Die Preise steigen weiter, vor allem bei Energie und Lebensmitteln. Das trifft ärmere Haushalte wesentlich stärker, denn sie die bekommen die Teuerung besonders im Bereich der Grundbedürfnisse zu spüren. Bisher wenig Fokus lag auf der Geschlechterdimension der Inflation. Dabei sind Frauen derzeit stärker von der Inflation betroffen als Männer.
Haushalte mit weiblicher Hauptverdienerin müssen mit durchschnittlich 5,5 Prozent einen Teil ihres Nettoeinkommens (äquivalisiertes verfügbares Haushaltseinkommen) aufwenden, um die monatlichen Mehrkosten zu stemmen. Vor allem nach Abzug der Ausgaben im Verkehrsbereich werden die Unterschiede noch deutlicher. Warum ist das wichtig? Weil vor allem die Bereiche Wohnen, Energie und Lebensmittel Ausgaben darstellen, an denen ein Haushalt nicht vorbeikommt. Die Grundbedürfnisse müssen auch in Zeiten hoher Inflation gedeckt werden. Ausgenommen von nicht vermeidbaren Wegen können Ausgaben für Verkehr und Freizeitkonsum hingegen besser angepasst werden, wenn die Preise entsprechend hoch sind. Diese Möglichkeit bietet sich Haushalten mit wenig Einkommen und insbesondere Frauen seltener. In Relation zum Einkommen sind sie im Durchschnitt stärker von der Teuerung betroffen als Männer. Während die Inflation im Bereich der Grundbedürfnisse Frauen aktuell monatlich 2,3 Prozent ihres Einkommens kostet, sind es bei Männern nur 1,9 Prozent.
Diese Unterschiede ergeben sich aus den unterschiedlichen Konsumstrukturen zwischen den Geschlechtern. Diese stammen aber nicht unmittelbar von „klassischen“ Verhaltensmustern. Vielmehr sind es Einkommen, Wohnsituation und Haushaltszusammensetzung, die das Konsumverhalten eines Haushalts bestimmen. Frauen verdienen durchschnittlich weniger und leben auch häufiger in Miete. Rund 49 Prozent der Haushalte mit weiblicher Hauptverdienerin leben in Miete, bei männlicher Referenzperson sind es nur 38 Prozent. Auch die Haushaltsstruktur ist entscheidend.
Eine Alleinerzieherin mit geringem Verdienst etwa kostet die Teuerung derzeit im Monat durchschnittlich zusätzliche 6,9 Prozent ihres Einkommens. Das sind 74 Euro mehr als noch im Vorjahr. Deutlich schwächer trifft es jene mit höheren Einkommen. Ein Single-Mann aus dem reichsten Einkommensfünftel zahlt aktuell zwar monatlich rund 190 Euro zusätzlich, im Verhältnis zu seinem Einkommen bekommt er das aber viel weniger zu spüren. Den entscheidenden Unterschied machen hier abermals die Ausgaben für Verkehr. Rechnet man diese heraus, liegen die Mehrkosten des Single-Mannes nur noch um knapp 60 Euro über jenen der Alleinerzieherin.
Gerade im Bereich der Grundbedürfnisse gibt es noch viel Potential für Entlastungen, die zielgerichteter ankommen würden, als das bisherige Entlastungspaket. Es fehlen vor allem Maßnahmen, die darauf abzielen, die steigenden Preise bei den Grundbedürfnissen direkt zu bremsen. Bei Mieten, Energie und Lebensmitteln können staatliche Eingriffe entscheidend wirken. Diese können vom Einfrieren der Mieten, über einen Preisdeckel auf den Grundverbrauch bei Strom und Gas bis hin zu einem Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel reichen.