weltfrauentag
/ 7. März 2022

Am 8. März ist Weltfrauentag. An diesem Tag soll an die nach wie vor herrschende Diskriminierung, Ungleichstellung, -berechtigung und -bezahlung von Frauen erinnert werden. Vor allem die Corona-Pandemie und die Lockdowns – der erste ist fast auf den Tag genau zwei Jahre her - hat die Situation für viele Frauen und Mütter besonders verschärft.

Frauen & die Teilzeit-Falle

Von allen erwerbstätigen Personen in Österreich sind 47 Prozent weiblich und 53 Prozent männlich. Die Verteilung der Erwerbsbeteiligung zwischen den Geschlechtern ist also relativ gleich. Trotzdem erhalten Frauen nur 4 von 10 Lohnkuchen-Stücken: die Anteile der Bruttobezüge an der Gesamtlohnsumme sind nämlich nicht gleichmäßig zwischen den Geschlechtern verteilt. 63 Prozent der Bruttobezüge werden an Männer ausgezahlt, während Frauen nur 37 Prozent beziehen.

Mitunter Grund dafür ist die hohe weibliche Teilzeitquote. Diese beträgt im Jahr 2020 satte 47 Prozent, während nur 10 Prozent der Männer Teilzeit-beschäftigt sind. Mit dieser hohen Teilzeitquote bei Frauen lande Österreich im EU-Vergleich auf Platz 3. Noch höhere Frauen-Teilzeitquoten gibt es nur in Deutschland mit 48 Prozent und absoluter Spitzenreiter sind die Niederlande mit 76 Prozent weiblicher Teilzeit-Erwerbstätigkeit. Österreich liegt mit diesem Stockerlplatz weit über dem EU27-Durchschnitt von 30 Prozent Frauenteilzeitquote.

Mitunter ein Grund für diese hohe weibliche Teilzeitquote in Österreich sind Kinderbetreuungspflichten, die zum Großteil von Frauen und Müttern übernommen werden. Bei den Gründen für eine Teilzeitbeschäftigung geben 38,5 Prozent der Frauen Kinderbetreuungspflichten an, während Männer nur in rund 6 Prozent der Fälle wegen Kinderbetreuung einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen.

Stichwort Kinderbetreuung: In Österreich haben nur knapp 4 von 10 Kindergärten (38 Prozent) länger als 10 Stunden geöffnet - ungefähr das tägliche Zeitfenster, das Eltern brauchen, um einer Vollzeitbeschäftigung inklusive Wegzeit nachgehen zu können. In Wien sind 71 Prozent der Kindergärten länger als 10 Stunden geöffnet, in Oberösterreich nur 14 Prozent. Außerhalb der Stadt Wien haben nur 2 von 10 Einrichtungen lang genug offen, um Vollzeit arbeiten zu können. Das bedeutet, dass außerhalb Wiens nur jeder 5. Kindergartenplatz mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar ist.

Frauen & Corona

Kinderbetreuung war auch in Zeiten der Corona-Pandemie ein bedeutendes Thema. Der Löwenanteil der Betreuungspflichten während der Schul- und Kindergartenschließungen durch die Lockdowns wurde von Frauen und vor allem von Müttern übernommen. Das zeigt eine Auswertung des Austrian Corona Panel Projekts, das verschiedene Wellen der Corona-Pandemie umfasst. Während Väter im Schnitt täglich 3 Stunden mit Kinderbetreuung verbrachten, waren es bei Müttern 7 Stunden täglich. Sie waren auch mit knapp 3 Stunden im Schnitt doppelt so lang mit unbezahlter Hausarbeit beschäftigt im Vergleich zu Vätern. Beim Durchschnitt der täglich aufgewendeten Zeit für Erwerbsarbeit verhält es sich genau umgekehrt: Väter gingen knapp 7 Stunden täglich ihrer Erwerbsarbeit nach, bei Müttern waren es nur 3 Stunden im Schnitt. Während Väter also der Erwerbsarbeit nachgingen, wendeten Mütter die gleiche Zeit für Kinderbetreuung auf.

Zwar reduzierten sowohl Frauen als auch Männer ihre Erwerbsarbeitszeit als die Corona-Pandemie ausbrach und der erste Lockdown kam, aber Mütter reduzierten ihre Erwerbsarbeitszeit stärker als Väter. Bei Männern zeigt die Auswertung der Daten, dass es keinen eindeutigen Unterschied zwischen Männern mit und Männern ohne Kind zu geben scheint – die Kurven der wöchentlichen Arbeitsstunden verlaufen sehr ähnlich – unabhängig vom Elternschaftstatus. Bei Frauen sieht es anders aus. Frauen mit Kind hatten nicht nur ein niedrigeres Ausgangslevel an wöchentlich geleisteten Arbeitsstunden im Vergleich zu Frauen ohne Kind – sie reduzierten ihre Arbeitszeiten auch stärker.

Die Kinderbetreuung, die größtenteils von Frauen und Müttern übernommen wurde, blieb unbezahlt. Das war auch schon vor der Corona-Pandemie der Fall: unbezahlt blieben jegliche Care-Arbeitstätigkeiten wie Kinderbetreuung, Pflege und Betreuung von Angehörigen und Haushaltstätigkeiten. Wäre all die unbezahlte Arbeit, die während der Corona-Pandemie geleistet wurde in der Gesamtwertschöpfung erfasst, würde das ungefähr 44 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung entsprechen. Anteilsmäßig leisteten Frauen mit 60 Prozent den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit. 108 Milliarden Euro, die Frauen aber nicht bezahlt wurden – das würde rund 27 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung entsprechen. Die unbezahlte Care-Arbeit der Männer beläuft sich auf knapp 70 Milliarden Euro, was ungefähr 17 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht.

Schnell wird deutlich: Frauen und insbesondere Mütter sind die Verliererinnen der Corona-Krise. Während sie den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit, der Kinderbetreuung übernahmen – in vielen Fällen deshalb auch ihre Erwerbsarbeitszeit reduzierten – mussten sie dadurch auch enorme Einkommenseinbußen in Kauf nehmen. Das wirkt sich auf das potenzielle Lebenseinkommen aus. Zwar schrumpft durch die Corona-Krise das Lebenseinkommen beider Geschlechter, doch das der Frauen stärker. Der Lebenseinkommensverlust durch die Corona-Krise beläuft sich bei Vätern auf rund 3.600 Euro – bei Frauen sind es rund 7.600 Euro Verlust. Das heißt, der Corona-bedingte Gender Pay Gap bei den Lebenseinkommen beläuft sich auf satte 446.000 Euro, um die Frauen weniger bekommen.

Vor allem durch die Lockdown-Schließungen und Arbeitszeitreduktionen steigen Mütter schlechter aus: für sie bedeuten die wiederholten Schließungen rund 1,2 Milliarden Euro mehr an Lebenseinkommensverlust als für Väter.

Frauen & Politik

Damit sich etwas ändert braucht es treffsichere Maßnahmen seitens der Politik. Diese ist allerdings sowohl auf kleineren als auch auf größeren Ebenen hauptsächlich männlich aufgestellt, Frauen bleiben unterrepräsentiert. Beispielsweise gibt es in Österreich noch immer nur knapp 10 Prozent weiblich besetzte Bürgermeister:innen-Posten. Niederösterreich stellt mit 13 Prozent Bürgermeisterinnen den Spitzenreiter, Tirol ist das Bundesland-Schlusslicht mit nur 6 Prozent Frauenanteil unter Bürgermeister:innen und Wien hatte überhaupt noch nie eine Bürgermeisterin.

Je kleiner außerdem die politische Einheit, desto niedriger wird der Frauenanteil. Im Vergleich mit dem EU27-Schnitt ist Österreich vor allem auf kleineren, regionaleren Ebenen schlechter aufgestellt. Während Österreich im EU-Parlament und im nationalen Parlament Frauenanteile von rund 40 Prozent erreicht, dünnt sich der Frauenanteil auf Gemeindeebene und in Bürgermeister:innen-Ämtern aus.

Auch in der Unternehmenswelt – besonders in Führungspositionen - sind Frauen sehr schlecht vertreten. Nur 5 Prozent der CEOs in österreichischen börsenotierten Unternehmen sind Frauen. Der EU27-Durchschnitt liegt hier bei 8 Prozent.

Im Zeitverlauf betrachtet hat sich in den letzten zehn Jahren wenig am Frauenanteil in der Politik verbessert. Der Frauenanteil in europäischem und österreichischem Parlament hat noch nie die 50 Prozent-Marke überschritten. Vor allem auf Gemeindeebene und bei weiblicher Bürgermeister:innen-Besetzung herrscht Stillstand.

Von Gleichstellung, Gleichbezahlung oder Gleichberechtigung von Frauen gegenüber Männern kann also in den meisten Bereichen noch nicht gesprochen werden – im Gegenteil: Österreich hinkt in vielen Hinsichten hinten nach, etwa beim Kinderbetreuungsangebot, bei gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit und aber auch bei der weiblichen Repräsentation auf politischen Ebenen.

 

Das Momentum Institut empfiehlt daher:

  • Sicherstellung von flächendeckenden, umfassenden und kostenlosen Kinderbetreuungsmöglichkeiten
  • verpflichtende Väterkarenz
  • Ausbau der öffentlichen Beschäftigung in systemrelevanten und gesamtwirtschaftlich sinnvollen Bereichen bei einem Mindestlohn von EUR 1.800 brutto
  • höhere Bewertung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten
  • starke Erhöhung einer von Familienstand und Partner:inneneinkommen unabhängige Ausgleichszulage
  • mehr Gehaltstransparenz und Verbot von ungleicher Bezahlung für dieselbe Tätigkeit
  • gerechtere Verteilung der Arbeitszeit: Einführung einer 30-Stunden-Woche

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