Klimapolitisch sind hohe Strompreise ein wichtiges Signal: Wir müssen nicht nur fossile Brennstoffe verbannen, sondern auch Energie einsparen. Je weniger Energie wir brauchen, desto leichter gelingt die Energiewende. Ist Strom teuer, kann das zum Energiesparen anregen. Das Problem an der aktuellen Situation ist allerdings, dass die Strompreise regelrecht explodieren. Darunter leiden nicht nur Haushalte mit niedrigen Einkommen, auch die Mittelschicht greift schon ordentlich in die Tasche. Dazu kommt: Leistbarer Strom ist essenziell dafür, dass unsere Gesellschaft funktioniert. Weil Strom in so gut wie jedem Produkt steckt, wird auch das restliche Leben teurer. Strom treibt die Inflation also direkt und indirekt.
Die Teuerung ist zwar großteils importiert, der extreme Preisanstieg beim Strom jedoch hausgemacht: Durch die Preissetzung über das Merit-Order-Prinzip am Stromgroßhandel gibt das teuerste Kraftwerk – meist ein Gaskraftwerk – den Preis für alle anderen vor. Europa kettet seinen Strompreis freiwillig an einen Börsenpreis für Gas. Ein Preis, den Putins Gazprom mittels kontrollierter Liefereinschränkungen nach oben manipuliert. Selbst für günstigen, mit erneuerbaren Energien hergestellten Strom, zahlen wir momentan – konservativ geschätzt – das Drei- bis Vierfache der Produktions- und Investitionskosten. Die Preise spiegeln die Kosten also nicht wider, Übergewinne entstehen.
Eine Möglichkeit, die Sozial- und Klimapolitik zusammendenkt, gibt es für Haushalte: Den Strom-Grundverbrauch – etwa die Hälfte des durchschnittlichen Haushaltsverbrauchs – könnte man mit einem niedrigen Fixpreis deckeln. Für darüberhinausgehenden Verbrauch fallen weiterhin die Marktpreise an. Der Betrieb alltäglicher Geräte, wie Kühlschrank oder Waschmaschine bleibt leistbar, der Anreiz zum Energiesparen erhalten. Ähnliches diskutiert momentan auch die Bundesregierung. Einen Haken hat ihr Vorschlag: Zahlen würde der Staat, die Stromerzeuger behalten ihrer Übergewinne. Wenig verteilungsgerecht, aber auch eine Belastung fürs Budget. Besser wäre, die Energiekonzerne für den Strompreisdeckel zur Kasse bitten. Konkret: Den Stromversorgern den Tarif vorschreiben. Und eine Übergewinnsteuer bei den profitablen Stromerzeugern wie dem Verbund einheben, um den Deckel zu finanzieren.
Mittelfristig braucht es noch einen weiteren Schritt der Bundesregierung. Sie sollte die Preissetzung am Strommarkt grundsätzlich überdenken. Spanien und Portugal machen vor, wie man Strom- und Gaspreis entkoppelt. Dort wird Gaskraftwerken Gas günstiger verrechnet. Netto bringt das den Stromkunden eine deutliche Kostensenkung, denn die Übergewinne der Kraftwerke ohne Gas fallen geringer aus. Ein Deckel auf 100 Euro pro Megawattstunde Gas könnte den Strompreis in Österreich um 40 Prozent reduzieren. Leicht umsetzbar ist diese Variante nur gemeinsam mit anderen Ländern. Doch auch ein nationaler Alleingang ist ernsthaft zu prüfen.
Abschauen könnte man sich auch etwas von der Schweiz: Dort wird der tatsächliche Strommix verrechnet. Erneuerbare Energie verbilligt die Stromrechnung dort zwingend. Bei uns ist das nicht im gleichen Ausmaß der Fall. Dafür muss die Bundesregierung die Liberalisierung des europäischen Strommarktes in Frage stellen. Nicht einfach. Aber notwendig. Denn das Problem – teures Gas treibt uns die Strompreise in luftige Höhen – bleibt uns sonst bis zur vollständigen Energiewende bestehen.
Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Wiener Zeitung.