hände alter mensch
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  Sophie Achleitner Alexander Huber
/ 2. August 2022

Der Equal Pension Day fällt heuer auf den 3. August. Ab diesem Tag erhalten Frauen verglichen mit Männern rein rechnerisch keine Pensionszahlungen mehr, da sie nicht nur im Erwerbsleben weniger Einkommen haben (Stichwort: Gender Pay Gap), sondern auch in der Pension. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine „Verbesserung“ von zwei Tagen: 2021 fiel der Equal Pension Day bereits auf den 1. August.

Von Gleichstellung bei den Pensionen kann also noch lange nicht die Rede sein. Frauen erhalten im Schnitt satte 38 Prozent weniger Pension als Männer. Dieser Gender Pension Gap schließt sich – ähnlich wie der Gender Pay Gap – nur sehr langsam. Im Jahr 1997 betrug der Pensionslücke noch rund 46 Prozent, Frauen erhielten damals also nur etwa halb so viel Pension wie Männer. 2019 waren es 39 Prozent, im Krisenjahr 2020 waren es „nur“ mehr 38 Prozent (aktuellste verfügbare Einkommensteuer-Daten stammen aus 2020). Schreibt man das Tempo dieser Entwicklung fort, werden Frauen erst im Jahr 2118 gleich hohe Pensionen wie Männer beziehen. Fünf Generationen von Frauen (das sind etwa 100 Jahre) müssen darauf also noch warten.

Lange Teilzeitphasen bei Frauen ein Grund für niedrige Pensionen

Die Equal Pay Days markieren jene Tage im Jahr, bis zu oder ab denen Frauen rein rechnerisch gratis arbeiten, da sie schlechter bezahlt werden als Männer. Die viel niedrigeren Frauenpensionen sind unter anderem ein Resultat der geringeren Erwerbseinkommen von Frauen. Die schlechtere Bezahlung von Frauen im Erwerbsleben wiederum hat viele Gründe: etwa niedrigere Gehälter in weiblich dominierten Berufen und Branchen, Teilzeitphasen aufgrund von Kinderbetreuung, aber auch schlichtweg Diskriminierung.

Vor allem lange Teilzeitphasen belasten das spätere Pensionseinkommen enorm. Aber bereits kurze Teilzeitphasen von zum Beispiel drei Jahren vermindern das Lebenseinkommen, also das Erwerbseinkommen und das Pensionseinkommen zusammen, erheblich. Geht man vom monatlichen Medianeinkommen für ganzjährig beschäftigte Frauen aus (etwa EUR 2.900 brutto), ergibt sich durch eine dreijährige Teilzeitphase bereits ein Lebenseinkommensverlust von etwa EUR 58.200 netto. Je länger die Teilzeitdauer (und je höher das Bruttoeinkommen), desto höher ist auch der Lebenseinkommensverlust. Bleibt eine Frau mit mittlerem Einkommen (EUR 2.890 brutto im Monat) 15 Jahre lang in Teilzeitbeschäftigung, verliert sie insgesamt etwa EUR 308.600 netto.

Der gesamte Lebenseinkommensverlust lässt sich aufteilen in den Verlust, der direkt durch die Reduktion von Vollzeit-Erwerbsarbeit auf Teilzeit-Erwerbsarbeit entsteht und jenen, der durch die Veränderung im Erwerbsleben später beim Pensionseinkommen entsteht. Auch hier gilt: Je höher das jährliche Einkommen im Erwerbsleben war und je länger die Teilzeitphase, desto höher ist auch der jährliche Nettoverlust bzw. das entgangene Pensionseinkommen. Bei einem jährlichen Median-Einkommen von EUR 40.420 fällt die jährliche Pension einer Frau je nach Dauer der Teilzeitphase zwischen EUR 1.480 und EUR 7.870 netto niedriger aus.

Pro Monat gerechnet reduzieren fünf Jahre Teilzeit während der Erwerbszeit die Pension einer Frau mit ehemaligem Median-Erwerbseinkommen von ca. EUR 2.900 brutto um etwa EUR 180 netto. Bei 10 Jahren Teilzeit sind es schon knapp EUR 370 weniger – bei 15 Jahren Teilzeit bereits satte EUR 560, die jeden Monat beim Pensionseinkommen fehlen. Hat eine Frau etwa EUR 4.000 brutto verdient, verringert sich die Pension je nach Teilzeitdauer netto um monatlich zwischen EUR 140 und 760.

Die durch lange Teilzeitphasen enorm verringerten Pensionseinkommen für Frauen werden auch von der Statistik Austria dokumentiert: Das mittlere monatliche Pensionseinkommen der Frauen lag 2020 bei EUR 1.281 brutto (EUR 1.216 netto), während es bei Männern EUR 2.055 brutto (EUR 1.705 netto) waren – ein Unterschied von fast EUR 500 netto pro Monat (genau: EUR 489).

Bundesländer-Vergleich: Höchste Unterschiede im Westen Österreichs

Der Bundesländervergleich zeigt große Unterschiede beim Gender Pension Gap. Mit großem Abstand am niedrigsten ist der Geschlechterunterschied bei den Pensionen in Wien (25,2 Prozent), am höchsten in Vorarlberg mit 46,2 Prozent und Tirol mit 44,3 Prozent.

Gerade in jenen Bundesländern, in denen auch der Gender Pay Gap hoch ist, klaffen auch ähnlich große geschlechtsspezifische Lücken beim Pensionseinkommen. Dass das auch jene Bundesländer sind, die bei der Kinderbetreuung noch viel Aufholbedarf haben, ist kein Zufall. Österreich sollte seine Anstrengungen im Bereich Frauen-Erwerbstätigkeit jedenfalls intensivieren und sich vor allem darauf zu konzentrieren, die Teilzeitfalle für Frauen zu entschärfen.

Dazu gehört vor allem der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Hier verfehlt Österreich nicht nur seit mehr als einem Jahrzehnt das EU-Kinderbetreuungsziel für unter 3-Jährige. Gerade für Frauen ist das Angebot von ganztägiger Kinderbetreuung ausschlaggebend für ihre Erwerbsbeteiligung, das Ausmaß der Arbeitszeit und letztendlich auch für ihre künftige Pension. Schließt der Kindergarten bereits nach 6 Stunden, wie das beispielsweise in Vorarlberg häufiger der Fall ist, sind es meistens Mütter, die die Kinderbetreuung für den Rest des Tages übernehmen und dafür ihre Erwerbsarbeitszeit reduzieren. Die Folge davon sind niedrige Pensionseinkommen für Frauen.

Gerade abseits der Städte ist Vollzeit-Arbeit für viele Eltern aufgrund fehlender Kinderbetreuungs-Infrastruktur kaum möglich. In ganz Österreich haben nur etwa 40 Prozent der Kindergärten länger als 10 Stunden geöffnet – das ist ungefähr das tägliche Zeitfenster, das Eltern brauchen, um einer Vollzeitbeschäftigung inklusive Wegzeiten nachgehen zu können. Abgesehen von dem deutlich besser ausgebauten Angebot in der Bundeshauptstadt Wien, wo 70 Prozent der Kindergärten länger als 10 Stunden geöffnet haben, sind längere Öffnungszeiten vor allem in den Bundesländern nach wie vor ein großes Problem. In Oberösterreich sind zum Beispiel nur 14 Prozent der Kindertagesstätten länger als 10 Stunden geöffnet. Außerhalb der Stadt Wien haben nur 2 von 10 Einrichtungen lang genug offen, um Vollzeit arbeiten zu können. Das bedeutet, dass außerhalb Wiens nur jeder 5. Kindergartenplatz mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar ist.

Zu armutsfesten Pensionen für Frauen trägt das Kinderbetreuungsangebot in Österreich also nicht gerade bei. Altersarmut ist nämlich – mitunter aufgrund langer Teilzeitphasen wegen mangelndem Kinderbetreuungsangebot – vor allem ein Frauenproblem. Im Jahr 2021 waren laut Statistik Austria etwa 232.000 Menschen über 65 von Armut oder Ausgrenzung betroffen, davon knapp 70 Prozent weiblich. In der Gruppe der armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Personen über 65 sind ebenfalls Frauen stärker vertreten: 25 Prozent der Frauen und nur 14 Prozent der Männer können dieser Gruppe zugeordnet werden. 17 Prozent der Frauen in dieser Gruppe sind sogar „erheblich materiell depriviert“, das bedeutet, dass sie für unvorhersehbare Ausgaben im Haushalt oft nicht aufkommen können. Mietzahlungsrückstände und keine finanziellen Ressourcen, um die Wohnung warmzuhalten sind keine Seltenheit. 30 Prozent der armutsgefährdeten Frauen über 65 hat ein Haushaltseinkommen, das unter der Armutsgrenze liegt – bei nur 17 Prozent der Männer dieser Gruppe ist das der Fall. Die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) dokumentiert auch Durchschnittspensionen für beide Geschlechter für das Jahr 2020. Im Krisenjahr lag das durchschnittliche Pensionseinkommen bei etwa EUR 1.600 für Männer und nur etwa EUR 1.000 Euro für Frauen. Somit liegt die Durchschnittspension einer Frau weit unter der Armutsgefährdungsschwelle von EUR 1.371 für einen Einpersonenhaushalt. Im Vergleich zum Krisenjahr 2020 ist die Altersarmut besonders bei Frauen nochmal deutlich angestiegen. Die Armutsgefährdung bei Frauen über 65 ist von 2020 auf 2021 um 7,6 Prozent gestiegen.

Empfehlungen des Momentum Instituts:

  • Sicherstellung von flächendeckenden, umfassenden und kostenlosen Kinderbetreuungsmöglichkeiten
  • Verpflichtende Väterkarenz
  • Ausbau der öffentlichen Beschäftigung in systemrelevanten und gesamtwirtschaftlich sinnvollen Bereichen bei einem Mindestlohn von EUR 2.000 brutto
  • höhere Bewertung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten
  • starke Erhöhung einer von Familienstand und Partner:inneneinkommen unabhängige Ausgleichszulage
  • mehr Gehaltstransparenz und Durchsetzung des Verbots von ungleicher Bezahlung für dieselbe Tätigkeit
  • gerechtere Verteilung der Arbeitszeit: Einführung einer 30-Stunden-Woche

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