Klima
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Überschwemmungen nehmen europaweit zu

Barbara Schuster
17. September 2024
Überschwemmungen nehmen europaweit zu

Die Zahl der gemeldeten Hochwasser nahm in Europa um die Hälfte zu. Um knapp zwei Millionen Menschen mehr waren betroffen, auch der wirtschaftliche Schaden stieg leicht an. Lediglich die Zahl der Todesfälle sank leicht. Das zeigt ein Vergleich der letzten zwei Jahrzehnte mit den zweien davor mit Daten der Internationalen Desaster Datenbank (EM-DAT). Damit ein Extremwetterereignis in die Datenbank aufgenommen wird, muss zumindest eines von drei Kriterien zutreffen: (1) mindestens zehn Todesfälle, (2) mindestens 100 Betroffene/Verletzte/Heimatlose, (3) Ausrufung des Ausnahmezustandes und/oder internationaler Hilferuf.

In den vergangenen zwanzig Jahren (2004–2023) kam es in Europa (ohne Russland) häufiger zu Hochwasser als in den zwanzig Jahren davor (1984–2003). Die Zahl der gemeldeten Überschwemmungen stieg im Vergleich der zwei zwanzigjährigen Zeiträume von 219 auf 330, und damit um die Hälfte (+51 Prozent). Dementsprechend mehr Menschen waren von Hochwassern betroffen: In den letzten zwei Jahrzehnten hatten 6,5 Millionen Menschen mit Überschwemmungen zu kämpfen. Das ist ein Anstieg um 43 Prozent von 4,6 Millionen Betroffenen in den zwei Jahrzehnten zuvor. Der wirtschaftliche Schaden aus den Unwettern kletterte von 116 Milliarden auf 130 Milliarden Euro (+12 Prozent) in heutigen Preisen. Die Zahl der Todesfälle hingegen sank um 15 Prozent, von zunächst 1.559 auf zuletzt 1.320 – jeweils innerhalb der Zwanzig-Jahres-Periode.

Naturkatastrophen gab es schon vor der Klimakrise. Aber der weltweite CO2-Ausstoß macht Überschwemmungen etwa in Belgien und Deutschland bis zu neun Mal häufiger und lassen sie um ein Fünftel intensiver ausfallen. Auch in Österreich gibt es Tote im aktuellen Hochwasser. Trotz unseres Wohlstands, des verbesserten Hochwasserschutzes, der Frühwarnsysteme, Wettermodelle, und vorbereiteten Einsatzpläne. Ohne wirksamen Kampf gegen die Klimakrise werden die Katastrophen weiter zunehmen und immer schlimmer ausfallen.

Wetterextreme durch Klimakrise häufiger und intensiver

Die Klimakrise bringt eine Häufung von Extremwetterereignissen mit sich. Überschwemmungen sind das am häufigsten auftretende Extremwetter-Ereignis in Europa. Unter den Extremwetter-Ereignissen wurden Überschwemmungen in den letzten 20 Jahren mit 330-mal am häufigsten gemeldet, gefolgt von Stürmen, die bereits 277-mal aufgezeichnet wurden. Als dritthäufigste auftretende Naturkatastrophe folgen Extremtemperaturen (249 Fälle). Die Zahl der extremen Kälte- oder Hitzetage vervierfachte sich im Vergleich der beiden Zwanzig-Jahres-Perioden.

Die Zahl der Waldbrände nahm leicht zu. Lawinen, Erdrutsche und Muren – die nicht auch andere Ursachen wie etwa Überschwemmungen hatten – traten dagegen seltener auf, genauso wie Dürren, die nicht Folge extremer Hitze waren. Wenn mehrere Katastrophen gleichzeitig auftreten, ist die Klassifikation nicht immer eindeutig. Beispielsweise kann sich ein schwerer Erdrutsch nach einer leichten Überschwemmung ereignen oder eine Dürre infolge einer anhaltenden Hitzewelle entstehen. Die Einordnung in der Desaster Datenbank erfolgt letztendlich anhand der entsprechenden Katastrophenmeldung des jeweiligen Landes.

Klimakatastrophen kosten mehr als Klimaschutz

Die Auswirkungen des klimapolitischen Nicht-Handelns sind schon heute im Budget spürbar: Eine WIFO-Studie schätzt die Kosten auf 5,4 bis 7 Milliarden Euro pro Jahr, die sich aus den Schäden wegen häufigerer Extremwetterereignisse, stetiger Anpassungen an die Klimakrise und aus klimaschädlichen Subventionen ergeben. Eine Studie des Wegener Centers für Klima und Globalen Wandel beziffert die Kosten des Festhaltens an fossilen Systemen und der Auswirkungen der Klimakrise sogar mit 15 Milliarden Euro jährlich.

Allein die zukünftigen Hochwasserschäden werden bis 2065 durchschnittlich zwischen 300 Millionen bis 1,8 Milliarden Euro pro Jahr betragen. Derartige Kosten können nur verhindert werden, indem Geld für entsprechende, zukunftsfähige Investitionen in die Hand genommen wird. Statt Klima- und Katastrophenschutz endlich ernst zu nehmen, wird das Budget aber mit klimaschädlichen Subventionen von rund 4,1 bis 5,7 Milliarden Euro jährlich belastet. Die fehlende Weitsicht der Politik kommt uns alle teuer.

Im Vergleich dazu sind die benötigten Investitionen für die Klimawende gering: bis 2040 müssen rund 44 Milliarden Euro in die Netzinfrastruktur investiert werden, laut einer Studie von Frontier Economics und dem Austrian Institute of Technology. Das entspricht jährlich etwa 2,8 Milliarden Euro – weit weniger als uns die Auswirkungen der Klimakrise kosten.

Österreich ist reich genug, um als Musterschüler im Kampf gegen die Klimakrise voranzugehen. Ein Klimaschutzgesetz und mehr Renaturierung sind notwendig. Dafür weniger Bodenversiegelung und klimaschädliche Subventionen. Auch mehr Rückwidmungen in den Gemeinden von Bauland auf Grünland wären wünschenswert.

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