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/ 28. August 2023

Die letzte allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit wurde vor knapp 50 Jahren durchgesetzt. Zuletzt wurde 1975 die wöchentliche Normalarbeitszeit per Gesetz bzw. Generalkollektivvertrag gesenkt, 1985 die Jahresarbeitszeit. Unsere Analyse zeigt den historischen Zusammenhang zwischen Arbeitsmarktlage und Arbeitszeitverkürzung. Die Arbeitszeit wurde ausschließlich in Zeiten niedriger Arbeitslosigkeit verkürzt. Mit sinkender Arbeitslosigkeit verbessert sich die Aussicht auf eine Verkürzung der Wochen- und Jahresarbeitszeit.

Sind Arbeitskräfte knapp, erhöht das die Verhandlungsmacht von Arbeitnehmer:innen. Bei niedriger Arbeitslosenquote steigt die Verhandlungsmacht von Beschäftigten und Gewerkschaft. Man spricht von einem Arbeitnehmer:innenmarkt. Eine Verkürzung der Arbeitszeit lässt sich nur in dieser Situation durchsetzen.

Die erste Arbeitszeitverkürzung nach dem Zweiten Weltkrieg senkte die wöchentliche Arbeitszeit von 48 auf 45 Wochenstunden. Sie erfolgte 1959 per Generalkollektivvertrag der Sozialpartner, als die Arbeitslosenquote stark sank. 1960-1980 waren die Boom-Jahre der Nachkriegszeit mit hohem Wirtschaftswachstum. Die Arbeitslosenquote lag teils deutlich unter 3 Prozent. Die zweite große Arbeitszeitverkürzung – die schrittweise Einführung der 40 Stunden Woche - setzten die Arbeitnehmervertreter ab 1969 durch, als 1,8 Arbeitslose auf eine offene Stelle kamen. In dieser Zeit senkten die Sozialpartner auch die Jahresarbeitszeit mit der Einführung der 3. und 4. Urlaubswoche (1964 und 1975). 

Mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit ab 1982/83 war auch die Zeit der Arbeitszeitverkürzungen vorbei. Lediglich die Einführung der fünften Urlaubswoche gelang den Gewerkschaften noch 1985. 2018 wurde der ‘freiwillige‘ 12-Stunden-Tag mit der möglichen Ausweitung auf eine 60 Stunden-Woche trotz heftiger Proteste von der Regierung durchgesetzt: Zu diesem Zeitpunkt kamen auf eine offene Stelle 5,3 Arbeitssuchende, im Jahr davor sogar 7,2 Arbeitslose. In Branchen, wo Fachkräfte knapp sind, gelang die Verkürzung der Arbeitszeit auch seither. 2022 wurde in der Sozialwirtschaft die 37-Stunden-Woche eingeführt, als 2,7 Arbeitslose auf eine offene Stelle kamen.

Die Arbeitsmarktlage hat sich den letzten eineinhalb Jahren stark verbessert – auch aufgrund der hohen staatlichen Ausgaben während der Corona-Zeit. Die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zu den offenen Stellen liegt mit 2,7 (2022) bzw. 3,0 (vorläufiger Wert 2023) so niedrig wie zuletzt 1981. Die Arbeitsmarktlage ist so gut wie schon seit vierzig Jahren nicht mehr. Die Debatte um die Verkürzung der Arbeitszeit wird folgerichtig auch nicht abreißen.

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