…das gehört zu ihren Pflichten? Der Muttertag soll symbolisch sichtbar machen, was Frauen das ganze Jahr für die Familien leisten. Diese Woche haben sie aber gleich doppelt Grund zum Feiern. Denn seit dieser Woche werden Frauen endlich für ihre Arbeit bezahlt.
Mit der Geburt eines Kindes ändert sich alles, sagt man. Für Mann ändert sich aber wenig; eigentlich ändert sich vor allem für die Mutter etwas. Nur sie steigt gleichzeitig mit dem Kreißsaal in eine Zeitmaschine und kommt in den 50er-Jahren wieder raus.
Zum Kinderkriegen gehören zwar zwei, zum Kinder haben offenbar nicht mehr unbedingt so. Männer bleiben kaum zuhause, allen Kampagnen für Gleichberechtigung zum Trotz: Nur ein Prozent der Männer geht länger als sechs Monate in Karenz. Der Großteil von denen, die überhaupt gehen, gehen drei Monate oder kürzer. Im Schnitt sind 96 Prozent der Eltern, die gerade in Karenz sind – Frauen. Seit Corona sinkt die Beteiligung der Väter sogar, zeigt der Wiedereinstiegsmonitor der Arbeiterkammer Wien. Es ginge anders: Überall dort, wo die Karenzzeit verpflichtend auf beide Eltern aufgeteilt wird (da sonst der Anspruch verfällt), beteiligen sich mehr Papas an der Kleinkindbetreuung. Und dann fällt auch die Lohnlücke kleiner aus. Frankreich und Island hüpfen uns das vor.
In Österreich arbeiten Frauen sogar mehr Stunden als Männer. Blöd nur: Sie werden für weniger Stunden bezahlt. Mama kocht, putzt, wäscht, füttert und wickelt mehr als der Papa. Logisch, dass sie damit auch deutlich weniger Zeit hat, um sich zu erholen. Das Momentum Institut hat die Zahlen unter die Lupe genommen. Der Freizeit-Gap liegt bei zehn Prozent – Männer haben zehn Prozent mehr Freizeit als Frauen. Die Statistik Austria erhebt in schöner Regelmäßigkeit, dass sich daran kaum etwas ändert. Frauen haben statistisch am meisten Freizeit, wenn sie alleine leben. Männer, wenn sie in einer Paarbeziehung sind. Vom Hotel Mama direkt ins Hotel Gattin. Im Schnitt bedeutet das: Frauen zwischen 20 und 39 haben jeden Tag eine Stunde weniger Freizeit als gleichaltrige Männer. Frauen sind fast nie alleine: Siebeneinhalb Stunden am Tag ist bei der durchschnittlichen österreichischen Mama ein Kind dabei, beim durchschnittlichen Papa nur viereinhalb Stunden.
In Österreich sieht man deshalb am Lohnzettel, ob eine Frau ein Kind hat. Noch zehn Jahre nach der Geburt verdient sie im Schnitt nur mehr halb so viel wie vor der Geburt. Jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit. Wer will, dass Frauen einer bezahlten Arbeit nachgehen können, muss ihnen Kindergärten bauen und sie kostenfrei ganztägig anbieten. Zum Vergleich: In Wien sind sieben von zehn Kinderbetreuungsplätzen mit einer Vollzeitarbeit für beide Eltern vereinbar. Deshalb ist die Teilzeitquote in Wien am niedrigsten und die Lohnlücke ist nur halb so groß wie im Österreich-Schnitt. In Oberösterreich sind nur 14 Prozent der Kinderbetreuungsplätze vollzeitfähig. Und folgerichtig ist die Teilzeitquote bei berufstätigen Frauen mit am höchsten.
Vor allem deshalb feiern wir diese Woche nicht nur den Muttertag, sondern auch den echten Equal Pay Day. Also den Tag, bis zu dem Frauen gratis gearbeitet haben – wenn man die Teilzeit bei der Lohnlücke nicht herausrechnet. Was dem Leben der Frauen deutlich mehr entspricht: Bei der Berechnung der Pension rechnen wir die 15 oder 20 Jahre, die sie sich um Kinder oder ältere Menschen kümmern, auch nicht heraus. Die Rechnung dafür bezahlen sie dann mit einer lächerlich kleinen Alterspension.
Wie passt mit alldem zusammen, dass die Frauenministerin jüngst vermeldet hat, Österreich gebe am meisten für die individuelle Kinderbetreuung und Karenz aus. Ein Blick auf die EU-Studie zeigt: Österreich investiert in Summe den höchsten Anteil – aber ein ordentlicher Batzen davon sind Steuerbefreiungen, die nur Top-Verdienenden helfen. Nimmt man nur die Geldleistungen, landet Österreich in der Studie nur mehr auf Platz 8.
In Frankreich, Schweden oder Dänemark sinken die kinderbetreuungsspezifischen Leistungen mit dem Einkommen – ist ja auch logisch. Aber in Österreich steigen die reichsten zehn Prozent am besten aus.
Sieht man sich die Ausgaben für Kinderbetreuungsplätze an, wird es düster. Eine Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung zeigt, dass die Sachleistungen zu den geringsten in Europa gehören. Und bei den Ausgaben für frühkindliche Betreuung liegt Österreich überhaupt mit Portugal, Griechenland und Irland ganz am Ende der Skala.
Österreich hätte genug Geld für eine hochwertige und – wenn gewünscht– ganztägige Kinderbetreuung. Schluss mit den Steuerzuckerln für Gut- und Bestverdiener, verwenden wir das Geld lieber für gute und genügend Betreuungsplätze. Das wäre doch mal ein gutes Geschenk für die Mütter in Österreich. Zum Muttertag und für die 364 anderen Tage im Jahr.
Dieser Text erschien zunächst als Kolumne beim Profil.