletzt zeigen sich auch bei den Arbeitslosenleistungen nach dem Alter starke Unterschiede zwischen Männern und Frauen. „Auch hier spiegeln die Unterschiede stark die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt wider.“, so Muckenhuber. „Ab 25 Jahren bleiben die Arbeitslosenleistungen insgesamt in etwa auf dem selben Niveau. Betrachtet man jedoch Männer und Frauen getrennt, sieht man, dass die Arbeitslosenleistungen der Männer im Alter zunehmen, während die der Frauen ab 45 wieder geringer werden.“
Das im internationalen Vergleich niedrige österreichische Arbeitslosengeld führt dazu, dass die Hälfte der Arbeitslosen weniger als 978 Euro netto pro Monat an Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bekommt, ein Fünftel sogar weniger als 695 Euro. „Eine Erhöhung des Arbeitslosengelds ist einerseits aus Sicht der Betroffenen wichtig, damit die Einkommenseinbußen nicht so stark ausfallen.“, erklärt Muckenhuber. „Andererseits spricht auch volkswirtschaftlich viel dafür, die Arbeitslosenleistungen zu erhöhen. Gerade in einer Krise führt der Einkommensverlust vieler Arbeitsloser zu einer geringeren Nachfrage und in weiterer Folge zu einer schwächeren und langsameren Erholung der Wirtschaft.“