
Die hohe Inflation hat Österreich weiterhin fest im Griff. Im April 2023 stieg die Inflationsrate wieder leicht auf 9,8 Prozent. Lebensmittel gehören gemeinsam mit Energie und Wohnkosten nicht nur zu den stärksten Preistreibern, sie treffen vor allem auch Haushalte mit niedrigen Einkommen. Zusätzlich zu einer Mietpreisbremse würde eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel helfen. Finanziert werden könnte die Senkung mittels höherer (Über-)Gewinnsteuer.
Mieten, Energie, Lebensmittel – Zusammen machte die Teuerung in diesen Bereichen im März 2023 rund die Hälfte der Inflationsrate aus. Die Teuerung war dort überdurchschnittlich hoch. Nachdem Haushalte mit niedrigen Einkommen anteilsmäßig mehr für Wohnen, Energie und Lebensmittel (grob gesagt für Grundbedürfnisse) ausgeben, waren sie stärker von den steigenden Preisen betroffen. Für das einkommensärmste Fünftel lag die Teuerung deshalb höher als im Durchschnitt, nämlich bei 9,5 Prozent. Die Teuerung bei den Grundbedürfnissen verursachte statt der Hälfte rund zwei Drittel der Teuerung für die ärmsten 20 Prozent der Haushalte. Im einkommensreichsten Fünftel lag die Teuerung dagegen niedriger, bei 8 Prozent.
Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel auszusetzen, wäre verteilungspolitisch deshalb eine vernünftige Lösung. Relativ zum Einkommen und zu ihren Ausgaben würden einkommensärmere Haushalte am stärksten profitieren. Ihr durchschnittlicher Einkauf würde um 4,5 Prozent günstiger werden. Aufs Jahr gerechnet entspricht das rund 1,2 Prozent ihres Einkommens.
Wichtig wäre dabei, die Senkung der Mehrwertsteuer mit höheren Gewinnsteuer gegenzufinanzieren. Denn die Senkung würde jährlich mindestens 600 Mio. Euro kosten. Mit einer höheren Gewinnsteuer und gegebenenfalls zusätzlichen Übergewinnsteuern könnte die Bundesregierung dafür sorgen, dass Gewinner:innen der Teuerungskrise einen fairen Beitrag zur Finanzierung von Krisenbewältigungsmaßnahmen leisten. Schließlich war die Teuerung gerade im letzten Halbjahr 2022 stark von höheren Profiten getrieben.
Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Mehwertsteuersenkung auch tatsächlich an die Konsument:innen weitergegeben wird. Das Preisgesetz sieht dies ohnehin verpflichtend vor. Mittels Supermarktkassen-Scannerdaten könnte man die Weitergabe kontrollieren. Eine Übergewinnsteuer würde auch hier helfen, denn wenn die Weitergabe nicht passiert, wird ein Teil der dadurch entstehenden höheren Gewinne über die Steuer abgeschöpft.
Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel wäre gerade für Haushalte mit niedrigen Einkommen eine wichtige Maßnahme. Wichtig ist aber, nicht auf den Wohnbereich zu vergessen. Auch dort ist die Teuerung hoch, Haushalte mit niedrigen Einkommen sind überdurchschnittlich stark betroffen. Mit Juni steigen zudem die Kategoriemieten, nachdem die Richtwertmieten bereits mit Mai gestiegen sind. Die freien Mieten steigen laufend. Wichtig wäre deshalb eine Mietpreisbremse in allen Mietsegmenten. Bei den Richtwertmieten müsste die Bremse damit rückwirkend eingeführt werden.
Eine Mietpreisbremse würde Mieter:innen doppelt so stark unterstützen wie eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Ein Mieter:innen-Haushalt in der unteren Einkommenshälfte spart mit der Mehrwertsteuersenkung im Schnitt auf das Jahr gerechnet rund 130 Euro pro Kopf. Mit einer Mietpreisbremse bleiben ihm 270 Euro pro Kopf mehr.