Das Bild zeigt Hände, die Geldscheine in der Hand halten.

Geld - Foto: Christian Dubovan / Unsplash

Während der Lockdown-Monate war der private Konsum stark eingeschränkt. Gastronomie und der stationäre Handel waren gänzlich bzw. phasenweise geschlossen. Auch im Bereich Verkehr gingen die Ausgaben stark zurück. Die Öffnungsschritte ermöglichen nun vieles wieder, was in den Wintermonaten nicht möglich war. Gesamtwirtschaftlich zieht die Nachfrage an, getrieben von Nachholeffekten. Dass dies zu einem vorübergehenden Anstieg der Inflation führen würde, war bereits vor der Öffnung wissenschaftlicher Konsens.

Ist die Situation wirklich so dramatisch?

In Österreich und Deutschland bewegte sich die Inflation in den letzten drei Monaten zwischen knapp unter zwei und drei Prozent. Angesichts der Tatsache, dass das von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgegebene Inflationsziel bei zwei Prozent liegt, kann hier keine Panik angebracht sein. Warnungen, dass lockere Geldpolitik und staatliche Hilfspakete zu anhaltend hoher Inflation, oder gar Hyperinflation führen werden, sind aus mehreren Gründen überzogen. Die Voraussetzungen für Inflationszahlen nahe der 10 Prozent, wie sie etwa in den 1970er-Jahren vorherrschten, sind schlicht nicht gegeben. Einerseits befinden sich Österreich und die Euro-Zone nach wie vor in einer tiefen Rezession. Die OECD prognostizierte für Österreich unlängst eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau nach dem zweiten Quartal 2022. Um wieder in die Nähe des Wachstumspfades vor der Pandemie zu kommen, fehlt aber noch viel. Hier helfen niedrige Zinsen, um die Nachfrage weiter anzukurbeln und die Lücke zum Vorkrisen-Wachstumspfad zu schließen. Damit es zu drastisch hohen Inflationszahlen kommt, müssten nicht nur die Preise, sondern auch die Löhne immer stärker steigen. Angesichts der immer noch dramatisch hohen Arbeitslosenzahlen in Europa, werden Arbeitnehmer:innen und Gewerkschaften in nächster Zeit allerdings kaum deutliche Lohnanstiege verhandeln können.

Warum sind die Rohstoffpreise so stark gestiegen?

Eine allgemeingültige Erklärung für die gestiegenen Rohstoffpreise gibt es nicht, dazu muss man sich die einzelnen Güter separat anschauen. Im Bereich der Baustoffe, vor allem bei Holz, herrscht im Moment eine Mischung aus stark gestiegener Nachfrage und nachhinkendem Angebot bzw. Lieferengpässen vor. Diese treibt die Preise an. Vor allem in den USA hat die Nachfrage schon etwas früher angezogen. Europa exportiert große Mengen an Holz über den Atlantik, sieht sich nun aber auch selbst einer gestiegenen Nachfrage gegenüber. Bei Halbleitern und Mikrochips gibt es Herstellungsschwierigkeiten im asiatischen Raum. Der durch die Pandemie induzierte Digitalisierungsschub hat die Nachfrage in diesem Bereich drastisch erhöht. Für die Produktion derartiger Chips werden um die 300 verschiedenen Stoffe benötigt, dies wirkt sich wiederum auch auf die Nachfrage nach diesen Komponenten aus. Lieferengpässe gibt es aktuell bei vielen Rohstoffen. Generell wurden die Produktionskapazitäten während der Pandemie in großen Teilen der Welt tendenziell zurückgefahren. Fehlende Frachtkapazitäten, aber auch die Blockade des Suezkanals sind im Welthandel spürbar und tragen ihren Teil dazu bei. Mittlerweile haben sich aber die Preise für Holz, Kupfer, Stahl oder Soja wieder merklich entspannt.

Die derzeitige Inflation ist auch stark von den Treibstoff- und Energiepreisen getrieben. Waren diese vor einem Jahr noch besonders niedrig, trägt der aktuelle Preisschub einiges zu den derzeitigen Inflationsraten bei. Die Treibstoff- und Energiepreise unterliegen häufig starken Schwankungen. Kommt es etwa zu einem rapiden Anstieg des Ölpreises, fungiert dieser als Preistreiber und lässt die Inflation in die Höhe schnellen. Natürlich kann das auch in die andere Richtung ausschlagen. Nützlich kann deshalb auch eine Betrachtung der um die Energiepreise bereinigten Inflationsrate sein. Dabei zeigt sich, dass die bereinigte Inflationsrate in den letzten Jahren nicht nur geringeren Schwankungen ausgesetzt war, sondern sich auch konstanter im Bereich der zwei Prozent Marke bewegte.

 

Was für eine Rolle spielen Basiseffekte?

Dass die aktuellen Inflationszahlen höher ausfallen als in den letzten Jahren, hängt auch mit der Berechnungsmethode der Inflationsrate zusammen. Dabei werden jeden Monat die Preise für gewisse Gruppen von Gütern und Dienstleistungen mit dem Vorjahresmonat verglichen. Hier kommen die sogenannten Basiseffekte ins Spiel: Wenn etwa im Vorjahr die Preise für ein bestimmtes Gut besonders niedrig waren, fällt der Anstieg umso höher aus. So etwa im Bereich Energie. Dort stiegen die Preise im Mai verglichen mit dem Vorjahr um 11 Prozent an. Im Vergleich mit 2019 jedoch ist gerade mal ein Anstieg von 1,4 Prozent zu verzeichnen. Die Energiepreise sind also lediglich auf das Niveau zurückgeklettert, dass sie vor der Krise hatten.

Nicht zu unterschätzen sind auch die Basiseffekte im Handel. Hier hat die Corona-Pandemie jedenfalls einiges durcheinandergewürfelt. Im Kleiderhandel startet der Sommerschlussverkauf üblicherweise im Juni. Im Vorjahr fanden nach den ersten Öffnungsschritten allerdings bereits im Mai Abverkäufe statt. Dementsprechend niedrig sind nun die Vergleichspreise für dieses Jahr. Offiziell stiegen somit die Preise für Bekleidung im Mai 2021 um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Verglichen mit Mai 2019 hingegen blieben die Preise sogar gleich. Dies betrifft etwa auch den Möbelhandel. Statt 4,5 Prozent im Vergleich zum Mai 2020, stiegen die Preise seit April 2020 lediglich um 2 Prozent.

Wann kann Inflation helfen?

Grundsätzlich ist eine regelmäßige niedrige Steigerung der Preise besser als keine, weil es den Unternehmen hilft, ihre Reallöhne und Preise leichter anzupassen. Leichte Preissteigerungen wirken für die Wirtschaft wie Schmiermittel für den Motor.

Wann wirkt leichte Inflation negativ?

Eine Verteuerung macht es Menschen schwieriger, sich das Leben zu leisten. Solange die Löhne, Gehälter, und Pensionen entsprechend mitsteigen, ist das kein Problem. Aktuell ist das wegen Corona jedoch nicht der Fall. Die Mindestgehälter der Kollektivverträge sind im letzten Jahr um 1,6% gestiegen, die aktuelle Preissteigerungsrate beträgt aber 2,8% im Mai 2021. Die Inflation ist daher vor allem ein Leistbarkeitsproblem für Niedrigverdiener, die zwischenzeitlich steigende Preise nicht gut mit ihrem Vermögen ausgleichen können.

Wie bekommen wir die Inflation im täglichen Leben zu spüren?

Über die letzten 15 Jahre waren vor allem die Mieten der große Preistreiber. Dies hat letztlich auch eine Verteilungsdimension. Haushalte mit geringeren Einkommen geben nämlich einen wesentlich größeren Anteil für Wohnen und Lebensmittel aus. Preissteigerungen in diesen Bereichen wirken sich damit für diese Haushaltsgruppe umso stärker aus, ärmere Haushalte bekommen die Teuerung tendenziell stärker zu spüren. Wie genau sich die Lebenshaltungskosten nach verschiedenen Gruppen unterscheiden, hat das Momentum Institut hier berechnet.

Wie können jene entlastet werden, für die das Leben am teuersten ist?

Um jene zu kompensieren, die tendenziell stärker von der Inflation betroffen sind, empfehlen sich Konsumgutscheine. Diese könnten einerseits jenen zugestanden werden, die speziell von Corona betroffen sind (Arbeitslose, Kurzarbeiter:innen, getroffene Selbständige), aber auch Niedrigverdiener:innen generell. Letztere bekommen die Inflation in der Regel stärker zu spüren. Bei 1,6% durchschnittliche Lohnerhöhung der KVs im letzten Jahr (Tariflohnindex) und 2,8% Inflation ergibt sich für Niedrigverdiener:innen Teuerungsdruck. Die Bundesregierung sollte gemeinsam mit den Ländern ein nationales Programm gegen exzessive Mietpreisanstiege entwickeln. Das reicht von einer neuen strengeren Raumplanung/Flächenwidmung, mehr nachhaltigem und kostengünstigen Neubau bis zu einer Beschränkung von Wohnen als finanziellem Anlageobjekt. Treibstoffe als Preistreiber werden nach den nächsten Monaten wieder wegfallen, aber die steigende Preisentwicklung bei Mieten nicht.

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