Hände mit Geld - Sozialleistungen im Sozialstaat schützen vor Armut
/ 30. Dezember 2022

Weihnachten, Silvester, Neujahr: Für manche Kinder gibt es teure Geschenke, während die Eltern den Champagner vorkühlen. Für andere gibt es gratis Geschenke. Von Hilfsorganisationen, weil für Geschenke der Eltern das Geld nicht reicht. Wenn am Ende des Geldes noch immer „zu viel Monat“ übrig blieb. Mit der Rekordteuerung wird die zweite Gruppe immer größer, erreicht manchmal sogar die Mittelschicht. Randproblem ist es wahrlich keines mehr: 1,3 Millionen Menschen in Österreich sind armutsgefährdet. Wo Gas- und Stromrechnungen immer weiter in die Höhe klettern, vielleicht heuer schon die dritte Mieterhöhung im Postkasten liegt, schnappt die Armutsfalle immer weiter zu.

Wer 2022 auf Einmalzahlung angewiesen ist, muss 2023 zittern

Wer wenig verdient, den trifft die Teuerung wesentlich stärker. Zu den besonderen Verlierer:innen der Teuerungskrise zählen Arbeitslose, Pensionist:innen, Alleinerziehende. Ein Entlastungspackerl hier und da reicht dafür bei weitem nicht aus: Wer auf die Einmalzahlungen 2022 angewiesen war, muss mit Jahreswechsel zittern, ob 2023 die nächste Hilfe kommt. Stattdessen sollte die Regierung die Preise direkt bremsen, wo sie kann: bei den Mieten, beim Heizen, bei den Lebensmitteln. Und unser soziales Netz dort flicken, wo es noch Löcher hat, damit wir für zukünftige Krisen gewappnet sind. Rund vier Milliarden Euro im Jahr müsste die Regierung dafür in die Hand nehmen, um alle Menschen in Österreich über die Grenze zu heben, damit sie nicht mehr als armutsgefährdet gelten. Oder in Armut leben müssen. Sozial- und Versicherungsleistungen heben schon bisher eine Million Menschen über die Armutsgrenze. Aber sie tun das nicht für alle. Die Pensionistin, die ihre Wohnung nicht heizen kann, die alleinerziehende Mutter, die nicht weiß, wie das nächste Essen auf den Tisch kommt, hätten eine nachhaltige Entlastung dringend notwendig. Nicht nur eine Spende zu Weihnachten. Licht ins Dunkel kommt erst, wenn wir Armut nachhaltig bekämpfen. Mutig, aber auch indem der Staat die Geldtasche längerfristig zückt.

2023 müssen Systemerhalterinnen endlich besser entlohnt werden

Wichtig zur Armutsbekämpfung sind aber nicht nur Sozialleistungen. Auch die Löhne müssen für Erwerbstätige ausreichen. 300.000 Menschen im Land reicht ihr Gehalt nicht aus, sie sind arm trotz Arbeit. Damit jeder Mann, jede Frau in Österreich sich selbst sein Leben finanzieren kann, braucht es Mindestlöhne, die ihren Namen verdienen und zumindest über 2.000 Euro im Monat liegen. Wichtig ist das gerade für die Menschen, die ihren Kindern am wenigsten Weihnachtsgeschenke kaufen können. Alleinerzieherinnen. Nicht nur, dass sie eines oder mehrere Kinder mitfinanzieren müssen. Als Frauen verdienen sie immer noch schmerzlich weniger als Männer. Das zeigte in der Woche vor Weihnachten ein Blick in den Einkommensbericht des Rechnungshofes. Ernüchternd, aber wenig überraschend: Branchen, in denen überwiegend Frauen arbeiten, werden schlicht mies bezahlt. . Genauso wie viele Berufe im Gesundheits- und Sozialbereich. Geklatscht wurde für letztere zwar in der Corona-Krise, doch heute ist es wieder still um die Systemerhalterinnen. Für nachhaltige bessere Arbeitsbedingungen und eine faire Bezahlung hat es dann doch nicht gereicht.

Gesundheits- und Sozialberufe, etwa Krankenschwestern, Pflegekräfte, Heimhelferinnen, Behindertenbetreuer, werfen im Mittel 26.500 Euro brutto im Jahr ab. Zum Vergleich: In der männerdominierten Branche Energieversorgung fallen die Einkommen deutlich höher aus: rund 60.000 Euro im Mittel – mehr als das Doppelte. Selber schuld, falsche Berufswahl? Ganz und gar nicht, sagen wissenschaftliche Studien: Sobald Frauen in eine Branche drängen, sinken dort die Löhne. Die Arbeit von vielen Frauen ist uns offenbar einfach nichts wert. Dass wir damit gesellschaftlich essenzielle Bereiche gegen die Wand fahren, scheint uns noch dazu egal zu sein. Pflegekräfte, Kindergärtner:innen, und Co. arbeiten am Anschlag. Oft gilt die Grundregel: Je nützlicher der Job, desto schlechter bezahlt. Aber irgendjemand muss unsere Alten pflegen, unsere Kinder betreuen und dafür sorgen, dass uns das marode Gesundheitssystem nicht über dem Kopf zusammenbricht, auch in Zukunft. Die Aufgabe, für eine bessere Gesellschaft zu kämpfen, wird also 2023 nicht kleiner.

Trotz allem wünsche ich Ihnen ein frohes, besinnliches Fest. Und natürlich: Auf ein gutes Neues. Rutschen Sie flott hinüber ins Jahr 2023. Vielleicht gelingt es uns als Gesellschaft auch besser im neuen Jahr, für viele Menschen wieder die Rutsche aus der Armut zu legen. Das wäre doch mal ein Neujahrsvorsatz für die politischen Lenker im Land.

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

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