
Österreich arbeitet jährlich fast doppelt so viele Stunden unbezahlt wie bezahlt – mehr als in allen Wirtschaftssektoren zusammen. Die Wertschöpfung unbezahlter Arbeit beträgt 100 Milliarden Euro. Zwei Drittel dieser Arbeit stemmen Frauen – sie tragen damit stärker zur Wirtschaftsleistung bei als Männer. Frauen arbeiten mit 9,3 Milliarden Stunden bezahlt und unbezahlt insgesamt mehr als es die Männer mit 8,5 Milliarden Stunden tun. Nur werden Frauen ihre geleisteten Stunden deutlich seltener bezahlt und das hat einen hohen Preis.
Weil Frauen so viel Zeit mit unbezahlter Arbeit verbringen, fehlt sie für bezahlte Jobs. Die Folge: Einkommensverluste von 28.000 Euro pro Jahr. Außerdem arbeiten sie häufiger in Teilzeit, auch dadurch bekommen sie weniger Gehalt – Frauen bekommen im Schnitt immer noch um 34 Prozent weniger als Männer. Während Männer etwa zwei Drittel ihrer Arbeitszeit in bezahlter Erwerbsarbeit verbringen, sind es bei Frauen nur 40 Prozent. Das führt dann später zu mickrigen Pensionen. Die geschlechtsspezifische Pensionslücke beträgt 40 Prozent – die durchschnittliche Frauenpension liegt fast 200 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle und knapp jede zweite alleinlebende Pensionistin lebt in Armut.
Ohne die unbezahlte Arbeit von Frauen würde die Gesellschaft nicht funktionieren. Dennoch fehlt jede ernsthafte Strategie, um diese Arbeit fairer zu verteilen. Dabei kann die Regierung zentrale Hebel in Bewegung setzen: Die Kinderbetreuung muss ausgebaut werden. Wer kostenlose, ganztägige Kinderbetreuung anbietet, schafft echte Wahlfreiheit – außerhalb von Wien ist nur jeder vierte Kindergartenplatz mit Vollzeitarbeit vereinbar. Weiters müssen wir Arbeitszeit neu denken. Mama schupft die Kinder und den Haushalt und Papa schafft das Geld ran ist das 50er-Jahre Modell und längst überholt. Ein Rechtsanspruch auf kürzere Vollzeit (30–35 Stunden) würde helfen, bezahlte und unbezahlte Arbeit fairer aufzuteilen. Außerdem reduzieren mehr Gehaltstransparenz und höhere Mindestlöhne die Lohnlücke und machen ungleiche Bezahlung sichtbar.
Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Tiroler Tageszeitung.