Privatjet als Symbolbild für den enormen Beitrag von Superreichen zur Klimakrise
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  Joel Tölgyes
/ 1. April 2023

„Die Klimakrise ist wie eine Gruppenarbeit. Da muss jede:r seinen Teil leisten, das lernt man eigentlich in der ersten Klasse, würde man meinen.“ Dieser Satz stammt von der bekanntesten Klimaschützerin des deutschen Sprachraums: Luisa Neubauer. Sie war letzten Mittwoch gemeinsam mit der Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) bei der Puls 24-Diskussionssendung “Pro und Contra” eingeladen.

Mit der Aussage hat Luisa Neubauer darauf hingewiesen, dass auch kleine – dafür aber umso reichere – Länder, wie Österreich, einen Beitrag zur Eindämmung der Klimakatastrophe leisten müssen. Das gilt insbesondere deshalb, weil Österreich zwar vergleichsweise klein ist, aber trotzdem verhältnismäßig viele Emissionen verursacht. Österreicher:innen verursachen im Schnitt um rund ein Drittel mehr Treibhausgas-Emissionen pro Jahr als beispielsweise Menschen in China. 

Exzessiver Konsum von Ultrareichen als Klimakiller

Die Betonung liegt dabei auf „im Schnitt“. Denn immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass auch die Emissionsungleichheit innerhalb von Staaten beträchtlich ist. Die einkommensstärksten zehn Prozent aller Österreicher:innen verursachen im Schnitt rund 42 Tonnen an Treibhausgas-Emissionen pro Jahr. Das reichste Prozent der Österreicher:innen verursacht sogar jährlich 150 Tonnen pro Person. Das ist über 40-mal mehr als die einkommensärmsten zehn Prozent im Schnitt pro Jahr verursachen.

Damit nicht genug: Die Emissionsungleichheit ist in den letzten Jahrzehnten sogar noch gestiegen. Während der Großteil der Österreicher:innen ihren Treibhausgas-Ausstoß seit 1990 reduzierten, haben die reichsten Haushalte in Saus und Braus gelebt und sogar um ein Viertel mehr Emissionen verursacht als noch vor 30 Jahren. Die reichsten zehn Prozent aller Österreicher:innen verursachen mehr Treibhausgas-Emissionen als die gesamte ärmere Hälfte Österreichs zusammen. Vor allem ärmere Österreicher:innen haben – trotz Klimapolitik mit angezogener Handbremse – damit begonnen, ihren Teil der Gruppenarbeit zu leisten.   

Ultrareiche in Österreich befeuern mit ihren exzessiven Treibhausgas-Ausstoß durch Privatjet-Flüge, beheizten Indoor-Pools, einem Fuhrpark aus SUVs und Sportwägen die Klimakatastrophe weiter. Und das, während vielen Menschen rund um den Globus das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals steht. Die im Pazifik gelegenen Marshallinseln etwa, werden in 50 Jahren als Folge der Klimakatastrophe untergegangen sein. Während Ultrareiche unser aller Zukunft aufs Spiel setzen, leiden wir alle – vor allem aber die Ärmsten – immer mehr unter den Folgen der Klimakatastrophe. 

Zeit für eine klimasoziale Politik

Geht es nach Claudia Plakolm, dann ist die Lösung dafür eine auf technologischen Innovationen basierte Klimapolitik. Eine „Verzichtsdebatte“ möchte sie nicht führen – dabei müssen wir alle bereits seit Jahren auf ein wirkungsvolles Klimaschutzgesetz verzichten. Dass sich Politiker:innen hier mit dem Verweis auf technologischen Fortschritt aus der Verantwortung stehlen wollen, ist auch aus sozialer Perspektive ein Problem. Denn Klimapolitik hat – genauso wie mangelnde Klimapolitik – soziale Auswirkungen. Ein Beispiel dafür ist der Verkehrssektor.

Krokodilstränen

Die Verkehrsemissionen sind seit 1990 so stark gestiegen, dass die Fortschritte in allen anderen Sektoren zunichte gemacht wurden. Wenn Regierungs-Politiker:innen dieser Tage also Krokodilstränen vergießen, weil in ländlichen Gebieten öffentliche Verkehrsmittel fehlen, dann muss man dem entschlossen entgegenhalten, dass sie dafür tatsächlich selbst verantwortlich sind. Wer das Schienennetz kontinuierlich rückbaut und dann ‘im Gegenzug’ das Straßennetz immer weiter ausbaut, braucht sich nicht wundern. Unter dieser Entwicklung leiden übrigens wiederum die Ärmsten. Das liegt nicht nur an gestiegenen Treibstoffpreisen, sondern auch daran, dass Besitz und Betrieb eines Autos generell teuer sind. Wer am Land lebt ist aber häufig auf ein Auto angewiesen. Gerade die Ärmsten können sich aber oft keines leisten. Wer denkt, dass E-Autos dieses Problem lösen können, ist auf dem Holzweg, sie lösen das Kostenproblem nämlich nicht. 

Vielfliegerei muss unleistbar werden

Was wir brauchen, ist eine aktive, soziale Klimapolitik. Die Politik muss ihrer Verantwortung nachkommen und zur Eindämmung der Klimakrise in den gesamten Werkzeugkasten greifen. Exzessiver klimaschädlicher Konsum, der damit uns allen schadet, muss abgestellt werden. Privatjet-Flüge gehören verboten. Vielfliegerei muss unleistbar werden. Denkbar wären hier etwa Flugticket-Abgaben, die mit jedem Flug drastisch ansteigen. Autos sollten gesetzlich so weit wie möglich aus den Städten verbannt werden. Gewichts- und größenabhängige Parkgebühren könnten dabei helfen, den Trend zu immer größeren Autos gerade bei reichen Menschen umzukehren.

Auf der anderen Seite muss ein klimafreundliches Leben für alle möglich werden. Öffentliche Verkehrsmittel müssen möglichst flächendeckend und leistbar verfügbar sein, genauso wie günstiger klimafreundlicher Wohnraum. Die Politik muss dafür sorgen, dass unser Energiesystem nachhaltiger wird und gleichzeitig leistbar bleibt. Statt auf die technologische Innovation zu warten, muss die Politik soziale Innovation anschieben. 

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

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