Mit Kindern lernen und sie betreuen, Ältere pflegen, mit Menschen mit Behinderungen arbeiten. Sorgearbeiten, die unverzichtbar für unsere Gesellschaft sind. Sie schaffen Zusammenhalt, lehren Verantwortung und ermöglichen uns gut aufzuwachsen und in Würde zu altern. Sie sind ein wesentlicher Teil unserer Wirtschaftsleistung und bewerkstelligen uns Erwerbsarbeit.
Gleichzeitig sind sie abgewertet. Wie oft wird über Mütter abfällig gesagt sie „arbeiten nicht“? Wie lange waren Elementarpädagoginnen „Tanten“? Oder Pflegerinnen „Krankenschwestern“?
Das kommt nicht von ungefähr, denn Sorgearbeiten wurzeln im Privaten: Sie werden noch immer als weibliche Tätigkeiten angesehen. Als Ausdruck von Zuneigung und Liebe. Als Tätigkeiten, die einfach in der weiblichen Natur liegen, statt erlernt zu sein. In den Wirtschaftswissenschaften nennt man diese Arbeiten unproduktiv. Was in der Familie „umsonst“ geleistet wird, hat scheinbar auch im Job keinen Wert. Zwar wird in diesen Berufen gesellschaftlich wertvolle Arbeit geleistet, die Bezahlung ist hingegen oft unterirdisch, die Belastung überdurchschnittlich.
Wir alle waren und sind mehrfach im Leben von Sorgearbeiten abhängig. Rein aus egoistischen Gründen muss es uns ein Anliegen sein, dass jene, die diese Arbeiten übernehmen, bestens ausgebildet, sowie hochbezahlt sind und top Arbeitsbedingungen haben.
Sorgearbeiten blieben lange politisch und gesellschaftlich unbeachtet und gering geschätzt. Nun fehlt uns Personal an allen Ecken und Enden. Dieses Resultat politischer Entscheidungen sollte nicht auf dem Rücken junger Menschen ausgetragen werden. Dass allein bis 2030 zirka 51.000 Pflege- und Betreuungspersonen aufgrund von Pensionierungen nach- oder neubesetzt werden müssen, ist eine politische Aufgabe. Keine, bei der junge Menschen nun in die Bresche für die Politik springen müssen. Verpflichtende Sozialdienste schreiben die Minderwertschätzung von Sorgearbeiten fort.
Außerdem ist es unlogisch solch voraussetzungsvolle Arbeiten, so gering zu bewerten. Denn diese Berufe erfordern viel: einen gekonnten Umgang mit Menschen; medizinisches, psychologisches und pädagogisches Wissen; Fähigkeiten wie Empathie, Geduld und Nervenstärke, und obendrauf sind sie meist körperlich und psychisch anstrengend.
Statt für verpflichtende Sozialdienste sollten wir also gegen diese Mängel in der öffentlichen Daseinsvorsorge kämpfen. Denn sie führen zu Überforderung und Zeitmangel. So wird der Kindergarten zur Aufbewahrungsstätte und das Altersheim zum Abfertigungsband. Wir müssen Sorgearbeiten aufwerten, besser bezahlen und Rahmenbedingungen schaffen, damit Beschäftigte in diesen Branchen gut und viele Jahre arbeiten können und nicht scharrenweise aus dem Job flüchten.
Dieser Text erschien zunächst als Pro und Contra in der Kleinen Zeitung.