Auf den Muttertag folgte am 15. Mai der internationale Tag der Familie. Neben der klassischen Kernfamilie gibt es mittlerweile auch andere Familienformen. Etwa Alleinerziehende. Sie sind von allen Familienformen am stärksten von Armut und Ausgrenzung betroffen.

 

Unser Sozialstaat ist zwar längst nicht armutsfest, dennoch bildet er ein zentrales Fundament zur Armutsbekämpfung. Sozialleistungen haben 2023 rund 860.000 Frauen, Männer und Kinder aus der Armutsgefährdung gehoben. Trotzdem bleiben 1,3 Millionen Menschen in Österreich unter der Armutsgefährdungsschwelle zurück. Obwohl die Zahl der alleinerziehenden Haushalte stark zugenommen hat, lässt der Sozialstaat Alleinerziehende aber großteils im Stich.  

Alleinerziehende am stärksten armutsgefährdet

Die Pandemie und die Teuerungskrise haben das Leben für viele Menschen quasi unleistbar gemacht. Obwohl es sich die Bundesregierung bei Amtsantritt zum Ziel gesetzt hat, die Armutsgefährdung in Österreich innerhalb der Legislaturperiode zu halbieren, sind aktuell sogar noch mehr Menschen von Armut betroffen. Vor allem vulnerable Gruppen, wie etwa Erwerbsarbeitslose, Mieter:innen oder Mindestsicherungs-Bezieher:innen sind am stärksten von der Armutsgefährdung betroffen. Gerade auch bei Alleinerziehenden zeigt sich die Armuts- oder Ausgrenzungsbetroffenheit besonders stark. Mit 48 Prozent haben Alleinerziehende das zweithöchste Armuts- oder Ausgrenzungsrisiko (nach Erwerbsarbeitslosen) unter allen vulnerablen Gruppen. Gäbe es keine Sozial- und Familienleistungen wären mehr als 6 von 10 Alleinerziehenden armutsgefährdet.

Hinzukommt: Die Mehrheit der Alleinerziehenden ist weiblich. Der Frauenanteil in den etwa 300.000 Ein-Eltern-Haushalten in Österreich liegt bei 83 Prozent – das sind etwa 252.000 alleinerziehende Mütter. Es sind also hauptsächlich alleinerziehende Mütter, die mit der Armutsbedrohung zu kämpfen haben.  

Arbeit schützt Alleinerzieherinnen nicht vor Armut

Alleinerziehende haben es oft schwer mit ihrem monatlichen Einkommen über die Runden zu kommen. Miete, Lebensmittelkosten und sämtliche haushaltsbezogenen Ausgaben können nicht wie in Paarhaushalten durch zwei geteilt werden – Alleinerziehende müssen allein dafür aufkommen. Dafür reicht auch ein Vollzeiterwerbseinkommen oft nicht aus. Die Erzählung „Arbeit schützt vor Armut“ stimmt vor allem für die alleinerziehenden Frauen nicht. 38 Prozent der alleinerziehenden Mütter, die nicht erwerbstätig sind, sind armutsgefährdet. Wenn alleinerziehende Mütter einer Erwerbsarbeit nachgehen, reduzieren sie damit ihr Armutsrisiko um lediglich 6 Prozentpunkte. Im Vergleich reduziert die Erwerbstätigkeit einer Frau in einem Paarhaushalt die Armutsgefährdung dieses Haushalts um etwa 15 Prozentpunkte, sie beträgt dann lediglich 4 Prozent.

Dass das Erwerbseinkommen von Alleinerzieher:innen oftmals nicht ausreicht, um vor Armut zu schützen, zeigt auch der hohe Anteil der so genannten ‚working poor‘. Das sind jene Personen, bei denen das Haushaltseinkommen trotz Erwerbstätigkeit unter 60 Prozent des Medianeinkommens – und damit unter der Armutsgefährdungsschwelle – liegt. Jede dritte ‚working poor‘-Person ist eine alleinerziehende Frau.

Damit Haushalte mit unterschiedlicher Personenanzahl vergleichbar sind, wird das sogenannte Äquivalenz-Einkommen herangezogen. Dabei fließt in die Gleichung mit ein, wie viele Personen über und unter 14 Jahren in einem Haushalt leben, und es wird nach einem gewissen Schlüssel berücksichtigt, wie sich die jeweilige Haushaltsgröße und Konstellation auf die Einnahmen und Ausgaben auswirkt. Mit ihrem monatlichen Äquivalenz-Einkommen von 2.053 Euro fehlen Alleinerzieher:innen im Schnitt rund 360 Euro bis zur tatsächlichen korrigierten Armutsgefährdungsschwelle, denn aktuell wird die Schwelle für Alleinerziehende unterschätzt. Knapp drei Viertel der Alleinerzieher:innen liegen mit ihrem monatlichen Äquivalenzeinkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle. Gemessen an der aktuellen Armutsgrenze von 1.572 Euro eines Einpersonenhaushalts liegt die durchschnittliche tatsächliche Armutsgefährdungsschwelle für Alleinerzieher:innen bei 2.417 Euro.  

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