Grafik profitgetriebene Teuerung
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  Joel Tölgyes
/ 20. Juni 2023

Die Teuerungswelle haben die gestiegenen Energiepreise nach Kriegsausbruch ausgelöst. Das ist aber nur die halbe Geschichte: Im Windschatten der erhöhten Energiepreise haben viele Unternehmen nicht nur die gestiegenen Kosten weitergereicht. Ihre Gewinnspannen haben sie auch gleich kräftig ausgeweitet. Das Ergebnis: Preise zum Haare raufen. Und zwar nicht nur in der Energiebranche, sondern auch in der Landwirtschaft, im Bau, Tourismus, Handel und Gastronomie. 

Diese Profit-Preis-Spirale, in der die gestiegenen Profite der Unternehmen die Preise nach oben schnalzen, bereitet auch der europäischen Zentralbank Sorgen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde fand unlängst in einem Ausschuss des Europaparlaments deutliche Worte: Die meisten Unternehmen hätten den Vorteil genutzt, die höheren Kosten völlig auf die Kundschaft abzuwälzen und viele von ihnen haben die Preise über den bloßen Kostendruck hinaus erhöht, so Lagarde. Diese „Gier“ und die daraus resultierende ungerechtfertigte Teuerung könne die EZB mit Geldpolitik nicht zügeln.

In Österreich langen Unternehmen kräftiger zu als in anderen Ländern der Eurozone. Österreich gehört zu den sieben Ländern, in denen Unternehmensprofite die hausgemachte Teuerung am stärksten treiben. Unter den westeuropäischen Ländern liegt einzig Spanien vor uns. Bei uns gehen zwei Drittel der hausgemachten Teuerung auf gestiegene Unternehmensprofite zurück, die Löhne machen lediglich ein Drittel aus. 

Die ersten Rufe nach einer Lohnzurückhaltung werden bereits laut. Zuletzt von den wirtschaftsliberalen Leitern von Wirtschaftsforschungsinstituten und Think Tanks, IHS, WIFO und Agenda Austria. Doch damit sich die Menschen das Leben in Zeiten der Teuerung trotzdem leisten können, müssen die Löhne mit den Preisen schritthalten. Auch ökonomisch passt die Forderung nicht: Wer Lohnzurückhaltung fordert, muss zuvor Gewinnzurückhaltung fordern. Nicht gleichzeitig. Nicht davor. Sondern an erster Stelle kommt der Gewinnverzicht. Warum? In Österreich werden Löhne immer im Nachhinein verhandelt – oft Monate, teils ein ganzes Jahr, nachdem Unternehmen ihre Preise erhöht haben. Basis dafür ist die Inflationsrate der vergangenen 12 Monate. Wollen Österreichs Wirtschaftspolitiker, Sozialpartner und Wirtschaftsforscher also nächstes Jahr niedrigere Lohnsteigerungen, müssen sie den Unternehmen und ihren Vertretern empfehlen, Preiserhöhungen ab sofort so gut als möglich zu unterlassen. Auch wenn das weniger Gewinne im Vorjahr bedeutet. Dann folgen die niedrigeren Lohnabschlüsse wie von selbst. Letzten Endes sind wir in dieser verfahrenen Situation mit höheren Inflationsraten als anderswo deshalb, weil Österreichs Betriebe letztes Jahr nicht bereit waren, auf Gewinne zu verzichten. Allen voran die Energiekonzerne. Nun müssen uns jene aus der misslichen Lage befreien, die uns dahin gebracht haben. In dieser Reihenfolge. Bei den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen klopft man dafür wahrlich an der falschen Tür.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Wiener Zeitung.

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