Handels-KV: Unterdurchschnittliche Löhne gegenüber Gesamtwirtschaft


Diese Woche starten die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 580.000 Arbeiter:innen und Angestellten im österreichischen Handel. Unsere aktuelle Analyse zeigt: Wer im Handel arbeitet, bekommt oft deutlich weniger bezahlt als jene in der Gesamtwirtschaft – besonders davon betroffen sind Frauen.
Im Schnitt liegt der Bruttostundenlohn im Handel bei 19,05 Euro, während der Durchschnitt über alle Branchen hinweg 21,55 Euro beträgt. Das bedeutet: Beschäftigte im Handel bekommen rund 12 Prozent weniger bezahlt als der Durchschnitt aller Arbeitnehmer:innen in der Gesamtwirtschaft.
Noch größer ist der Unterschied innerhalb der Handels-Branche: Ein:e Kassierer:in bekommt im Schnitt 14,26 Euro brutto pro Stunde bezahlt – jemand im Kfz-Handel hingegen 24,32 Euro – ein Unterschied von rund 10 Euro pro Stunde. Dass jene, die an der Supermarktkassa stehen und unser Land Tag für Tag mit dem Nötigsten versorgen, so viel schlechter bezahlt werden als jemand im Autohandel, zeigt, wie gering gesellschaftlich notwendige Arbeit noch immer bewertet wird.
Gerade in jenen Bereichen, wo besonders viele Frauen arbeiten, sind die Löhne niedrig. Bei Kassierer:innen liegt der Frauenanteil bei 80 Prozent (Stundenlohn: 14,26 Euro), im Einzelhandel insgesamt bei 73 Prozent (Stundenlohn: 16,48 Euro). Der Kfz-Handel, wo die durchschnittlichen Löhne laut Analyse am höchsten sind, hat hingegen nur einen Frauenanteil von 23 Prozent. Im Handel zeigt sich deutlich: Wo viele Frauen arbeiten, sind die Löhne niedriger. Das ist kein Zufall, sondern ein strukturelles Problem.
Besonders alarmierend: In mehreren Bundesländern liegt ein erheblicher Teil der Handelsbeschäftigten mit ihrem Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle (1.661 Euro netto für eine Einzelperson). In Vorarlberg haben 30 Prozent der Handelsbeschäftigten ein Einkommen unter dieser Schwelle, am geringsten ist der Anteil mit 16 Prozent im Burgenland. In Wien betrifft das 21 Prozent der Beschäftigten, in Tirol, Oberösterreich, Kärnten und Salzburg rund 25 Prozent.
Der Großteil (81 Prozent) jener Beschäftigten mit einem Nettogehalt unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle ist teilzeitbeschäftigt. Die Teilzeitbeschäftigung hat strukturelle Gründe, zum einen bieten etliche Unternehmen viele Stellen nur in Teilzeit an. Ein Viertel aller offenen Stellen im Handel ist beispielsweise mit „nur Teilzeitarbeit“ ausgeschrieben. Zum anderen fehlt es vielerorts, vor allem im ländlichen Bereich, an Kinderbetreuungseinrichtungen, die mit einem Vollzeitjob vereinbar sind. Außerhalb von Wien ist nur jeder 4. Kindergartenplatz vollzeitkompatibel.
Beschäftigte im Handel sind zentral für die Versorgung des Landes – sie halten die Supermärkte, Drogerien und Geschäfte am Laufen. Gerade in Zeiten hoher Preise ist klar: Die Gehälter müssen mindestens so stark steigen wie die Inflation. Alles andere wäre eine reale Lohnkürzung.