Supermarkt als Symbolbild für Mehrwertsteuersenkung
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  Alexander Huber
/ 1. August 2022

Bei Sozialmärkten wird die Ware knapp. Sie verzeichnen einen stetigen Zuwachs an Kund:innen, die Menschen stehen zum Teil sogar vor den Türen Schlange. Immer mehr Leute bekommen die Teuerung mittlerweile derart zu spüren, dass sich das tägliche Leben nicht mehr finanzieren lässt. Die Inflation erreicht laut Schnellschätzung der Statistik Austria mit 9,2 Prozent im Juli ein neues Rekordhoch. Und sie schlägt sich mittlerweile auch auf die Preise in den Supermarktregalen durch: Im Juni gingen bereits 15 Prozent der Inflation auf die gestiegenen Lebensmittelpreise zurück.

Preise senken, Preise deckeln

Menschen mit geringen Einkommen trifft die Inflation am härtesten. Sie müssen den Großteil ihres Einkommens in Grundbedürfnisse stecken, wo die Preise am stärksten steigen. Ausweichen können sie der Teuerung nicht – Brot und Milch muss man immerhin auch kaufen, wenn die Preise explodieren. Und das tun sie: Aktuell sind Lebensmittel um 11,4 Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Gestiegen sind sie vor allem wegen der hohen Weltmarktpreise bei Rohstoffen und Futtermitteln. Lieferketten-Probleme, der Ukraine-Krieg und teurere Produktions- und Transportkosten aufgrund der hohen Energie- und Treibstoffpreise kommen dazu. Besonders schnell nach oben schossen zuletzt die Preise für Mehl, Milch und Butter.

„Denkverbote“ in Sachen Entlastung dürfe es zwar keine mehr geben, beteuert selbst Bundeskanzler Nehammer. Zu sehen ist davon aber bisher noch nichts: Die Regierung entlastet vor allem mit Einmalzahlungen, die schnell wieder versickern. Gesenkt wurde kein einziger Preis. Möglichkeiten dafür gäbe es genug: Für Grundnahrungsmittel könnte man die Mehrwertsteuer aussetzen. Dass hier die berüchtigte „Gießkanne“ zur Anwendung käme, stimmt nur bedingt. Denn Ausgaben für Lebensmittel sind vor allem im Budget ärmerer Haushalte relevant. Fast ein Fünftel des Einkommens geht bei den ärmsten 20 Prozent der Menschen dafür monatlich drauf. Streicht man die Mehrwertsteuer bei jenen Lebensmitteln, die Haushalte mit wenig Geld tatsächlich kaufen, kommt die Entlastung noch besser bei ihnen an: Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln und Milch, aber auch günstigeres Tiefkühlgemüse statt frischem, teurem Obst und Gemüse. Selektiv ausgestaltet bleiben so den Ärmsten im Land zumindest 50 Euro mehr im Jahr. Gleichzeitig könnte man für bestimmte Produkte – etwa ein halbes Kilo Mischbrot – Höchstpreise festlegen.

Steuersenkung muss auch im Supermarktregal ankommen

Häufiges Totschlagargument: Mehrwertsteuersenkungen streifen sich sowieso die Lebensmittelkonzerne ein, bei den Konsument:innen kommen sie nicht an. Genau das verhindert in Österreich ein entsprechender Paragraf im Preisgesetz – eine Steuersenkung muss sich auch im Endpreis niederschlagen. Nur wurde der Paragraf bei der temporären Mehrwertsteuersenkung in Gastronomie und Hotellerie während Corona außer Kraft gesetzt. Das hatte zur Folge, dass die Konsument:innen von der Maßnahme tatsächlich nichts zu spüren bekamen.

Gerade im Bereich der Grundbedürfnisse – bei Lebensmitteln, beim Wohnen und bei der Energie – sollte die Politik nicht länger zusehen, wie die Märkte verrückt spielen. Staatliche Markteingriffe in Krisenzeiten sind keine neue Erfindung, sondern haben sich bereits in der Vergangenheit bewährt. Wer die Ärmsten der Gesellschaft schützen will, sollte die ideologischen Scheuklappen ablegen. Im Kampf gegen die Teuerung ist ein Aufheben der „Denkverbote“ gut, ein Aufheben der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel wäre noch besser.

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

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