Auch im neuen Jahr bricht die Teuerungswelle nicht. Wer schon voriges Jahr nicht wusste, wie er die steigenden Preise stemmen soll, muss auch heuer vor der nächsten Gasrechnung, der nächsten Mieterhöhung zittern. Entspannt zurücklehnen darf sich, wer ein Unternehmen besitzt. Der Energiekostenzuschuss für Betriebe geht in die nächste Runde: 7 Milliarden Euro macht die Regierung in den Jahren 2022 und 2023 locker, um einen großen Teil der gestiegenen Energiekosten zu ersetzen.
Die Argumente für den enormen Zuschuss stehen auf schwachen Füßen. Deutschland hat mit der Gaspreisbremse vorgelegt. Wollen wir verhindern, dass Österreichs Unternehmen im Wettbewerb zurückfallen, müssen wir nachziehen, heißt es. Die Regierung zäumt aber das Pferd wieder einmal von hinten auf: Nur ein winziger Bruchteil der Unternehmen, die millionenschwere Zuschüsse erhalten werden, steht mit Deutschland im Wettbewerb. Keine Bäckerei in Wien verkauft ihre Semmeln nach Berlin. Für die wenigen Firmen, die tatsächlich deutsche Konkurrenten haben, hätte es bessere Lösungen gegeben: zielgerichtete Zuschüsse für Exporteure, die aktuell eine Investitionsentscheidung zwischen Österreich und Deutschland treffen müssen. Dafür wäre nur ein Bruchteil des Geldes nötig, die Zuschüsse blieben deutlich unter der Milliardengrenze. Vor allem kämen sie auch dort an, wo sie wirklich gebraucht werden. Denn der große Konstruktionsfehler des Energiekostenzuschusses ist folgender: Verluste nachweisen müssen kleine und mittlere Unternehmen nicht. Wie gut das funktioniert, haben wir bei den Corona-Hilfen gesehen. Auch da hat die Regierung weit tiefer in die Taschen gegriffen, als für den Fortbestand der Unternehmen nötig gewesen wäre. Die Folge war eine massive Überförderung. Gekostet hat uns das mindestens eine halbe Milliarde Euro. Mit dem Energiekostenzuschuss ist eine erneute Überförderung programmiert. Zumal die Betriebe gleich doppelt kassieren können: Ob sie gestiegene Energiekosten durch höhere Preise ohnehin bereits an ihre Kunden weitergeben, wird nicht kontrolliert.
Die Zuschüsse der Extraklasse stemmen wir alle, jeder Steuerzahler und jede Steuerzahlerin; letzten Endes auch die Pensionistin, die im Supermarkt einkaufen geht: Mit der Mehrwertsteuer zahlt auch sie den Energiekostenzuschuss für Unternehmen, die ihn nicht brauchen. Die Firmen selbst tragen gleichzeitig immer weniger zum Staatshaushalt bei. Mit Jahresbeginn machte ihnen die Regierung ein gewaltiges Steuergeschenk: Die Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne sinkt, im Jahr darauf noch weiter. Das reißt ein Loch von bald 1 Milliarde Euro in die Staatskasse, jedes Jahr. Geld, das wir mitten in der schlimmsten Teuerungskrise seit Jahrzehnten dringend brauchen. Denn gerade Haushalte hätten eine nachhaltige und zielgerichtete Entlastung bitter nötig. Wie das gehen kann, zeigen andere Länder: Spanien und Frankreich dämpfen die Energie- und Mietkosten mit klug gesetzten Preisbremsen. Auch wir könnten uns das locker leisten, würden wir die Krisenkosten sinnvoll verteilen und Unternehmen ihren fairen Beitrag leisten.
Der Gastkommentar erschien zunächst in der Tageszeitung „Wiener Zeitung“.