Budget 2023

Finanzminister Magnus Brunner präsentiert sein erstes Budget, das Budget 2023. Mitten in der Teuerungskrise, ausgelöst durch einen (Wirtschafts-)Krieg Russlands. Österreich erlebt gerade die größte Verteuerung der Energiepreise seit den 1970ern, doch mit diesem Budgetentwurf stemmt sich die Bundesregierung nur unzureichend dagegen, wie unsere Budgetanalyse zeigt. 

Die Inflation ist eine Umverteilungsmaschine. Allerdings meist in die umgekehrte Richtung: Sie verteilt von unten nach oben um. Viele trifft der Teuerungssturm heftiger als den Durchschnitt. Etwa wenn sie mit Gas oder Öl heizen, oder Mieterhöhungen aufgebrummt bekommen. Ihnen hilft die durchschnittliche Einmalzahlung aus 2022 nicht ausreichend, im kommenden Jahr ist der Effekt dann gänzlich verpufft. Eine Gaspreisbremse wie in Deutschland könnte Abhilfe schaffen, ein Einfrieren der Mieten wie in Spanien oder Portugal ebenso. Die Strompreisbremse ist die einzige bisher beschlossene Maßnahme, die tatsächlich einen Preis in Österreich senkt. Ansonsten setzt die Bundesregierung vor allem auf Einmalzahlungen, etwa 500 Euro Klima- und Anti-Teuerungsbonus für jede:n. Treffsicher ist das nicht.  

Auf der anderen Seite schreiben Energieerzeuger wie Eigentümer von Firmen mit Marktmacht massive Übergewinne. Die Politik hält mit dem Bundesbudget 2023 nicht dagegen. Sie verschlimmert das Problem sogar noch, weil sie den Eigentümern großer Unternehmensvermögen selbst mehr gibt: Ab 2023 sinken die Steuern auf Gewinne der großen Konzerne. Übergewinne greift die Bundesregierung steuerlich gar nicht erst an, von Vermögens- und Erbschaftsteuern ganz zu schweigen. Künftige Energiekostenzuschüsse werden – wie bereits die Corona-Subventionen – wohl zur Überförderung vieler Betriebe führen. Besserverdienende profitieren von der sofortigen Abgeltung der kalten Progression


Zur gesamten Analyse geht es hier:

Ein Budget mit Verteilungsfehlern

In Zeiten hoher Inflation werden also niedrige Einkommen zu wenig unterstützt und gleichzeitig die Reichsten übermäßig entlastet. Das sind die strukturellen Verteilungsfehler im Budget 2023:

Einnahmen

Verteilungsfehler 1: Mitten im Wirtschaftskrieg: Entsolidarisierung durch Steuersenkungen für Besserverdienende und Konzerne

Die Abgeltung der kalten Progression und die geringere Besteuerung von Unternehmensgewinnen schmälert den dringend notwendigen budgetären Spielraum. Gleichzeitig profitieren von diesen Steuersenkungen vor allem Haushalte mit hohen Einkommen und Überreiche. Sie tragen künftig weniger zur Finanzierung wichtiger gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen, wie dem Gasausstieg, bei. Dabei sollte mitten in einem Wirtschaftskrieg die Gesellschaft eigentlich zusammenhalten: Die Teuerung belastet Menschen mit wenig Geld schwer. Selbst der unteren Mittelschicht droht ein herber Kaufkraftverlust, manchen der Rückfall oder der Absturz in die Armut. Der Staat verteilt zwar Geld an sie. Doch mit etwas Verzögerung finanzieren sich die Menschen ihre Entlastung selbst. Denn wohlhabende Menschen und große Unternehmen tragen künftig weniger zum Steuerkuchen bei. 

Verteilungsfehler 2: Österreichs Budget wird finanziell fragiler und weniger krisenfest. Ohne zusätzliche Einnahmen droht künftig eine Kürzung im Sozialstaat.

2022 werden aufgrund der Anti-Teuerungspakete der Regierung Mehrausgaben fällig. Bei vielen dieser Maßnahmen handelt es sich um Einmalzahlungen – deren Effekt im kommenden Jahr verpufft sein wird. Dauerhaft wirken dagegen die (teilweise) Abschaffung der kalten Progression, die Senkung der Körperschaftsteuer und die Wertsicherung bei manchen Sozialleistungen. Diese verringern die jährlichen Einnahmen des Staates und machen das Budget fragiler. Garantierte Einnahmen in guten wie in schlechten Zeiten fallen weg, die Ausgaben bleiben aber. Sparpakete im Sozialstaat, Kürzungen bei Geld- und Sachleistungen für die breite Bevölkerung werden dadurch künftig wahrscheinlicher.

Ausgaben

Verteilungsfehler 3: Preisdeckel für Grundbedürfnisse (Wohnen, Essen, Energie) enthält das Budget nicht. Die eine Ausnahme, die Strompreisbremse, bestätigt die Regel. Gegen steigende Lebenshaltungskosten setzt die Regierung stattdessen auf Einmalzahlungen. Das kann fürs Budget teuer werden.

Gerade Menschen mit wenig Einkommen müssen den Großteil ihres Geldes für Grundbedürfnisse aufwenden. Wohnen, Heizen, Strom und Lebensmittel sind lebensnotwendig, auf sie kann man nicht verzichten. Bisher unterstützt sie die Regierung vor allem mit Einmalzahlungen. Die Strompreisbremse ist die erste Maßnahme, die Preise direkt senkt. Damit Grundbedürfnisse für alle leistbar bleiben, bräuchte es preisdämpfende Maßnahmen auch in anderen Bereichen: Eine Gaspreisbremse nach deutschem Vorbild würde jene Menschen entlasten, die nach wie vor auf Gasheizungen angewiesen sind und keine Möglichkeit zum Heizungstausch haben. Ein zusätzlicher Heizkostendeckel würde auch die Kosten bei anderen Heizmitteln bremsen. Bei den Lebensmitteln könnte man die Mehrwertsteuer auf ausgewählte Grundnahrungsmittel senken, die Mietkosten sollten zur Entlastung von Mieter:innen eingefroren werden. 

Verteilungsfehler 4: Die Überförderung geht 2023 munter weiter. Österreich wird zum Staat von und für Unternehmen.

Nicht nur auf der Einnahmenseite, sondern auch bei den öffentlichen Ausgaben gehören die Unternehmen zu den großen Gewinnern des kommenden Budgets. Bereits in den ersten beiden Pandemiejahren griff ihnen der Staat über die Investitionsprämie und die Corona-Hilfen kräftig unter die Arme. Nun folgt mit dem Energiekostenzuschuss der nächste gewichtige Ausgabenposten. Abermals kommt dabei die Gießkanne zum Einsatz, denn wie schon bei den Corona-Hilfen, werden Zuschüsse unabhängig davon ausbezahlt, ob ein Unternehmen profitabel wirtschaftet oder nicht. So wird abermals der Überförderung die Tür geöffnet. Die reale Gefahr, ähnlich wie bei den Corona-Hilfen: Es wird viel Geld an Unternehmen verteilt, die ihre Preise erhöhen können und Gewinne schreiben.

Langfristig

Verteilungsfehler 5: Wie das Dogma „Keine neuen Steuern“ Österreichs Budget laufend schädigt. Höhere Schulden sind das Ergebnis.

Die Ausgaben steigen, weil es notwendig ist. Ein unterfinanziertes Bundesheer will in Zeiten des Ukraine-Krieges mehr Geld. Steigende Lebenserwartung heißt, dass Pensionen, Gesundheitsleistungen und Pflege mehr Geld brauchen. Auch der Klimaschutz – etwa der Ausbau des öffentlichen Verkehrs – benötigt Geld. All diese Aufgaben kann die Gesellschaft nur gemeinsam stemmen. Dafür braucht es Einnahmen im staatlichen Budget. Die einzige Erhöhung der Einnahmen: Die CO2-Steuer. Dabei hat Österreich seit Jahren ein Einnahmenproblem – und zwar bei deren Zusammensetzung. Drei Viertel des staatlichen Budgets werden durch Abgaben auf Arbeit und den allgemeinen Konsum finanziert. Auf Erbschafts-, Vermögens-, oder Übergewinnsteuer verzichten wir weiterhin. Auch die Körperschaftsteuer sinkt in den nächsten zwei Jahren um jeweils einen Prozentpunkt. So fehlt künftig Geld für wichtige Aufgaben. Bei einer Rückkehr zu den europäischen Schuldenregeln drohen Ausgabenkürzungen. Gerade im Gesundheits-, Sozial-, Bildungs-, oder Umweltbereich wären diese katastrophal.  

Verteilungsfehler 6: Langfristige Probleme bleiben ungelöst: Pflege, Bildung, Gesundheit, Klima, Gender-Budgeting

Vor lauter akuter Krisenbekämpfung vergisst die Politik viele langfristige Probleme. Das fällt uns nun immer mehr auf den Kopf. Pflege, Kinderbetreuung, Bildung, ausreichende Versorgung mit Ärzt:innen, Spitälern, und Gesundheitsdienstleistungen. Vieles davon ist Aufgabe der Länder und Gemeinden. Doch ohne ausreichende Einnahmen können sie den Ausbau der sozialen Sachleistungen nicht selbst stemmen. Eine Gesellschaft mit steigender Lebenserwartung braucht aber deutlich mehr Geld für ihre älteren Mitglieder – Gesundheit, Pflege und Pensionen finanzieren sich nicht von selbst. Weil man bisher zu knapp kalkuliert hat, kehren immer mehr Beschäftigte den essenziellen Bereichen der Daseinsvorsorge den Rücken zu. Zu anstrengenden Jobs kommen fehlende Personalplanstellen, teils schlechte Organisation und zu geringe Löhne. Lediglich im Pflegebereich gibt es nun mehr Geld, ein guter Schritt in die richtige Richtung, auch wenn er nicht der letzte sein kann. Der große Wurf in den meisten anderen Bereichen steht aber noch aus. Im Umwelt- und Klimabereich gibt es nun zwar deutlich mehr Geld. Das allein ist aber nicht genug, um unser CO2-Budget einzuhalten. Wichtige Gesetze, wie das Klimaschutz- oder das Energieeffizienzgesetz müssen zügig beschlossen werden, damit zusätzliche Gelder gezielt und koordiniert eingesetzt werden können. Was außerdem erneut fehlt, ist ein umfassendes Gender-Budgeting – Frauen stehen abermals weit abseits vom Zentrum der Budgetpolitik.

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