
Am Freitag präsentiert die Bundesregierung eine Reform hinsichtlich der Stromversorgung. In der Reform sind vier sinnvolle Maßnahmen zu verorten, um einen stärkeren Anstieg der Strompreise zu bremsen. Nachhaltig sinken werden die Strompreise durch die Reform jedoch nicht. Auch Übergewinne der Stromkonzerne wird es weiterhin geben. Es wäre empfehlenswert, die Reform noch nachzuschärfen.
Positiv hervorzuheben ist der Sozialtarif für Haushalte, der jenen mit niedrigem Einkommen vergünstigten Strom bis zu einem Durchschnittsverbrauch ermöglicht. Er wird ärmere Haushalten bei der Bewältigung der Stromrechnungen etwas entlasten.
Verbraucher:innen bezahlen aktuell 94 Prozent der Netzkosten, während die Stromproduzenten mit gerade einmal 6 Prozent nur einen verschwindend kleinen Anteil bezahlen. Stromerzeuger tragen nur einen Bruchteil der Netzkosten, sind aber auf die Stromleitungen zu ihrer Kundschaft angewiesen, ansonsten können sie erst gar keinen Strom verkaufen.
Diesen langjährigen Missstand will die Bundesregierung korrigieren, indem sie die Erzeuger auch an den Netzkosten beteiligt. Die ungleiche Verteilung wird vor allem in den kommenden Jahren zum Problem, weil die notwendige Umstellung auf erneuerbare Energie einen Ausbau des Stromnetzes mit sich bringt. Die Netzentgelte sind im vergangenen Jahr schon um bis zu 32 Prozent gestiegen. In den nächsten Jahren werden sie weiter steigen. Die Erzeuger an den Netzkosten zu beteiligen, sollte die Regierung durch die Reform unbedingt umsetzen. Kleine Photovoltaik-Betreiber auf Haushaltsebene kann die Politik davon ausnehmen, für ihren individuellen Beitrag zur Energiewende sollten sie nicht bestraft werden. Dass die großen Konzerne bei den Stromnetzen angemessen mitzahlen, ist aber zentral. Realistischerweise werden die Rechnungen der Kundschaft für die Netzentgelte dennoch steigen, die Reform bremst den Preisanstieg lediglich ab.
Die Bundesregierung strebt einen Krisenmechanismus an, der hohe Strompreise verhindern soll. Sie verhandelt jedoch keine Reform der Merit-Order für Österreich. Damit werden überhöhte Strompreise der Stromerzeuger bei gleichzeitigen Übergewinnen der Stromkonzerne weiterhin Realität bleiben. Die Strompreise waren nicht nur 2022/23 in Krisenzeiten zu hoch. Sie sind immer noch höher als vor der Krise. Dafür braucht es tiefergehende Reformen als von der Regierung nun vorgelegt.
Alle großen staatlichen Stromkonzerne sollen einen gemeinwirtschaftlichen bzw. gemeinnützigen Auftrag erhalten, nach dem Vorbild der TIWAG in Tirol. Zu begrüßen ist, dass die Gemeinnützigkeit statt der Profitmaximierung wieder Vorrang erhalten soll. Ob und wie sehr sich dieser Auftrag an die Vorstände tatsächlich dann in niedrigeren Strompreisen niederschlägt, wird sich erst in der Praxis beweisen. Um garantiert die Strompreise zu senken, sollte zusätzlich der Verbund in eine Genossenschaft umgegründet werden. Eine Genossenschaft kann und muss die Vorteile aus ihrer Tätigkeit an ihre Mitglieder weitergeben. Das Ergebnis einer Verbund-Genossenschaft wären niedrigere Strompreise, nicht maximale Gewinne wie in der Aktiengesellschaft derzeit der Fall.
Kritisch zu sehen ist weiters, dass die Klagsmöglichkeit der Konsument:innen gegen unlautere Preisänderungen wegfallen sollen. Wenn gesetzliche Preisänderungen private Verträge ersetzen, können sich die Konsument:innen über Sammelklagen ihr Geld nicht mehr zurückholen. Ebenfalls fehlt eine Gehalts-Obergrenze für die Vorstandsmitglieder der größtenteils staatlichen Stromkonzerne, die bis zu 1,8 Millionen Euro betragen (Verbund Vorstandsvorsitzender). Deren Gehälter sollten mit dem Gehalt des Bundeskanzlers begrenzt werden.