Frauen Shilouetten
/ 8. März 2023

Kurz nach dem österreichischen Equal Pay Day am 16. Februar folgt der internationale Weltfrauenkampftag am 8. März. An diesem Tag soll an die nach wie vor herrschende Diskriminierung, Ungleichstellung, -berechtigung und -bezahlung von Frauen erinnert werden. Multiple Krisen wie die Corona-Pandemie sowie die Energie- und Teuerungskrise stellen unsere Gesellschaft und die Politik auf die Probe.

Etwas Positives haben Krisen aber an sich: Oft bieten sie Spielraum, Dinge zu verändern und an bestehenden ungleichen oder ungerechten Machtverhältnissen zu rütteln. Spielraum, um die ungleichen Geschlechterverhältnisse, die hierzulande herrschen, aufzubrechen und in punkto Gleichstellung endlich etwas voranzutreiben hätte es reichlich gegeben. Zu mehr Geschlechtergerechtigkeit haben die Krisen aber leider nicht beigetragen – im Gegenteil:

Traditionelle Rollenbilder wurden etwa von den Lockdowns der Corona-Krise verschärft und die Anti-Teuerungsmaßnahmen der Regierung, die allen Menschen gleichermaßen helfen sollten mit der hohen Inflation zu leben, wurden nicht ausreichend auf die unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen und Männer durchdacht. Frauen erleben in Österreich nach wie vor zahlreiche Benachteiligungen – sei es im Erwerbsleben, im Haushalt oder bei der Kinderbetreuung, bei den Pensionen oder auch bei der Repräsentation in politischen Prozessen oder Unternehmensstrukturen.

/ Frauen & Erwerbsleben

/ Die Teilzeit-Falle

Von allen erwerbstätigen Personen in Österreich sind 47 Prozent weiblich und 53 Prozent männlich. Die Verteilung der Erwerbsbeteiligung zwischen den Geschlechtern ist also relativ gleich. Trotzdem erhalten Frauen nicht einmal 4 von 10 Lohnkuchen-Stücken: Die Anteile der Bruttobezüge von Arbeitnehmer:innen an der Gesamtlohnsumme sind nämlich nicht gleichmäßig zwischen den Geschlechtern verteilt. 63 Prozent der Bruttobezüge werden an Männer ausgezahlt, während Frauen nur 37 Prozent beziehen. Von 2020 auf 2021 hat sich an dieser Verteilung rein gar nichts geändert. Nur bei der Teilzeitquote gab es eine Veränderung gegenüber dem Jahr 2020 – sie ist weiter angestiegen: Die weibliche Teilzeitquote kratzt im Jahr 2021 an der 50 Prozent-Marke; das bedeutet, fast die Hälfte der erwerbstätigen Frauen in Österreich arbeitet in Teilzeit (genau: 49,6 Prozent), während es bei Männern lediglich 11,6 Prozent sind, die teilzeitbeschäftigt sind.

Mit so einer hohen weiblichen Teilzeitquote landet Österreich im EU-Vergleich mittlerweile auf Platz 2. Im Jahr 2020 lag die weibliche Teilzeitquote noch bei 47 Prozent, jene der Männer bei etwa 10 Prozent - damit belegte Österreich im EU-Vergleich Platz 3. Im Jahr 2021 hat Österreich Deutschland überholt und ist damit das EU-Land mit der zweithöchsten weiblichen Teilzeitquote – beinahe 50 Prozent. Nur die Niederlande, wo 65 Prozent der Frauen Teilzeit beschäftigt sind, haben eine noch höhere Teilzeitquote. Dort ist die weibliche Teilzeitquote im gleichen Zeitraum allerdings deutlich gesunken – im Jahr 2020 waren es noch 76 Prozent.

/ Frauen & Carearbeit

Fragt man Menschen, warum sie Teilzeit arbeiten, kann das verschiedene Gründe haben: Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen oder andere persönliche bzw. familiäre Gründe, die Inanspruchnahme einer Aus- oder Weiterbildung, eine Person findet keine Vollzeitbeschäftigung oder sie möchte keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen. Der häufigste Grund, warum Personen im Jahr 2021 Teilzeit arbeiten, ist jener der Betreuungspflichten. 32 Prozent der Teilzeitbeschäftigten arbeiten nicht in Vollzeit, weil sie Kinder betreuen oder Angehörige pflegen; weitere 7 Prozent arbeiten in Teilzeit aus anderen persönlichen oder familiären Gründen. Die Geschlechterunterschiede bei der Frage nach Teilzeitarbeit aufgrund von Kinderbetreuungspflichten sind eklatant: Während knapp 40 Prozent der weiblichen Teilzeitbeschäftigten angeben, dass sie aufgrund von Kinderbetreuung und Pflegepflichten keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen, sind es bei den teilzeitbeschäftigten Männern nur knapp 7 Prozent (Statistik Austria 2021).

Einer der Hauptgründe für weibliche Teilzeitarbeit ist also Kinderbetreuung, was darauf schließen lässt, dass das Kinderbetreuungsangebot in Österreich nicht so ausgestaltet ist, dass Vollzeitbeschäftigung für alle Frauen möglich ist. Um einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen zu können, brauchen Eltern in etwa 10 Stunden täglich (inklusive Wegzeiten), in denen das Kind betreut wird. In ganz Österreich haben nur 38 Prozent der Kindertagesheime – in etwa 4 von 10 Einrichtungen – länger als 10 Stunden geöffnet. Das schließt eine Vollzeitbeschäftigung für viele gänzlich aus. Außerhalb von Wien, wo 71 Prozent der Kindergärten länger als 10 Stunden täglich geöffnet sind, haben nur 24 Prozent der Kinderbetreuungseinrichtungen länger als 10 Stunden geöffnet. In Oberösterreich sind es sogar nur 14 Prozent.

Hinzu kommt, dass der Anteil der sogenannten „VIF-konformen“ Einrichtungen für Kinderbetreuung – also jene Einrichtungen, die eine Vollzeitbeschäftigung ermöglichen – im Zeitverlauf sogar gesunken ist. Der Anteil der 0-2-Jährigen, der in VIF-konformen Kinderbetreuungseinrichtungen betreut wird, ist seit 2014 in zwei Drittel der Bundesländer gesunken. 2014 waren in ganz Österreich 62 Prozent der 0-2-Jährigen VIF-konform betreut, 2021 waren es nur mehr knapp 60 Prozent Am stärksten war der Rückgang überraschenderweise in Wien (ein vergleichsweise gut aufgestelltes Bundesland in Sachen Kinderbetreuung) mit 8,2 Prozentpunkten, gefolgt von der Steiermark und Oberösterreich. Im Burgenland – dort wo in den letzten Jahren sehr viel Geld in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert wurde sind nun 44 Prozent der 0-2-Jährigen VIF-konform betreut, während es 2014 noch etwa 23 Prozent waren. Auch Niederösterreich, Tirol, Kärnten und Vorarlberg konnten ihre Betreuungsquoten verbessern.

/ Frauen & unbezahlte Arbeit während der Pandemie

Trotz stetiger Verbesserung beim Kinderbetreuungsausbau fällt der Löwenanteil der unbezahlten Betreuungsarbeit, aber auch Hausarbeit immer noch auf Frauen zurück. Die Corona-Pandemie hat das eindrücklich gezeigt.

Der Großteil der Betreuungspflichten während der Schul- und Kindergartenschließungen durch die Lockdowns wurde von Frauen und vor allem von Müttern übernommen. Das zeigt eine Auswertung des Austrian Corona Panel Projekts, das verschiedene Wellen der Corona-Pandemie umfasst. Während Väter im Schnitt täglich 3 Stunden mit Kinderbetreuung verbrachten, waren es bei Müttern 7 Stunden täglich. Sie waren auch mit knapp 3 Stunden im Schnitt doppelt so lang mit unbezahlter Hausarbeit beschäftigt im Vergleich zu Vätern. Beim Durchschnitt der täglich aufgewendeten Zeit für Erwerbsarbeit verhält es sich genau umgekehrt: Väter gingen knapp 7 Stunden täglich ihrer Erwerbsarbeit nach, bei Müttern waren es nur 3 Stunden im Schnitt. Während Väter also der Erwerbsarbeit nachgingen, wendeten Mütter die gleiche Zeit für Kinderbetreuung auf.

Zwar reduzierten sowohl Frauen als auch Männer ihre Erwerbsarbeitszeit als die Corona-Pandemie ausbrach und der erste Lockdown kam, aber Mütter reduzierten ihre Erwerbsarbeitszeit stärker als Väter. Bei Männern zeigt die Auswertung der Daten, dass es keinen eindeutigen Unterschied zwischen Männern mit und Männern ohne Kind zu geben scheint – die Kurven der wöchentlichen Arbeitsstunden verlaufen sehr ähnlich – unabhängig vom Elternschaftstatus. Bei Frauen sieht es anders aus. Frauen mit Kind hatten nicht nur ein niedrigeres Ausgangslevel an wöchentlich geleisteten Arbeitsstunden im Vergleich zu Frauen ohne Kind – sie reduzierten ihre Arbeitszeiten auch stärker.

Wäre all die unbezahlte Arbeit, die während der Corona-Pandemie geleistet wurde in der Gesamtwertschöpfung erfasst, würde das ungefähr 42 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung entsprechen. In absoluten Zahlen wurde während den ersten beiden Jahren der Corona-Pandemie unbezahlte Arbeit im Wert von 168 Milliarden Euro in Österreich verrichtet.

Anteilsmäßig leisteten Frauen mit 60 Prozent den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit. 112 Milliarden Euro, die Frauen aber nicht bezahlt wurden – das würde rund 28 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung (etwa 401 Milliarden Euro im Jahr 2021) entsprechen. Die unbezahlte Care-Arbeit der Männer beläuft sich auf 57 Milliarden Euro, was ungefähr 14 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht.

Auch außerhalb von Pandemiezeiten ist unbezahlte Arbeit übrigens in ganz Europa Frauensache. In keinem einzigen Land ist die Verteilung der unbezahlten Arbeit gleich. Das zeigen Eurostat Daten von der Harmonised European Time Use Survey aus dem Jahr 2010. In Österreich verrichten Frauen im Schnitt 4:15 an unbezahlter Arbeit, bei Männern sind es nur 2:12. Österreich landet auf Platz 6 der Länder, in denen unbezahlte Arbeit zwischen Männern und Frauen sehr ungleich verteilt ist (in Zeitdifferenzen) – zu Lasten der Frauen.

Mit knapp 5 Stunden täglich wenden allerdings italienische Frauen am meisten Stunden für unbezahlte Haus- und Sorgearbeit auf. Gemeinsam mit Griechenland und der Türkei befindet sich Italien unter den Top-3 Ländern, in denen auch der Unterschied zwischen unbezahlter Arbeit, die von Frauen übernommen wird, verglichen zu den Stunden der Männer am eklatantesten ist. Türkische Frauen arbeiten 3 Stunden 40 Minuten täglich mehr unbezahlt als Männer, in Italien sind es 3 Stunden Unterschied und in Griechenland etwa 2 Stunden 40 Minuten.

Skandinavische Länder wie Norwegen oder Finnland hingegen – die auch oft als Vorzeigeländer angeführt werden, wenn es um Gleichstellung der Geschlechter geht – sind auch wenig überraschend ganz vorne mit dabei unter jenen mit den geringsten Geschlechterunterschieden in punkto unbezahlter Arbeit. Die Top-3 Länder, in denen der Unterschied von unbezahlten täglichen Arbeitsstunden zwischen Frauen und Männern am geringsten ist, sind Norwegen, die Niederlande und Finnland. In allen drei Ländern arbeiten Frauen nur in etwa eine Stunde pro Tag mehr unbezahlt als Männer.

Um an der ungleichen Verteilung unbezahlter Arbeit in Österreich etwas zu verändern, braucht es neue Daten. Die letzte Zeitverwendungserhebung fand in Österreich im Jahr 2008/09 statt – vor fast 15 Jahren. Neue Ergebnisse der aktuellen Zeitverwendungserhebung 2023 werden Aufschluss darüber liefern, ob sich in diesen letzten 15 Jahren tatsächlich etwas an der Ungleichverteilung unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern verändert hat oder ob – wie so oft – Stillstand herrscht. Um die Entwicklung in Zukunft auch wissenschaftlich beobachten zu können, sollten Zeitverwendungserhebungen jedenfalls regelmäßiger durchgeführt werden.

/ Frauen & Politik

Damit sich etwas ändert braucht es treffsichere Maßnahmen seitens der Politik. Diese ist allerdings sowohl auf kleineren als auch auf größeren Ebenen männlich dominiert, Frauen bleiben unterrepräsentiert. Beispielsweise gibt es in Österreich nur 10,4 Prozent weiblich besetzte Bürgermeister:innen-Posten. Niederösterreich ist mit 14 Prozent Bürgermeisterinnen der Spitzenreiter, Vorarlberg ist das Bundesland-Schlusslicht mit nur 6 Prozent Frauenanteil unter Bürgermeister:innen und Wien hatte überhaupt noch nie eine Bürgermeisterin.

Je kleiner außerdem die politische Einheit, desto niedriger wird der Frauenanteil. Im Vergleich mit dem EU27-Schnitt ist Österreich vor allem auf kleineren, regionaleren Ebenen schlechter aufgestellt. Während Österreich im EU-Parlament und im nationalen Parlament Frauenanteile von rund 42 Prozent erreicht, was sogar über dem EU27-Schnitt von 29 Prozent liegt, dünnt sich der Frauenanteil auf Gemeindeebene und in Bürgermeister:innen-Ämtern aus. Während in österreichischen Gemeinden nur noch 26 Prozent der Vertreter:innen weiblich sind, sind es bei den Bürgermeister:innen nur noch etwa 10 Prozent. Im Vergleich zum EU27-Schnitt – 35 Prozent Frauen in Gemeinden und 18 Prozent weibliche Bürgermeisterinnen - hinkt Österreich mit den diesen Frauenanteilen in der Kommunalpolitik deutlich hinterher.

Im Zeitverlauf betrachtet hat sich in den letzten zehn Jahren wenig am Frauenanteil in der Politik verbessert – egal auf welcher Ebene. Der Frauenanteil in europäischem und österreichischem Parlament hat noch nie die 50 Prozent-Marke überschritten.

Auch in der Unternehmenswelt – besonders in Führungspositionen - sind Frauen sehr schlecht vertreten. Zwar liegt der weibliche CEO-Anteil in Österreichs größten börsennotierten Unternehmen bei 15 Prozent (EU27-Schnitt: 8,4 Prozent), doch sind in Österreich nur 9,5 Prozent Frauen in Führungspositionen tätig, während es im EU27-Schnitt mit 21 Prozent mehr als doppelt so viele sind. Österreich landet damit an vorletzter Stelle im EU-Vergleich und ist wieder einmal Schlusslicht.

Von Gleichstellung, Gleichbezahlung oder Gleichberechtigung von Frauen gegenüber Männern kann also in den meisten Bereichen noch nicht gesprochen werden – im Gegenteil: Österreich hinkt in vielen Hinsichten hinten nach, etwa beim Kinderbetreuungsangebot, bei gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit und aber auch bei der weiblichen Repräsentation auf politischen Ebenen.

/ Fazit

Die multiplen Krisen wären Chancen gewesen, um bestehende Ungerechtigkeiten zwischen Frauen und Männern auszubügeln – Chancen, die leider ungenutzt verstrichen sind, da Ungerechtigkeit und Ungleichheit für Frauen gegenüber Männern in Österreich leider nach wie vor die Überhand haben.

Das Momentum Institut empfiehlt daher:

  • Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, um unbezahlte Arbeit besser mit der Erwerbsarbeit vereinen zu können
  • Regelmäßige Zeitverwendungserhebungen mit wissenschaftlicher Begleitung der Ergebnisse
  • Verpflichtende Väterkarenz
  • Volle Lohntransparenz, damit gleiche Arbeit gleich bezahlt wird
  • Kostenlose, flächendeckende Kinderbetreuung mit Öffnungszeiten, die mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar sind
  • Zweites verpflichtendes Kindergartenjahr
  • Höhere Bewertung von Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten bei der Pension
  • Erhöhung der Ausgleichszulage, unabhängig vom Partner:inneneinkommen

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