Klimaschutz

Das lukrative Geschäft mit dem Leerstand

Lukrativer Leerstand: Zu sehen ist ein leerer Raum mit edlem Parkettboden, heller Holzvertäfelung, zwei Fenstern und einer dunklen Vollholztür.

Seit über einem Jahrzehnt werden immer mehr Wohnungen fertiggestellt, gleichzeitig heißt es landauf landab, dass es an Wohnraum fehlt und die Mieten steigen. Ein Grund dafür: Wohnungen stehen bewusst leer.  

Den meisten Menschen bringt eine leerstehende Wohnung genauso so viel wie eine nicht gebaute Wohnung – nichts. Für die Wenigen, die Wohnungen besitzen und mit voller Absicht leer stehen lassen, ist es hingegen ein lukratives Geschäft: Mieter:innen bedeuten nämlich Aufwand und sind gesetzlich geschützt. Eine leerstehende Wohnung hingegen verursacht kaum Kosten. Wirft aber hohe Gewinne ab, wenn sie in ein paar Jahren mit einer saftigen Wertsteigerung wieder verkauft wird. In Österreich sind die Immobilienpreise seit 2010 regelrecht explodiert. Heute sind Immobilien im Schnitt über 100 Prozent mehr wert als vor 14 Jahren. Wohnungen dienen so nicht mehr als Wohnraum für die Bevölkerung, sondern zunehmend als Geldanlage für die Vermögenden. Denn eine Wohnung, in der man selbst nicht wohnt, leer stehen zu lassen, muss man sich erst einmal leisten können.

Nicht jeder Leerstand ist problematisch

Steht eine Wohnung vorübergehend leer, muss das nicht sofort ein Anhaltspunkt für problematischen Leerstand sein. Vorübergehender Leerstand entsteht, wenn eine Wohnung in einem unbewohnbaren Zustand ist und renoviert oder saniert werden muss. Auch gibt es grundsätzlich einen gewissen Anteil an Wohnungen am Wohnungsmarkt, der leer steht aufgrund von Umzügen. Ziehen Mieter:innen aus einer Wohnung aus, kann es schonmal ein paar Monate dauern, bis neue Nachmieter:innen gefunden werden. Der für die Allgemeinheit problematische Leerstand hingegen ist der spekulative Leerstand, bei dem Eigentümer:innen die Wohnungen langfristig leer stehen lassen, um sie gewinnbringend zu verkaufen. Damit verknüpft ist auch die kurzzeitige Vermietung an Tourist:innen. Wohnungen, die über Plattformen, wie AirBnB angeboten werden, stehen größtenteils leer und können nicht von den Einheimischen bewohnt werden. In gefragten Gebieten kann innerhalb weniger Tage durch kurzzeitige Vermietungen mehr eingenommen werden als durch den Mietzins einer langfristigen Vermietung.

Die politisch geduldete Dunkelziffer

Valide Zahlen zu leerstehenden Wohnungen sind kaum zu finden. Denn: Leerstand ist schwer zu erfassen. Einer aussagekräftigen Zahl nähern wir uns an, wenn wir die Wohnsitzmeldungen betrachten. Ist kein Haupt- oder Zweitwohnsitz gemeldet, ist das ein erster Hinweis auf eine leerstehende Wohnung. Allerdings kann es auch daran liegen, dass Mieter:innen ihren neuen Wohnsitz mit Verzögerung melden oder es schlichtweg gar nicht tun. Eine weitere Möglichkeit zur Erfassung von Leerständen, ist die Auswertung des Wasser- oder Stromverbrauchs einer Wohneinheit. Falls solche Daten zur Verfügung stehen und der Verbrauch über einen längeren Zeitraum stark unterdurchschnittlich ist, steht die Wohnung mit ziemlicher Sicherheit leer. Verlässliche Daten könnten erfasst werden, wenn der politische Wille vorhanden wäre. Eine Zusammenführung von Meldedaten zum Eigentum und den Wohnsitzmeldungen könnte Leerstände offenlegen. Ebenso wie verpflichtende und regelmäßige Meldungen durch die Eigentümer:innen, ob und wer in ihrer Wohnung wohnt.  

Leerstandabgabe für mehr leistbaren Wohnraum

Wer nicht nachweisen kann, dass die Wohnung vermietet ist oder keinen Grund für einen Leerstand hat, sollte eine Abgabe auf den leerstehenden Wohnraum zahlen. Eine Studie zur Leerstandsabgabe in Frankreich von Mariona Segú belegt: Wird Leerstand besteuert, geht dieser auch zurück. Steht in einer Region besonders viel Wohnraum leer, greift die Leerstandsabgabe besonders gut. In Österreich gibt es eine entsprechende Abgabe bereits in drei Bundesländern: In der Steiermark und in Salzburg können die Gemeinden eine solche erheben, in Tirol sind sie dazu verpflichtet. Allerdings schaffen die Abgabesätze mit weniger als 30 Euro pro Quadratmeter kaum Anreiz, weil sie zu niedrig angesetzt sind. Das liegt daran, dass es den Bundesländern gesetzlich nicht möglich ist, eine Abgabe einzuheben, bei der es sich finanziell gar nicht erst auszahlt, eine Wohnung oder ein Haus leerstehend zu lassen. Eine klug gestaltete Leerstandsabgabe muss über der Wertsteigerung der Immobilen liegen. Und damit bei zumindest 200 Euro pro Quadratmeter im Jahr. 

Leerstandsabgabe als Instrument für Klimaschutz  

Eine Leerstandsabgabe ist aber nicht nur eine Maßnahme für mehr Wohnraum, sondern auch aus klimapolitischer Perspektive zentral. Unsere Bevölkerung wächst zunehmend und diese Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf. Wenn immer mehr Wohnungen aus Spekulation und Gewinnmacherei leer stehen, muss dieser Wohnraum trotzdem irgendwo herkommen. Also wird gebaut. Noch mehr Flächen werden versiegelt, mehr wertvolle Ressourcen werden verbraucht. Dabei muss das Gebot der Stunde in Zeiten der Klimakrise lauten: Böden entsiegeln, Wohnraum, der bereits gebaut ist, nutzen und nicht eine Beton-Wüste nach der anderen am Stadtrand errichten. Denn sonst kommt auch noch die Zersiedelung ins Spiel, was wiederum mehr Verkehr bedeutet. Eine gut gestaltete Leerstandsabgabe geht also Hand in Hand mit effektivem Klimaschutz. Gut, wenn sich hier endlich mehr tut, wie von der Regierung unlängst angekündigt. Elementar dabei ist aber, dass die Bundesländer die Leerstandsabgaben hoch genug ansetzen und endlich auch lückenlos Leerstand erhoben wird.

Dieser Text erschien zunächst als Kolumne bei ZackZack.

Klimakrise: Superreiche und ihre Konzerne fahren die Welt an die Wand

Schild mit Aufschrift "There is NO Planet B" als Symbolbild für die Klimakrise

Vor wenigen Wochen haben wir das globale 2-Grad-Limit erstmals seit Menschengedenken durchbrochen. Der CO₂-Ausstoß wird 2023 so hoch wie noch nie sein. Wir sind von einer klimaneutralen Welt so weit entfernt wie die ÖVP von einer skandalfreien Kalenderwoche: theoretisch möglich, praktisch ausgeschlossen. Wer kleine Kinder hat, muss damit rechnen, dass die einmal in einer um 3 Grad heißeren Welt leben werden. Klingt harmlos, bedeutet aber: Wesentliche Teile der Erde sind dann unbewohnbar, Hungerkatastrophen und Wasserknappheit an der Tagesordnung, Millionen Menschen auf der Flucht. Die Erde als unser Lebensraum unwiderruflich zerstört.

Man könnte meinen, eine Weltklimakonferenz handelt bei diesem Ausblick schnell und entschlossen. Das Gegenteil ist der Fall. Selbst wenn alle Zusagen der Länder umgesetzt werden, senkt das die Treibhausgase nicht schnell genug. Damit wir die 1,5-Grad-Grenze nicht sprengen, müssten laut Internationaler Energieagentur mehr als dreimal so viele eingespart werden. Wen verwundert das bei einer Klimakonferenz auf Einladung eines der weltweit größten Ölförderer? Ein Drittel der Wirtschaftsleistung in den Vereinigten Arabischen Emiraten geht auf Öl- und Gasexporte zurück. Der diesjährige Präsident der Weltklimakonferenz ist folgerichtig auch gleich Chef des staatlichen Ölkonzerns ADNOC. Während der Konferenz behauptete er, es gäbe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass ein Ausstieg aus Öl beim Aufhalten der Klimakrise notwendig sei.

Hans Joachim Schellnhuber, einer der führenden Klimaforscher der Welt, sagte jüngst: “Die Klimakonferenzen werden immer größer und teurer, und die Ergebnisse werden immer armseliger." 9 von 10 ÖsterreicherInnen meinen, die Weltklimakonferenz bringt keine konkreten Verbesserungen. Ihr Gefühl trügt nicht: Es geht auf der Weltklimakonferenz vor allem um Geld. Es ist zwar nicht nachhaltig, aber unglaublich profitabel, den Planeten zu ruinieren.

Nur einhundert Konzerne – und ihre EigentümerInnen – sind für 70 Prozent der globalen CO₂-Abgase verantwortlich. Laut einer Studie lieben die Superreichen Investitionen in stark verschmutzende Industrien sogar besonders und stecken hier überdurchschnittlich viel ihres Geldes rein. Damit die Geschäfte von der Politik nicht gestört werden, üben sie ihre enorme politische Macht aus. Sie besitzen Soziale Netzwerke und Medien, finanzieren Parteien, ihnen gehören PR-Agenturen, sie engagieren LobbyistInnen. Davon waren auf der Weltklimakonferenz mehr, als VertreterInnen der zehn am härtesten von der Klimakrise betroffenen Länder zusammen. Diese Lobby wollen den Ausbau der Ölindustrie vorantreiben. 500 der 900 größten Öl- und Gaskonzerne wollen bis 2030 über 230 Milliarden Barrel Öl erschließen. Das würde die Menge an Treibhausgasen erzeugen, die die gesamte EU in 30 Jahren ausstößt. Entweder wir lassen zu, dass einige wenige sehr reiche Menschen unseren Planeten an die Wand fahren. Oder wir sichern die Lebensbedingungen für alle künftigen Generationen ab. Diese Klimakonferenz hat dazu allerdings keinen Beitrag geleistet.

 

Dieser Text erschien zunächst in leicht abgewandelter Form als Gastkommentar im Kurier.

 

Budget 2024: Kein Budget für die Vielen

Umgefallenes Glas mit Münzen als Symbolbild für das Budget 2024

Der Finanzminister nennt das Budget 2024 ein „Budget für die Zukunft“. Er ist optimistisch, damit die Weichen für ein gutes Leben für unsere Kinder in der Zukunft stellen zu können. Ein Blick auf die Auszahlungen zeigt: Weder das kommende Budget noch der dazugehörigen Finanzrahmen bis 2027 erfüllen diese Ansage

Unsere Analyse im Detail zum Download:

Konjunktur: Mehr investieren in Wohnbau und soziale Dienstleistungen

Österreich steckt in der Rezession. Doch dem Budget fehlt ein ordentliches Konjunkturpaket, damit die stotternde Wirtschaft wieder anspringt. Gegen den Kollaps im Hochbau muss der Staat leistbare Wohnungen bauen (lassen), die mittelfristig die Mieterhöhungen dämpfen. Die zusätzlichen Budgetmittel für Sanierung im Budget helfen zwar dem Bau, der Energierechnung und dem Klima. Aber sie senken die Mieten nicht. Der Staat muss auch die staatlichen sozialen Dienstleistungen für alle stärker ausbauen, zumal das direkt Arbeitsplätze schafft. Einen Anfang hat die Regierung im Budget getan, um mit mehr Geld die Qualität der staatlichen Dienstleistungen zu erhalten. Doch deutlich mehr Ausgaben für Pflege, Gesundheit, Kinderbetreuung, Bildung und Pensionen sind unvermeidlich. Eine ausreichende Dotierung, um den künftigen Bedarf vollständig zu decken, fehlt.

Steuern: Vermögensbezogene einführen, Unternehmenssteuern anheben

Der demografische Wandel, aber auch mehr Ausgaben für Klimaschutz und Kinderbetreuung kosten Geld. Spielraum für Steuersenkungen ist deshalb keiner vorhanden. Umso verantwortungsloser ist, dass der Finanzminister trotzdem immer wieder Sozialbeiträge und Steuern senkt. Einen Rückschritt gibt es bei der ungleichen Verteilung der Steuerbeiträge. Ab 2024 wirkt die Senkung der Körperschaftsteuer vollständig. Sie reißt im Endausbau jährlich ein Loch von einer Milliarde ins Budget, von dem fast ausschließlich große Unternehmen und ihre Eigentümer:innen profitieren. Gleichzeitig finanzieren Abgaben auf Arbeit und Konsum weiterhin fast im Alleingang die staatlichen Ausgaben. Von einer Erbschafts- oder Vermögenssteuer ist nichts zu sehen. Auch horrende Gewinne mit der hohen Inflation schöpft der Finanzminister weiter nicht oder kaum ab. Banken zahlen gar keine Übergewinnsteuer, Energiekonzerne nur einen Bruchteil der eigentlich geplanten Summe. Die Unternehmen als Gruppe entziehen sich damit der Rückzahlung und Finanzierung der weiterhin milliardenschweren Unternehmenshilfen (COFAG-Hilfen, Energiekostenzuschuss 2, Industrietransformation, Lohnnebenkosten-Senkung, Investitionsprämie, usw.). Dafür aufkommen müssen alle anderen. Das erzeugt nicht nur ein Gerechtigkeitsproblem. Aufgrund der Unterbesteuerung der Vermögensbesitzer:innen verharrt die Staatsschuldenquote in den kommenden Jahren bei rund 76 Prozent anstatt weiter zu sinken. Das kostet auch langfristig Geld aufgrund höherer Zinszahlungen.

Inflation: Wirksamer bekämpfen

Die Bundesregierung hat im Kampf gegen die Inflation fast keine preissenkenden Maßnahmen gesetzt. Österreichs Inflationsrate zählt zu den höchsten in der Eurozone. Die falsche Taktik wird zum Boomerang bei den Ausgaben im Bundesbudget 2024, weil der Teuerungsausgleich für die Ministerien höher ausfällt, auch die Personalkosten. Für effektive preissenkende Maßnahmen ist es dennoch nicht zu spät. Die Mietpreisebremse muss, um wirksam zu sein, strenger ausfallen. Eine Umsatzsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel fehlt.

Armut: Mehr dagegen unternehmen

Das „Paket“ gegen Kinderarmut lässt zu wünschen übrig. 60 Euro Sonderzuschuss pro Kind ändern wenig an der Tatsache, dass immer noch jedes fünfte Kind in Österreich in Armut aufwächst. Echte Entlastung für armutsgefährdete Menschen gab es auch trotz der hohen Teuerung nicht. Obwohl die Preise weiter hoch bleiben, und die Sozialleistungen und Löhne den Kaufkraftverlust erst schrittweise aufholen. Umso schwerer wiegt, dass bei der Abschaffung der kalten Progression und der Pensionserhöhung kein sozialer Ausgleich wie im letzten Jahr stattfindet. Auch die Ausgleichszulage für die Sozialhilfe und „Mindestpension“ wird nicht überdurchschnittlich erhöht wie in den letzten beiden Jahren. Es bleibt ohnehin genug zu tun, denn die Armutsgefährdung ist durch die Krise gestiegen. Umso wichtiger wäre es, Sozialleistungen endlich armutsfest zu machen und eine ernsthafte Bekämpfung des Problems Kinderarmut anzugehen, etwa mit einer Kindergrundsicherung.

Klimaschutz: Verbindlichere Ziele festlegen und Umsetzung beschleunigen

Das Budget für Klima und Transformation wurde auch für 2024 erhöht, sollte aber für wirksame Klimapolitik in allen Bereichen umfassender ansetzen. Die Schwerpunkte der Regierung hinsichtlich Klimaschutz liegen bei Unternehmenshilfen und Förderungen, den zwei kleinsten gemeinsamen Nennern der Koalition. Mehr Geld für thermische Sanierung und den Heizungstausch ist aber nur ein zurückhaltender Schritt, um die Klimaziele zu erreichen. Von einem verbindlichen Klimaschutzgesetz oder einem verpflichtenden Ausstieg aus Gas in bestehenden Gebäuden fehlt jede Spur. Auch beim Ausbau der Stromnetze und Regionalbahnen hapert es noch.

Katharina Mader Barbara Schuster Leonard Jüngling Oliver Picek Jakob Sturn

Wenn das Gesetz des finanziell Stärkeren gilt

Das Bild zeigt ein Kohlekraftwerk, aus dessen Schornsteinen dunkler rauch aufsteigt

Der verzweifelte Widerstand von Klimaschützerinnen und Klimaschützern gegen den Braunkohletagebau bei Lützerath hat rechtsliberale Politiker und Vertreter der Industrie empört. Die hätten ja keine Ahnung von Klimapolitik und würden die Ziele des Klimaschutzes sogar noch konterkarieren. Die wahren Klimaschützer seien hingegen die Erfinder des EU-Emissionshandels, kommentierte Jan Kluge von der industrienahen Denkfabrik Agenda Austria jüngst in einem Gastkommentar.

Nur: Das europäische Emissionshandelssystem (ETS) greift hinten und vorn viel zu kurz. Daran ändern auch die geplanten Reformen wenig. Es beginnt schon bei der Zielsetzung: Schon die geplanten Einsparungen durch den Handel mit Emissionen sind deutlich zu gering veranschlagt. Das ETS entspricht noch nicht einmal dem Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dafür werden viel zu viele Zertifikate vergeben. Noch ein ganzes Jahrzehnt lang dürfen sogar Gratiszertifikate an Industrieunternehmen verteilt werden. Für sie bleibt ihre Luftverschmutzung damit gratis und frei von Konsequenzen.

Dabei sind 60 Prozent aller Emissionen in Europa noch gar nicht dem Emissionshandel unterworfen. Ursprünglich für 2026 vorgesehen, kommt der Emissionshandel für den Verkehrs- und Gebäudesektor nun frühestens 2027. Damit es dann ja nicht zu flott vorangeht mit dem Klimaschutz, ist der CO2-Preis für die ersten Jahre auf 45 Euro pro Tonne gedeckelt. Pro Liter Diesel beziehungsweise Benzin zahlt man europaweit dann zwischen neun und elf Cent CO2-Steuer. In dieser Höhe wird der Preis keinen Lenkungseffekt entfalten. Nur wenn er so hoch angesetzt wird, dass man sein Auto wirklich stehen lassen muss, könnte der Emissionshandel dazu beitragen, dass wir weniger CO2 ausstoßen.

Fehlplanung

So gilt das Gesetz des finanziell Stärkeren. Wer es sich leisten kann, der darf weiterhin das Klima verpesten und damit uns allen schaden. Wer es sich nicht leisten kann, der muss andere Wege finden. Blöd nur, dass die meisten Wege leider Autobahnen sind und nicht für Fahrräder oder gar öffentliche Verkehrsmittel gebaut wurden. Diese Fehlplanung macht aktuell einen klimapolitisch wirkungsvollen CO2-Preis in angemessener Höhe politisch so schwer durchsetzbar.

Das Resultat: Wir sind Lichtjahre davon entfernt, die Erderhitzung angemessen einzubremsen. Um sie auf 1,5 Grad zu begrenzen, dürfte jedes Land nur mehr eine bestimmte (und geringe) Menge an Treibhausgasen ausstoßen. Mit Stand heute bleiben Österreich noch rund 210 Millionen Tonnen übrig. Jährlich emittieren wir 70 Millionen Tonnen, unser Treibhausgasbudget ist also bereits in drei Jahren aufgebraucht.

Wer sich angesichts dieser Zahlen auf dem laschen europäischen Emissionshandel ausruht, hat den Alarm nicht gehört. Es sind die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten weltweit, die Druck auf Regierungen machen und das Thema in die Öffentlichkeit schieben. Lässt der Druck nach, tut sich klimapolitisch gar nichts mehr. Schon bisher lässt die österreichische Bundesregierung – trotz grüner Regierungsbeteiligung – politischen Mut in Klimafragen vermissen. Wirksame Maßnahmen, die einfach, kostenneutral und sofort umgesetzt werden können – etwa Tempo 100 auf der Autobahn –, werden mit Blick auf kommende Wahltermine nicht angeschoben. Den Oppositionsparteien scheint das gerade recht zu sein.

Eine Verteilungsfrage 

Dass wir die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich reduzieren müssen, steht außer Zweifel. Als Gesellschaft können wir uns aber ausmachen, wie wir das verbleibende Treibhausgasbudget verteilen. Die Nachlässigkeit beim europäischen Emissionshandel bedeutet, dass wir die Industrie aus der Verantwortung lassen und den Treibhausgasausstoß woanders umso stärker reduzieren müssen. Wenn wir den größten Verursachern der Klimakrise, wie RWE mit seinem Braunkohletagebau bei Lützerath, nicht Grenzen setzen, dann müssen wir Gas- und Ölheizungen umso schneller tauschen. Klimapolitik ist immer auch eine Verteilungsfrage. Wer Aktivistinnen und Aktivisten an den Pranger stellt, zeigt, auf welcher Seite er in dieser Frage steht.

 

Der Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Tageszeitung "Der Standard".

 

Österreichs EU-Parlamentarier:innen im Klima-Check

Klimademonstration

COP26: Welche österreichischen Parteien sind Klimaschützer?

Am 31.10. startet die 26. UN-Klimakonferenz. Die Konferenz mit dem offiziellen Namen „Conference of the Parties 26 (COP26)“ im schottischen Glasgow gilt als die wichtigste seit dem Pariser Klimaabkommen. Die teilnehmenden Staaten wollen dort ihre Emissionsziele nachbessern und die Resultate der vergangenen Jahre besprechen. Die meisten Länder der Europäischen Union (EU) haben ihre inländischen Treibhausgasemissionen zwar im Vergleich zum Referenzjahr 1990 insgesamt reduziert, jedoch nicht in einem Ausmaß, das mit dem Ziel von maximal 1.5 Grad Erderhitzung im Einklang steht.

CO2-Reduktionsziele für Österreich wichtig

Österreich konnte seine CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 etwa um nur 5,8 Prozent senken – von 7,6 auf 7,2 Tonnen jährlich pro Kopf. EU-weit konnten alle Mitgliedsstaaten hier höhere Reduktionen einfahren: Die Pro-Kopf-CO2-Emissionen sind für alle Staaten kumuliert um ein Viertel geringer als noch vor 30 Jahren – sie sanken von 8,5 auf 6,4 Tonnen pro Kopf und Jahr (Weltbank, 2021).

Zusätzlich zu versäumten Reduktionen ist Österreichs inländischer CO2-Ausstoß pro Kopf auch durchgehend höher als im EU-Schnitt. 2018 belegten wir damit Platz 19 von 27, beim Pro-Kopf-Ausstoß aller inländischen Treibhausgase Platz 18.

EU-Parlament: Klimaschutz geht über Grenzen hinaus

Um die Klimaziele der COP26 und des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, braucht es vor allem politische Maßnahmen. Hier spielt das Europäische Parlament eine tragende Rolle: Grenzübergreifender Klima- und Umweltschutz, der für einen nachhaltigen europäischen Wirtschaftsraum von immenser Bedeutung ist, wird zu großen Teilen über die Europäische Union festgelegt, und braucht dazu die Zustimmung von genügend EU-Parlamentarier:innen. Europapolitik hat also eine große Bedeutung, weil sie einerseits nationale Gesetzgebung und somit den Alltag der Österreicher:innen beeinflusst, und andererseits über Grenzen hinweg Maßnahmen setzen kann. Luft- und Wasserverschmutzung, Biodiversitätserhaltung, Regulierung von Chemikalien, Meeresschutz und Emissionsreduktionen (z. B. durch das Emissionshandelssystem) sind nur einige der Aspekte, die auf EU-Ebene behandelt werden und die Basis für viele nationale Regelungen stellen.

EU-Parlament: Welche österreichischen Abgeordneten setzen sich für Klima- und Umweltschutz ein?

Österreich stellt in der aktuellen Legislaturperiode insgesamt 19 Abgeordnete (ÖVP: 7; SPÖ: 5; FPÖ: 3; Grüne: 3; NEOS: 1). Zwei Jahre nach der letzten EU-Parlamentswahl im Jahr 2019 zeigt sich ein klares Bild, welche der Abgeordneten innerhalb der 14 wichtigsten Entschließungsanträge der aktuellen Legislaturperiode für stärken Umwelt- und Klimaschutz eintreten.

Demnach stimmen Abgeordnete der FPÖ in acht von zehn Fällen gegen Verschärfungen von Umwelt- und Klimaschutzauflagen. Die mandatsstärkste Partei ÖVP stimmt ebenfalls in mehr als sieben von zehn Fällen dagegen. Auch die NEOS stimmen in zwei Drittel aller Anträge gegen schärferen Umwelt- und Klimaschutz. Anders sieht es bei SPÖ und Grünen aus: Die Sozialdemokraten stimmen in zwei Drittel der Fälle für härtere Auflagen, Grüne in sogar fast allen untersuchten Fällen (96 Prozent). FPÖ, ÖVP und NEOS blockieren somit durch negierendes und restriktives Verhalten Umwelt- und Klimaschutz auf europäischer Ebene, während sich SPÖ und allen voran Grüne ihm stärker widmen.

Die Relevanz österreichischer und europäischer Klimapolitik

Die Auswirkungen der sozial-ökologischen Krisen zeigen sich in den letzten Jahren immer stärker. Zehn der letzten 15 Jahre waren die heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Umweltkatastrophen haben sich seit dem Jahr 1980 mehr als verdreifacht. Dafür sind die EU und Österreich in einem hohen Ausmaß mitverantwortlich: Etwa 17.8 Prozent aller anthropogenen CO2-Emissionen wurden innerhalb der EU27 ausgestoßen, und Österreichs Pro-Kopf-CO2-Ausstoß lag in den letzten 20 Jahren durchgehend über jenem der EU. Deshalb muss nicht nur auf österreichischer, sondern auch auf grenzübergreifender Ebene gehandelt werden. Für den notwendigen Wandel in eine nachhaltige, lebenswerte Zukunft haben auch österreichische Politiker:innen eine entscheidende Verantwortung, die sie unter anderem während der UN-Klimakonferenz vertreten. Um die Klimakrise abzuschwächen, muss sich das Verhalten der nicht-klimafreundlichen Parteien auf europäischer Ebene ändern.

Quirin Dammerer

Eine kluge Steuerreform priorisiert Klimaschutz und Armutsbekämpfung

Geldscheine Steuerreform

Die aktuelle sowie zukünftige Regierungen stehen vor großen Herausforderungen: Einerseits erfordert die sich abzeichnende Klimakrise rasches und energisches Handeln. Andererseits braucht es nicht nur im Hinblick auf die alternde Bevölkerung einen stark ausgebauten Sozialstaat, der einen Ruhestand in Würde und eine gute Pflege für alle sicherstellt. Zusätzlich dazu hat die Corona-Krise auch noch viele Wirtschaftsbereiche hart getroffen.

Von geplanter Steuerreform profitieren vor allem hohe Einkommen

Die bisher bekannten Details der geplanten Steuerreform sind jedoch ernüchternd. Angesichts der Corona-Krise, die viele soziale Ungleichheiten noch verschärft hat, hätte man ein großes Reformpaket schnüren können, das so viele wie möglich über die Armutsgefährdungsschwelle hebt. Die Regierung hält aber unbeirrt am Regierungsprogramm fest.

Die Senkung der unteren drei Einkommenssteuersätze erreicht beispielsweise die niedrigsten Einkommensbezieher:innen gar nicht. Teilzeitbeschäftigte (vor allem Frauen sowie viele Systemerhalter:innen) und Saisonarbeitskräfte verdienen oft gar nicht genug, um von einer Steuersenkung zu profitieren. Gleichzeitig bescherte die bereits 2021 erfolgte Senkung des niedrigsten Steuersatzes von 25 auf 20 Prozent allen (einschließlich Manager-Millionengehältern), die genug verdienen, Einkommensgewinne. Die für 2022 geplante Senkung der höheren Steuersätze betrifft nur die obere Hälfte der Einkommensverteilung. Damit profitieren Menschen mit hohen Einkommen von allen Etappen der Steuerreform. Auch die ohnehin große Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern wird durch die Reform verschärft: Männer profitieren mit durchschnittlich 60 Euro netto pro Monat doppelt so stark wie Frauen!

Geplante CO2-Steuer für Lenkungswirkung zu niedrig

Was bisher von der CO2-Steuer bekannt ist, deutet ebenso auf keinen großen Wurf hin. Eine CO2-Steuer von maximal 50 Euro würde die Preise auf Diesel und Benzin um rund elf Cent verteuern. Dass so Lenkungseffekte wirken, muss bezweifelt werden – auch vor dem Hintergrund einer Verkehrspolitik, die es verabsäumt hat, auf klimafreundliche Alternativen zum PKW-Verkehr zu setzen. Wie die Rückverteilung der CO2-Einnahmen aussehen wird, ist noch nicht bekannt. Ein sozial gestaffelter Ökobonus – eine Kopf-Pauschale, die vor allem Haushalten mit niedrigem Einkommen zugute kommen soll – wäre hierfür eine sinnvolle Basis. Zudem sollten besonders stark betroffene Haushalte ohne gute Öffi-Anbindung und Mieter:innen unterstützt werden. Denn letztere würden zwar CO2-Steuer zahlen, können aber nicht so einfach ihr Heizsystem tauschen, weil dafür die Vermieter:innen zuständig sind. Die Abschaffung von Diesel- und Dienstwagen-Privileg und eine sozial-ökologische Reform des Pendlerpauschale sollten ebenfalls angegangen werden.

Wo eine gelungene Steuerreform ansetzen müsste

Wie lassen sich die großen Herausforderungen der Zukunft meistern? Einerseits mit einer Steuerreform, die ihren Namen verdient und nicht nur die während der Corona-Krise ohnehin dicker gewordenen Sparbücher der Besserverdienenden stärkt. Andererseits braucht es eine Vielzahl an CO2-bezogenen Abgaben, die über eine reine Steuer hinausgehen.

Unser Steuersystem missachtet derzeit zwei zentrale Grundsätze der Steuergerechtigkeit. Wer mehr Einkommen hat, trägt (in Prozent seines Einkommens) nicht mehr an Steuern und Abgaben bei. Mit knapp über 45 Prozent ist der Steuerbeitrag über weite Teile der Bevölkerung gleich hoch – er setzt sich nur aus unterschiedlichen Quellen (z.B: Mehrwertsteuer oder Lohnsteuer) zusammen. Außerdem werden Kapitalerträge schonender behandelt. Auf ein Bruttojahreseinkommen von 100.000 Euro, das erarbeitet wurde, werden knapp 39.000 Euro an Steuern und Abgaben fällig. Stammt es aus Vermögenserträgen, fallen darauf nur 27.500 Euro an Steuern an.

Daraus resultiert eine enorme Ungleichheit zwischen der Besteuerung von Arbeit und Kapital. Der Faktor Arbeit kommt in Österreich für acht, Vermögen nur für einen von zehn Steuereuros auf. Die Staatshilfen zur Rettung von Unternehmensvermögen werden also vor allem von Arbeitnehmer:innen bezahlt.

Vermögens- und Erbschaftssteuer längst überfällig

Eine Post-Corona-Steuerreform bietet die Chance einen fairen Beitrag von hohen Vermögen einzuheben. In etwa 1.250 Milliarden Euro besitzen die österreichischen Haushalte, 40 Prozent davon entfallen alleine auf das reichste Prozent. Eine moderate Vermögenssteuer würde daran wohl nicht einmal etwas ändern, könnte aber zumindest für etwas mehr Steuergerechtigkeit sorgen – eine Mehrheit der Österreicher:innen ist bereits dafür.

Ebenso könnte man mit der Wiedereinführung einer Erbschaftssteuer einen historischen Fehler wiedergutmachen. Potenzial dafür gäbe es genug: In den nächsten drei Jahrzehnten sollen geschätzt knapp 600 Milliarden an leistungslosem Einkommen vererbt werden – und das komplett steuerfrei.

Auch Vermögenseinkommen, die noch konzentrierter sind als die Vermögen selbst, müssen fair besteuert werden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Dividenden einer geringeren Besteuerung unterliegen sollen als das mittlere Bruttoeinkommen einer Vollzeit tätigen Arbeitskraft. Eine steuerliche Gleichbehandlung von Einkommen – egal aus welcher Quelle es stammt – wäre sichergestellt, wenn man alle Einkommensarten einer progressiven Besteuerung unterzieht.

Zuletzt ist es auch unverständlich, warum die Regierung gerade für Unternehmen, die mehr als die Hälfte der Corona-Hilfen erhalten haben, gleich doppelt die Steuern senken will. Einmal direkt durch eine Körperschaftssteuersenkung und zusätzlich indirekt durch eine fiktive Eigenkapitalverzinsung. Österreich darf hier die internationale Dumpingspirale bei Unternehmenssteuern nicht noch weiter befeuern.

Österreich braucht Klimainvestitionen statt Sparpolitik

Wenn der Finanzminister davon spricht, dass Österreich schnellstmöglich zum Schuldenabbau zurückkehren soll, gleichzeitig aber vor allem bei den Vermögendsten die Steuern gesenkt werden, dann kann die Lücke im Staatshaushalt nur durch niedrigere Sozialleistungen und geringere Klimainvestitionen finanziert werden. Diese Sichtweise ist aber katastrophal kurzsichtig. Denn gerade für die gerechte Transformation zu einer klimakompatiblen Gesellschaft braucht es jetzt große Ausgaben. Die Alternative, eine ungebremste Klimakatastrophe, wäre jedenfalls teurer als alles, was wir kennen.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Wiener Zeitung.

Geld ohne Gegenleistung?

Kundgebung für Erhalt des MAN-Werk in Steyr.

Staatsbeteiligungen sind niemals eine Lösung! Das ist aktuell die politische Devise vom Wirtschaftsministerium abwärts. Wichtig ist, zu bedenken: es handelt sich dabei um eine ideologische Festlegung, nicht um einen Erfahrungswert.

Denn Ideologie steht einer pragmatischen Wirtschaftspolitik im Weg. Ein Beispiel: die Bankenrettung nach der Finanzkrise 2008. Während Österreich seine Banken mit öffentlichen Kreditspritzen wieder aufpäppelte, haben (ausgerechnet!) Länder wie die USA und die Schweiz sich nicht mit ideologischen Beschränkungen aufgehalten, die Notenbank bzw. der Staat beteiligten sich an den Banken. Wie auch schon Norwegen und Schweden in den 90er Jahren. Das Resultat waren Gewinne für die öffentliche Hand, weil die Allgemeinheit nicht nur Geld lieh, sondern auch an der Wertsteigerung nach der Krise beteiligt war. In Österreich kostete die Bankenrettung hingegen über 10 Milliarden Euro – selbst nach Abzug der eigens geschaffenen Bankenabgabe. 

Bei der Corona-bedingten Rettung der AUA, aber auch in der Art und Weise, wie die staatliche Hilfsgesellschaft COFAG aufgestellt ist, wird deutlich: das System scheint auf die Verstaatlichung von Verluste und Privatisierung von Gewinnen ausgelegt.  Bedingungen stellen wir keine, anders als etwa in Frankreich, bei dem mit öffentlichem Geld auch Klima-Auflagen mitkommen.

Während staatliche Hilfsgelder sprießen, schütten Unternehmen hohe Dividendenzahlungen an ihre Eigentümer aus. Das gilt übrigens auch für jenen MAN-Konzern, der das profitable Lkw-Werk in Steyr nun möglichst billig loswerden will und sich an eigene Versprechungen nun partout nicht mehr erinnern möchte.

Dass die Sanierung von strauchelnden Unternehmen mit Staatsbeteiligungen funktionieren kann, zeigen auch andere Beispiele. Die staatliche GBI, damals liebevoll „Pleiteholding“ genannt, sanierte mit öffentlichem Geld Unternehmen, rettete tausende Arbeitsplätze und profitierte eben auch von der Erholung. Etwa bei den ATB-Motorenwerken im steirischen Spielberg. Die GBI wurde dann von der schwarz-blauen Regierung aufgelöst. 

Letzten Endes geht es um eine simple Frage: wie wichtig sind der Politik Arbeitsplätze? Wie ernst nehmen wir den Klimaschutz? Und: beschränkt sich unsere Krisen-Bekämpfung darauf, privaten Eigentümern (MAN gehört indirekt zum Großteil der Milliardärsfamilie Porsche-Piech) große Mengen an Steuergeld zu überantworten, ohne dafür auf eine Gegenleistung im Sinne der Allgemeinheit zu bestehen?

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Kleinen Zeitung.

Pendlerpauschale & Co: Verkehrs-Ökosteuern im Check

Stauende Autos und Motorräder

Der Verkehr spielt eine kritische Rolle

Seit 2014 sind die Emissionen aus dem Verkehr um 10% gestiegen. Einen Großteil davon machen Schadstoffe des Straßenverkehrs aus. Die Maßnahmen die Pendlerpauschale & Co reformieren sollen, sind richtig und wichtig. Dennoch reicht das geschätzte Einsparungspotenzial, das damit erreicht werden kann, nicht aus, um die österreichischen Emissionen effektiv zu senken. 

Es bräuchte viel mehr

Wie viel mehr es bräuchte, wird deutlich, sobald die Einsparungspotenziale der Ökologisierung der Verkehrsabgaben mit den benötigten Einsparungen bis 2030 verglichen werden. Demnach könnten die geplanten Maßnahmen maximal 3,4 Mio. Tonnen CO2 bis 2030 einsparen während über 10 Mio. Tonnen reduziert werden müssten, um das Ziel für 2030 zu erreichen. Von den 3,4 Mio. Tonnen Einsparungspotenzial aus der Ökologisierung der Verkehrsabgaben ist der Großteil der Reduktion des Tanktourismus zuzuordnen. Dieser wird durch Preisunterschiede zu den Nachbarländern mitverursacht – die Abschaffung des Dieselprivilegs ist also auch aus Gründen der Einsparungspotenziale zu priorisieren.

 

Ökologische und sozial gerechtere Mobilität ist ein Anfang

Es muss also viel mehr getan werden. Trotzdem, ein Pendlerpauschale, das als Absetz- statt als Freibetrag und mit einem Ökobonus gestaltet ist, wirkt sozial gerechter und reduziert die aktuellen Anreize zur Zersiedelung. Die Abschaffung des Dieselprivilegs trifft vor allem SUV- und Oberklasse-FahrerInnen und birgt das Potenzial, wesentliche Teile des Tanktourismus zu vermeiden. Eine Ökologisierung der Normverbrauchsabgabe setzt – genauso wie die des Dienstwagenprivilegs – Lenkungseffekte für die Anschaffung nachhaltiger, emissionsärmerer Fahrzeuge und reduziert den Ausstoß von Luftschadstoffen in der Zukunft. Die höhere Flugticketabgabe und stärkere Spreizung der LKW-Maut attraktiveren die Bahn als Alternative für privaten als auch kommerziellen Transport. 

Diese Maßnahmen betreffen die täglichen Leben der BürgerInnen in Österreich, daher ist bei einer Änderung der Ausgestaltung wichtig, neben den ökologischen Zielen auch auf soziale Verträglichkeit zu achten. Wie die Maßnahmen aktuell wirken und welche Möglichkeiten es zu ihrer Umgestaltung gibt, wird im nachfolgenden Policy Brief analysiert.

Europakarte des Treibhausgasausstoßes

Alpen

Österreich verfehlt seine Klimaschutzziele für 2020 meilenweit. Andere Länder nicht. Momentum Institut hat eine Europakarte der Treibhausgas-Emissionen graphisch dargestellt, die die prozentuelle Veränderung der Netto-Emissionen von 1990 bis 2017 zeigt.

Im Rahmen der europäischen Klimaschutzpolitik haben sich die Mitgliedsländer der Europäischen Union, u.a. Österreich, verpflichtet, ihren nationalen (Netto-)Ausstoß an Treibhausgasen1, der die menschengemachte globale Erderwärmung befeuert, an die europäische Statistikbehörde Eurostat zu melden. Die Emissionen2 der einzelnen Treibhausgase werden je nach Menge und Klimaschädlichkeit umgerechnet in das mengenmäßig bedeutendste Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). Die politischen Verpflichtungen in den weltweiten und europäischen Vereinbarungen zum Klimaschutz sehen für Österreich mehrere Etappen vor, die in Zukunft erreicht werden müssen (2020, 2030, 2040, 2050). Das nächstgelegene Ziel ist die 2007 von den EU-Regierungschefs festgelegte Verpflichtung des Klima- und Energiepakets 2020 für kommendes Jahr. Bis 2020 sollte die Republik netto 20% weniger Treibhausgase ausstoßen als noch im Jahr 1990 emittiert wurden.

Das Versagen der österreichischen Klimaschutzpolitik in den vergangenen 30 Jahren

Österreich hat dabei komplett versagt. Von 28 europäischen Mitgliedsländern der EU haben 22 ihren Ausstoß gesenkt. Davon gelang 15 Ländern eine Reduktion um 20%. Sieben Länder verringerten ihre Emissionen zwischen -20% und 0%. Österreich gehört gemeinsam mit fünf anderen Mitgliedsstaaten zu den Staaten, die eine genau gegenteilige Entwicklung zugelassen haben: Die österreichischen Emissionen sind seit 1990 sogar um 6% angestiegen, anstatt wie in der EU insgesamt um 22% zu fallen.3

 

Fußnoten

1Kohlendioxid, Methan, Lachgas, fluorierte Gase, usw.
2abzüglich dem menschlichen Entzug der Gase aus der Atmosphäre
3Im Durchschnitt der Länder (jedes Land hat trotz unterschiedlichen Ausstoßes gleiches Gewicht) sind es -17%

Quelle: EEA via Eurostat, Treibhausgasemissionen nach Verursachersektor, ohne Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF), mit internationalem Luftverkehr