Reichenliste: Reichster Mensch besitzt 126.000-mal so viel wie der Durchschnitt

Unter den zehn reichsten Familien in Österreich finden sich laut der „trend“-Reichenliste sieben Erb:innen, ein bedeutender Teil ihres Beteiligungs-, Erbschafts-, und Stiftungsvermögens geht auf Erbschaften zurück. Erbschaften sind in Österreich noch ungleicher verteilt als Vermögen, beides wird nicht besteuert – trotz der maroden budgetären Lage sollen Erb:innen und Extremreiche weiterhin nichts beitragen. Die enorme Vermögenskonzentration wird dadurch verschärft. Gleichzeitig kommt der Großteil der Steuereinnahmen aus Arbeit und Konsum. Eine Erbschaftssteuer und bessere vermögensbezogene Steuern könnten diese Entwicklung abmildern.
Sieben von zehn der reichsten Österreicher:innen sind Erb:innen eines hohen Vermögens . Sie hatten das Glück in reiche Familien geboren zu sein, das ist ein Startvorteil, den man tendenziell nie wieder durch Arbeit aufholen kann. Das macht es noch absurder, dass die Regierung in Österreich weder Erbschaften noch extrem hohe Vermögen besteuert, während auf Arbeitseinkommen bis zu 55 Prozent fällig sind. Hohe Erbschaften konzentrieren Vermögen bei den Reichsten im Land und werden von Generation zu Generation weitergereicht. Dadurch geht die Schere zwischen Arm und Reich weiter auf. Die reichste Einzelperson im Land besitzt 126.000-mal so viel wie eine Durchschnittsperson. Jede:r einzelne der Top-10 Milliardär:innen besitzt mehr Vermögen als alle 650.000 (schuldenfreie) Haushalte des untersten Vermögensfünftels der Bevölkerung zusammen. Der drittreichste Österreicher etwa besitzt als Einzelperson mehr Vermögen als 410.000 Haushalte der unteren Mittelschicht zusammen.
Die Top 10 zusammen sind heute siebenmal reicher als noch vor 20 Jahren. In der gleichen Zeit hat sich das Vermögen des untersten Fünftels gerade einmal verdreifacht. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft also immer weiter auseinander.
Selbst wenn die Regierung nur von den Top 10 der Extremreichen Erbschaftssteuern einhebt, würde das insgesamt je nach Modell zwischen 6,7 und 28 Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln bringen.¹ Mit so einer Summe könnten etwa harte soziale Einschnitte hinsichtlich der Budgetsanierung, wie aktuell seitens der Regierung am Tisch liegend, vermieden werden. Hinzukommt: Das Erbvolumen in Österreich verdoppelt sich in den nächsten 25 Jahren beinahe – insgesamt 800 Milliarden Euro sollen vererbt werden. Das ist rund 22-mal so viel wie Mark Mateschitz besitzt, der nicht nur die reichste Person Österreichs ist, sondern laut Forbes auch Platz 38 der reichsten Menschen der Welt belegt. Wir sprechen da also von unvorstellbaren Summen, die bald gänzlich unversteuert und leistungslos vererbt werden.
Da die Regierung weder auf das Vermögen noch auf die Erbschaften der Extremreichen Steuern einhebt, kommt von 100 Steuereuros mit 76 Euro der Löwenanteil der Steuerbeiträge aus Arbeit und Konsum. Lediglich 4 Euro kommen aus vermögensbezogenen Steuern – aus der Kapitalertragssteuer (KESt), der Grunderwerbsteuer, der Grundsteuer, der Stiftungseingangssteuer und der Zweitwohnsitzabgabe.
Die KESt unterliegt allerdings einem Einheits-Steuersatz. Die Grundsteuer ist zu niedrig angesetzt und bemisst sich an jahrzehntealten Einheitswerten zur Wertermittlung des Grunds oder der Immobilie. Problematisch dabei ist etwa, dass durch den Einheits-Steuersatz der Kapitalertragssteuer die Mindestpensionistin genauso viel Prozent auf ihr Erspartes am Sparbuch abführt, wie der Multi-Milliardär.
Auch die OECD empfiehlt Österreich höhere vermögensbezogene Steuern einzuführen. Denn Österreich liegt im OECD-Ranking der Länder mit den geringsten vermögensbezogenen Steuern auf dem vierten Platz. Nur in Litauen, Tschechien und Estland wird Vermögen noch weniger angetastet als bei uns. Selbst im EU-Schnitt wird Vermögen rund 3-mal so hoch besteuert wie in Österreich.
Wir haben eine der höchsten Vermögenskonzentrationen der ganzen Eurozone und besteuern Vermögenswerte im internationalen Vergleich lächerlich gering. Gleichzeitig bekommen wir in Dauerschleife die Empfehlung vermögensbezogene Steuern zu erhöhen und auch zwei Drittel der Bevölkerung sprechen sich dafür aus. Im nächsten Schritt sollte die Politik tätig werden.
Um die Vermögenskonzentration abzumildern und zu verhindern, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter aufgeht, empfehlen wir vermögensbezogene Steuern wieder einzuführen und bestehende zu erhöhen. Vermögen-, Erbschafts- und Schenkungssteuern sollten wieder eingeführt werden. Die Steuer auf Grund und Boden sollte erhöht werden und die dafür herangezogenen Verkehrswerte der Immobilien regelmäßig aktualisiert werden.
¹ Bei der Berechnung des Erbschaftssteuervolumens wird angenommen, dass sämtliches Vermögen der Top 10 in Österreich vererbt wird. Es wird berücksichtigt, dass das Vermögen auf mehrere Erb:innen aufgeteilt wird, jedoch wird angenommen, dass das Betriebsvermögen wie üblich nur auf eine Person übertragen wird. Die Top 10 Vermögen bestehen mehrheitlich aus Betriebsvermögen. Die Unterkante der Einnahmen von 6,5 Milliarden Euro bezieht sich auf das deutsche Erbschaftssteuermodell, bei dem 85 Prozent des Betriebsvermögens von der Besteuerung ausgenommen sind. Die Erbschaftssteuermodelle orientieren sich an Grünberger, Derndorfer & Schnetzer (2024). Erbschaften in Österreich: eine Modellschätzung intergenerationeller Vermögenstransfers bis 2050. Wirtschaft und Gesellschaft 50 (1), 21–41. doi.org/10.59288/wug501.230 .