Wohlstand für alle kommt billiger als gedacht

(c) Vonecia Carswell

/ 17. Februar 2022

Der österreichische Sozialstaat rettet Hunderttausende Menschen aus der Armut, aber nicht alle. Rund 18 Prozent der Bevölkerung sind armutsgefährdet bzw. leben in Armut. Wie kann das sein? Die Ausgleichszulage für Mindestpensionist:innen, die Mindestsicherung und das Arbeitslosengeld sind die wichtigsten sozialen Auffangnetze unseres Sozialsystems – aber sie sind noch ein großes Stück davon entfernt, zur Gänze vor Armut zu schützen. Viele Haushalte leben trotz Sozialleistungen unter der Armutsgefährdungsschwelle.

Ziel: Alle Haushalte über Armutsgefährdungsschwelle heben

Ein Zwischenziel auf dem Weg, die Sozialleistungen armutsfest zu machen, wäre dann erreicht, wenn sie die Armutsgefährdungsschwelle erreichen. Für alleinstehende Mindestpensionist:innen fehlen dafür noch rund 190 Euro. Für Bezieher:innen der Sozialhilfe oder eines durchschnittlichen Arbeitslosengelds sogar über 350 Euro.

In den letzten Jahren näherten sich ein Teil der Sozialleistungen langsam der Armutsgefährdungsschwelle an. Die Mindestpension und auch die Mindestsicherung hat die Bundesregierung stärker erhöht als vorgesehen. Für Arbeitslose gilt das allerdings nicht, obwohl Arbeitslosigkeit und vor allem auch Langzeitarbeitslosigkeit ein Hauptgrund für das Abrutschen in Armut sind.

Wie viel würde es kosten, alle Haushalte aus der Armut zu holen?

Höhere Sozialleistungen bedeuten auch höhere Ausgaben für den Staatshaushalt. Aber wie viel Geld müsste man eigentlich jährlich zusätzlich in die Hand nehmen, um alle in Österreich lebenden Menschen über die Armutsgefährdungsschwelle zu heben? Laut EU-SILC, der "EU-Survey on Income and Living Conditions", liegt das Medianeinkommen der armutsgefährdeten Haushalte in Österreich rund EUR 3.600 pro Jahr unter der Armutsgefährdungsschwelle, wobei diese Zahl für Einpersonenhaushalte gilt. Bei Mehrpersonenhaushalten ist die Zahl entsprechend größer. Diese Zahl nennt man auch Armutsgefährdungslücke. Insgesamt beträgt diese Lücke für alle armutsgefährdeten Haushalte in Österreich rund EUR 4,2 Mrd., oder rund 1 % des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Der Staat müsste also pro Jahr diese Summe in die Hand nehmen, um die Armutsgefährdungslücke komplett zu schließen. Die Staatsausgaben würden dadurch um 1,9 % steigen. Diese Zahl stellt allerdings eine Obergrenze dar. Denn durch das höhere Einkommen hätten die betroffenen Haushalte auch mehr Geld für Konsum zur Verfügung. Damit steigen auch die Steuereinnahmen des Staates wieder an. Im ersten Jahr wären dies bereits rund EUR 900.000.

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