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EU-Defizitverfahren: Österreich bislang nur ein Verfahren

Oliver Picek
07. Juli 2025
EU-Defizitverfahren: Österreich bislang nur ein Verfahren

Ab 8.Juli befindet sich Österreich aufgrund seines Budgetdefizits in einem EU-Defizitverfahren. Österreich zählt zu jenen EU-Ländern, die bisher unterdurchschnittlich lang in EU-Defizitverfahren verbracht haben, wie unsere Auswertung zeigt. Um schneller wieder herauszukommen, muss Österreich aber zunächst die Wirtschaft ankurbeln. Dafür ist eine Reform der Fiskalregeln notwendig. 

Am Dienstag (8. Juli) beschließen die Finanzminister der EU-Länder auf Vorschlag der Europäischen Kommission ein Verfahren gegen Österreich wegen des übermäßigen Budgetdefizits („EU-Defizitverfahren“). Österreich geht damit in sein zweites Defizitverfahren. Das erste Verfahren gegen Österreich begann nach der weltweiten Wirtschaftskrise 2009 und lief bis 2014 für sechs Jahre. 2025 eingerechnet wird Österreich somit das siebente Jahr in einem Defizitverfahren verbringen. Lediglich drei der 27 EU-Länder hatten bisher noch kein Defizitverfahren: Estland, Luxemburg und Schweden. Nur wenige Jahre im Verfahren verweilten Bulgarien (3 Jahre) und Finnland (4 Jahre). Die meisten Jahre im Defizitverfahren verbrachten hingegen Frankreich, Polen und Portugal mit je 14, gefolgt von Malta und Griechenland mit 13 Jahren. Damit liefen die Verfahren wegen übermäßigem Defizit in neun Ländern kürzer als in Österreich, in siebzehn allerdings länger. Das durchschnittliche EU-Land verbrachte 8,1 Jahre in Budgetdefizit-Verfahren. Die gesetzliche Möglichkeit für solche Verfahren wurde 1997 beschlossen, erstmals ausgesprochen wurde eines für EU-Länder im Jahr 2004.

Schlechte Konjunktur bringt Budgetdefizite und Defizitverfahren

Die Zahl der Länder in Defizitverfahren häuft sich in Wirtschaftskrisen. In den Jahren 2010 bis 2012, kurz nach dem enormen Wirtschaftseinbruch durch die Finanzkrise und der darauffolgenden Rezession sowie Stagnation, befanden sich 24 von 27 EU-Ländern in einem Defizitverfahren. Erst ab 2013 sank die Zahl der Verfahren wieder. Von 2017-2019 herrschte in Europa ein Wirtschaftsaufschwung. Im Jahr 2019 wuchs die Wirtschaft zum ersten Mal wieder in allen EU-Ländern nach der Finanzkrise, weshalb außer Spanien keines der EU-Länder im Defizitverfahren blieb. Wächst die Wirtschaft und steigen die Steuereinnahmen, hat kaum ein Land ein Defizitverfahren am Hals. Strauchelt die private Wirtschaft, hagelt es Verfahren am laufenden Band. Es ist wenig verwunderlich, dass sich Österreich in einem Defizitverfahren wiederfindet. Denn die Wirtschaft läuft hierzulande schlechter als in anderen Ländern.

Reform der EU-Fiskalregeln nötig

Mitten im dritten Jahr der Rezession bzw. Stagnation zwingen die EU-Finanzminister Österreich nun ein Defizitverfahren auf. Dabei wäre das Gegenteil nötig: Ein kranker Patient, wie eine schwächelnde Wirtschaft, braucht Infusionen. Ausnahmen von den EU-Fiskalregeln im Fall einer Wachstumsschwäche wären empfehlenswert. Die Regierung müsse mehr Spielraum bekommen, die Wirtschaft zu beleben – vor allem für klimafreundliche Infrastrukturinvestitionen.

Das heimische Sparpaket kostet Österreich voraussichtlich 0,9 bis 1,2 Prozentpunkte an Wachstum. Schnüren nun auch unsere Nachbarländer im Rahmen der Fiskalregeln Sparpakete, kostet das Österreich und Europa noch mehr Wachstum. Denn Österreichs Exporte hängen an Europa. Die Arbeitslosigkeit wird dann weiter steigen, der Wirtschaftsaufschwung länger auf sich warten lassen.

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