Der Weltspartag soll daran erinnern, dass Sparen eine gute Idee ist. Doch von den aktuell hohen Zinsen profitieren vor allem die Banken – und die Kund:innen nur mit großer Verzögerung.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen in einem Rekordtempo nach oben gezogen, um die Teuerung zu bekämpfen. Doch die höheren Zinsen kamen am Sparbuch nur langsam und verspätet an. Ganz anders sieht es jedoch bei jenen aus, die variable Kredite aufgenommen haben: Ihre Kreditzinsen stiegen über Nacht im Eiltempo.
Die Zins-Schere, also die Lücke zwischen Einlagezinsen und Kreditzinsen, klafft weiter auseinander als noch vor einem Jahr. Während die Differenz im Januar 2022 – vor der Zinswende – bei 1,7 Prozentpunkten lag, beträgt sie heute bereits 2,4 Prozentpunkte.
Zudem lagern österreichische Banken jede Menge Geld bei der EZB und erhalten dafür hohe Zinsen. Für die gleiche Summe auf den heimischen Kundenkonten zahlen sie aber deutlich weniger Zinsen aus. Während des letzten großen Zinsanstiegs zwischen 2005 und 2008 gaben die Banken etwa ein Drittel der Zinserhöhung für täglich fällige Einlagen an ihre Kundschaft weiter. Heute sind es nur noch 16 Prozent. Der Rest bleibt bei den Banken.
Diese Praxis beschert den Banken Rekordgewinne, die von den Sparenden und Kreditnehmenden finanziert werden. Sie sind aber auch auf Kosten der Bevölkerung. Denn Zinsgewinne der Banken fallen als Verlust bei der Nationalbank an. Dort bedeuten rote Zahlen keine Ausschüttung an die Republik. Geld, das dann wiederum für Ausgaben für die Kinderbetreuung oder Pensionen fehlt. Allein im letzten Jahr erzielten hiesige Banken Übergewinne von 1,8 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Ein Blick in die Halbjahreszahlen 2024 zeigt: Die Gewinne im Vergleich zum Vorjahr wachsen kräftig weiter. Und mit ihnen steigen auch die Ausschüttungen an Aktionäre. So erhöhte die Erste Bank Gruppe ihre Gewinnausschüttung von 817 Millionen auf 1.138 Millionen Euro – ein sattes Plus von knapp 40 Prozent.
Bisher blieb die Politik in Österreich bei dieser Entwicklung passiv. Historisch betrachtet, ist das ungewöhnlich. Selbst die marktorientierte britische Premierministerin Margaret Thatcher führte in den 1980er-Jahren eine Sondersteuer auf Zufallsgewinne der Banken ein. Ihre Begründung: Die Banken verdienten ihre Gewinne durch die hohen Zinsen, nicht durch bessere Dienstleistungen oder höhere Effizienz.
Höchste Zeit für Maßnahmen, die das Sparen für alle wieder attraktiver machen. Frankreich zeigt, wie das funktioniert: Dort gibt es ein Volkssparbuch, auf das die meisten Franzosen ihr Erspartes einzahlen. Bis zu einer Summe von 10.000 Euro bekommen sie rund vier Prozent Zinsen. Das Geld bleibt dabei jederzeit verfügbar. Der Zinssatz ist staatlich festgelegt, und nur Personen mit kleinem oder mittlerem Einkommen haben Anspruch darauf. Auf Österreich übertragen könnte ein ähnliches Modell rund einem Drittel der Bevölkerung ein Volkssparbuch ermöglichen. Vor allem die untere Mittelschicht würde von garantierten Zinsen profitieren und hätte endlich eine Chance auf faire Erträge für ihr hart Erspartes.
Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar im Kurier.