Klimakrise: Hochwasser, Waldbrände und andere extreme Wetterphänomene werden die Folge der Klimaerhitzung sein

Foto: Hermann Traub/Pixabay

Wir stehen am Anfang einer Klimakrise, die zur Katastrophe werden könnte. Hier findest du die wichtigsten Gründe für Kritik und Hoffnung im Kampf um unseren Planeten.

Ein Energiespartarif für die Strompreisbremse

Das Foto zeigt eine Fahrradbremse, symbolisch für eine ökologische Strompreisbremse.

Das Momentum Institut legt einen Vorschlag für die Ausgestaltung der Strompreisbremse vor. Mit sozialer Staffelung bringt die Strompreisbremse ärmeren Haushalten mehr Geld als einkommensstärkeren Haushalten. Weniger „preisgebremst“ werden die Ausgaben für Strom bei Haushalten mit überdurchschnittlichem Stromverbrauch und ausreichend Einkommen. Das erzeugt bei wohlhabenden Haushalten einen stärkeren finanziellen Anreiz zum Energiesparen. Die Sparanreize kommen so dort an, wo sie gebraucht werden, während der Grundverbrauch günstig bleibt. 

Strompreisbremse mit Energiespartarif

Die Regierung möchte die Strompreise mittels Preisbremse deckeln. Dazu soll ein Grundbedarf an Strom vergünstigt, etwa zu Vorjahres-Preisen, abgegeben werden. Der darüberhinaus gehende Verbrauch bleibt teuer. Der Plan ähnelt damit einem Vorschlag, den das Momentum Institut bereits letzten Winter gemacht hat. Nachdem sich die Energiekrise weiter zuspitzt scheint allerdings ein zusätzlicher Energiesparanreiz geboten. Aufbauend auf dem ursprünglichen Preisdeckel für den Grundbedarf haben wir deshalb die Strompreisbremse um einen Energiespartarif erweitert und eine soziale Staffelung eingefügt. Konkret bedeutet das:

  • Soziale Staffelung: Haushalte mit geringen Einkommen (Nettoeinkommen unter 16.300 Euro im Jahr) erhalten einen höheren Grundbedarf, der mit dem Vorjahrespreis fixiert wird – 2.400 Kilowattstunden (bedarfsgewichtet pro Jahr)
  • Energiesparanreiz: Alle anderen Haushalte zahlen bis zum (pro Kopf) Grundverbrauch von 1.920 kWh den Vorjahrespreis, ab dann den Marktpreis, den der Energieversorger festlegt.
  • Energiespartarif: Ein übermäßiger Pro-Kopf-Verbrauch von über 3.600 kWh pro Jahr wird mit einem Preisaufschlag von 50 Prozent versehen – ausgenommen davon bleiben Haushalte mit geringen Einkommen. 

Während der Grundbedarf damit für alle Haushalte günstig bleibt, wird übermäßiger Verbrauch so teurer. Das führt zu einem stärkeren Energiesparanreiz. Das Modell liefert eine deutlich progressivere Verteilungswirkung, als die kolportierten Pläne der Regierung.

Zusätzlich denkbar wäre außerdem eine Befreiung vom Aufschlag beim Einsatz von Wärmepumpen. 

 

 

Progressiver und mehr Energiespar-Anreize

Im Vergleich zum kolportierten Regierungsmodell, bringt das Modell des Momentum Instituts mehrere Vorteile:

  1. Stärkerer Energiespar-Anreiz: Hoher Verbrauch wird noch einmal teurer. Es soll damit noch unattraktiver werden, Strom für nicht notwendige Dinge, wie eine Poolheizung oder energieintensive Heizgeräte im Freien, unnötig zu verbrauchen. 
  2. Progressivere Verteilungswirkung: Im Vergleich zu den bisherigen Vorschlägen, bekommen Haushalte mit hohen Einkommen im Schnitt weniger Entlastung als Haushalte mit niedrigen Einkommen. Das kommt einerseits von der sozialen Staffelung: Armutsgefährdete Haushalte erhalten ein größeres Kontingent an günstigem Strom. Gleichzeitig führt der Energiespartarif dazu, dass hoher Verbrauch noch teurer wird. Das trifft tendenziell eher Haushalte mit hohen Einkommen. Außerdem sind armutsgefährdete Haushalte vom Aufschlag befreit. 
  3. Differenzierung nach Haushaltsgröße: Unser Vorschlag unterscheidet zwischen größeren und kleineren Haushalten. Größere Haushalte haben schließlich einen höheren Grundbedarf an Strom, weshalb sie ein größeres Kontingent an günstigem Strom bekommen. 
  4. Kostengünstiger: Das kolportierte Regierungsvorhaben dürfte je nach zukünftiger Preisentwicklung und genauer Ausgestaltung rund EUR 1,4 Mrd. über die nächsten 12 Monate kosten. Mit Energiespartarif würde die Strompreisbremse dagegen EUR 200 Mio. weniger kosten. Vielverbraucher:innen finanzieren somit den günstigeren Grundbedarf mit. Dabei ist zu betonen, dass die genauen Budgeteffekte je nach Preisentwicklung variieren. Denn eine Stärke der Strompreisbremse liegt – bei richtiger Ausgestaltung – darin, dass die Energiekosten der Haushalte dynamisch gedämpft werden. Hier wurde angenommen, dass die Stromversorger in den übrigen Bundesländern  mit Jahreswechsel Wien Energie und EVN folgen und ihre Preise um 150 Prozent erhöhen. Außerdem wurde angenommen, dass die Preise anschließend bis August 2023 auf diesem Niveau bleiben. Die Regierung rechnet dagegen mit Kosten von 2,5 Mrd. 

Umsetzung der Strompreisbremse mit Energiespartarif

Einige der notwendigen Informationen sind dafür schon vorhanden. Die Energieversorger wissen über den Verbrauch Bescheid und können den Preisdeckel beziehungsweise den Aufschlag auf den übermäßigen Konsum selbst anwenden, wobei der Aufschlag als Steuer an den Staat abzuführen wäre. Der Staat kompensiert dafür die Energieversorger für die Abschläge auf den Grundbedarf. 

Mehr Daten braucht es dagegen für die Bestimmung der Haushaltsgröße und des Einkommens. Beim Einkommen könnte man dazu für eine automatische Anwendung die Informationen über die GIS-Befreiung verwenden, wie es etwa das WIFO bereits vorgeschlagen hat. Die Energieversorger haben diese Informationen, weil diese Haushalte schon bisher von den Erneuerbaren-Förderkosten ("Ökostrompauschale") ausgenommen waren. Darunter Fallen Haushalte, die Mindestsicherung/Sozialhilfe beziehen, Mindestpensionist:innen oder Studienbeihilfe-Bezieher:innen. Der Kreis ist damit allerdings auch sehr eng gewählt. Wer nicht GIS-befreit ist und trotzdem unter der Armutsgefährdungsschwelle lebt, kann kurzfristig mittels Antrag vom Preisaufschlag befreit werden. In den nächsten Monaten sollte jedoch auch für diese Menschen ein Automatismus eingeführt werden.  

Methodenbeschreibung

Zur Berechnung der Budget- und Verteilungseffekte wurde ein Mikrosimulationsmodell entworfen. Dieses basiert auf Mikrodaten der neuesten Konsumerhebung 2019/20. Dort finden sich Ausgabendaten von tausenden repräsentativen österreichischen Haushalten für unterschiedlichste Güter und Dienstleistungen, darunter auch Strom. Die Ausgaben für Strom wurden zunächst in Mengen umgerechnet. Dies geschah mittels den Durchschnittspreisen für Strom aus dem 2. Halbjahr 2019 und dem 1. Halbjahr 2020, dem Zeitraum, in dem die Konsumerhebung durchgeführt wurde. Dabei wurde darauf Bedacht genommen, dass aufgrund von Fixkostenanteilen die Durchschnittspreise mit zunehmendem Verbrauch sinken, weshalb die nach Verbrauchsgruppen variierenden Durchschnittspreise verwendet wurden und je nach Ausgabenhöhe den Haushalten zugenordnet wurden. Die so erhaltenen Strommengen wurden anschließend verwendet, um ein Basis-Kostenszenario und die Reform-Kostenszenarios zu berechnen. Dahinter steckt die (übliche) Annahme, dass die Haushalte ihren Stromkonsum seit der Konsumerhebung nicht verändert haben.

Für die Kostenszenarios wurde angenommen, dass die aktuellen Strompreise bis Jahresende gelten, wobei die jüngsten Preisänderungen von Wien Energie und EVN bereits berücksichtigt wurden. Weiters wurde angenommen, dass die Preise zum Jahreswechsel in den übrigen Bundesländern der aktuellen Preisanpassung von EVN und Wien Energie folgen und ihre Energiepreise um rund 150 Prozent anheben und die Preise in ganz Österreich schließlich bis Ende August 2023 auf diesem Niveau bleiben. Die aktuellen und die erwarteten Preise beziehen sich dabei auf die Preise der größten regionalen Stromanbieter der jeweiligen Bundesländer (Wien Energie, EVN, Energie Burgenland, Energie Steiermark, KELAG, Energie Salzburg, Energie AG, TIWAG, VKW). Zur Berechnung der Reformeffekte wurden schließlich die Kostenszenarios mit den Reformszenarios verglichen, wobei für die Reformszenarios der Übernacht-Effekt simuliert wurde, indem von Verhaltensänderungen aufgrund der Preisänderungen abstrahiert wurde. 

 

Strompreisbremse: Knackpunkt Finanzierung

Stromzähler als Symbolbild für Strompreisbremse

Bei der Energiepreiskrise ist kein Ende in Sicht. Ab kommender Woche wird Strom und Gas für Kund:innen bei Wien Energie und EVN erheblich teurer – heuer bereits zum zweiten Mal. Für einen durchschnittlichen Wiener Haushalt steigt die Stromrechnung mit der nächsten Erhöhung um 36 Euro pro Monat.

Das bringt auch die Bundesregierung zunehmend unter Druck. Nächste Woche will sie ihre Strompreisbremse vorstellen. Herauskommen soll dabei eine Art Preisdeckel – den man aber keinesfalls so nennen will –, der einen Teil der Stromrechnung vergünstigt. Wichtig ist: Soll der Anreiz zum Energiesparen erhalten bleiben, darf nur ein fest vorgegebener Teil des Stromverbrauchs gedeckelt werden, etwa die Hälfte des Durchschnittverbrauchs.

Wie die Preisbremse finanzieren?

Durchdenken sollte sich die Regierung auch die Finanzierung der Preisbremse: Während die Stromrechnungen explodieren, fährt so mancher Stromerzeuger momentan enorme Übergewinne ein. Sinnvoll ausgestaltet kann die Strompreisbremse verhindern, dass ein Teil dieser Übergewinne überhaupt erst entsteht: Stromproduzenten, die mit erneuerbaren Energien arbeiten – Verbund, oder TIWAG – würden durch gedeckelte Tarife auch niedrigere Gewinne einfahren. Andere Stromlieferanten, wie Wien Energie, die den Strom teuer zukaufen müssen, könnte der Staat wiederum für etwaige Verluste kompensieren – aber eben nur für die und nicht für entgangene Gewinne.

Menschen würden sich die Übergewinne selber finanzieren

Zu befürchten ist allerdings, dass die Regierung einen anderen Weg einschlägt und die Kosten der Strompreisbremse mit öffentlichen Geldern deckt. Die Übergewinne würden so zum Teil staatlich finanziert werden. Statt mit dem Bremshebel würde die Bundesregierung dann die Energiepreise mit bloßen Füßen am Boden schleifend bremsen. Denn die Energierechnung würde so zwar schrumpfen. Aber neun von zehn Steuer-Euros stammen aus Steuern auf Arbeit oder Konsum – über Umwege finanzieren so die Konsument:innen die Übergewinne der Energiekonzernen.
Ausweg: Übergewinnsteuer

Eine weitere Möglichkeit zur Finanzierung gäbe es dennoch: Die Übergewinnsteuer. Damit könnte die Regierung einen Teil der – dann eben mit Steuergeld finanzierten – Übergewinne abschöpfen. Auf diese Weise würden Krisengewinner beim Deckel mitzahlen. Der Staat würde Geld sparen, das er in andere dringend benötigte Projekte – etwa armutssichere Sozialleistungen oder öffentliche Klimainvestitionen – stecken könnte.

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet - die Wirtschaft" bei ZackZack.

Wenn die Strompreise überkochen: Preisdeckel drauf

Kochtopf mit Deckel als Symbolbild für Preisdeckel bei Strom und Gas

Klimapolitisch sind hohe Strompreise ein wichtiges Signal: Wir müssen nicht nur fossile Brennstoffe verbannen, sondern auch Energie einsparen. Je weniger Energie wir brauchen, desto leichter gelingt die Energiewende. Ist Strom teuer, kann das zum Energiesparen anregen. Das Problem an der aktuellen Situation ist allerdings, dass die Strompreise regelrecht explodieren. Darunter leiden nicht nur Haushalte mit niedrigen Einkommen, auch die Mittelschicht greift schon ordentlich in die Tasche. Dazu kommt: Leistbarer Strom ist essenziell dafür, dass unsere Gesellschaft funktioniert. Weil Strom in so gut wie jedem Produkt steckt, wird auch das restliche Leben teurer. Strom treibt die Inflation also direkt und indirekt.

Die Teuerung ist zwar großteils importiert, der extreme Preisanstieg beim Strom jedoch hausgemacht: Durch die Preissetzung über das Merit-Order-Prinzip am Stromgroßhandel gibt das teuerste Kraftwerk – meist ein Gaskraftwerk – den Preis für alle anderen vor. Europa kettet seinen Strompreis freiwillig an einen Börsenpreis für Gas. Ein Preis, den Putins Gazprom mittels kontrollierter Liefereinschränkungen nach oben manipuliert. Selbst für günstigen, mit erneuerbaren Energien hergestellten Strom, zahlen wir momentan – konservativ geschätzt – das Drei- bis Vierfache der Produktions- und Investitionskosten. Die Preise spiegeln die Kosten also nicht wider, Übergewinne entstehen.

Eine Möglichkeit, die Sozial- und Klimapolitik zusammendenkt, gibt es für Haushalte: Den Strom-Grundverbrauch – etwa die Hälfte des durchschnittlichen Haushaltsverbrauchs – könnte man mit einem niedrigen Fixpreis deckeln. Für darüberhinausgehenden Verbrauch fallen weiterhin die Marktpreise an. Der Betrieb alltäglicher Geräte, wie Kühlschrank oder Waschmaschine bleibt leistbar, der Anreiz zum Energiesparen erhalten. Ähnliches diskutiert momentan auch die Bundesregierung. Einen Haken hat ihr Vorschlag: Zahlen würde der Staat, die Stromerzeuger behalten ihrer Übergewinne. Wenig verteilungsgerecht, aber auch eine Belastung fürs Budget. Besser wäre, die Energiekonzerne für den Strompreisdeckel zur Kasse bitten. Konkret: Den Stromversorgern den Tarif vorschreiben. Und eine Übergewinnsteuer bei den profitablen Stromerzeugern wie dem Verbund einheben, um den Deckel zu finanzieren.

Mittelfristig braucht es noch einen weiteren Schritt der Bundesregierung. Sie sollte die Preissetzung am Strommarkt grundsätzlich überdenken. Spanien und Portugal machen vor, wie man Strom- und Gaspreis entkoppelt. Dort wird Gaskraftwerken Gas günstiger verrechnet. Netto bringt das den Stromkunden eine deutliche Kostensenkung, denn die Übergewinne der Kraftwerke ohne Gas fallen geringer aus. Ein Deckel auf 100 Euro pro Megawattstunde Gas könnte den Strompreis in Österreich um 40 Prozent reduzieren. Leicht umsetzbar ist diese Variante nur gemeinsam mit anderen Ländern. Doch auch ein nationaler Alleingang ist ernsthaft zu prüfen.

Abschauen könnte man sich auch etwas von der Schweiz: Dort wird der tatsächliche Strommix verrechnet. Erneuerbare Energie verbilligt die Stromrechnung dort zwingend. Bei uns ist das nicht im gleichen Ausmaß der Fall. Dafür muss die Bundesregierung die Liberalisierung des europäischen Strommarktes in Frage stellen. Nicht einfach. Aber notwendig. Denn das Problem – teures Gas treibt uns die Strompreise in luftige Höhen – bleibt uns sonst bis zur vollständigen Energiewende bestehen.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Wiener Zeitung.

Preisdeckel: Wie runter mit der Stromrechnung

Strommasten als Symbolbild für Preisdeckel, um den Strompreis zu senken

Die Teuerung klettert hierzulande mit 7,7 Prozent im Mai stetig nach oben. Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt: Auch im restlichen Europa ist die Inflation hoch. Aber einigen Ländern gelingt es wesentlich besser, die Teuerung abzubremsen. In Frankreich liegt sie mit 5,8 Prozent ein Stück weit niedriger, im Nachbarland Schweiz deutlich: nur 3,4 Prozent.

Schaut man genauer hin, erkennt man: Jene Länder, die die Teuerung am besten abbremsen, greifen auch in den Energiemarkt ein. Frankreich hat seinen Quasi-Strommonopolisten „Electricité de France“ angewiesen, die Preise am Oktober-Niveau zu fixieren. Die Preiserhöhungen für Haushaltskunden bei Strom und Gas sind somit begrenzt. Zusammen mit Steuersenkungen auf den Endverbrauch senkte das die Inflationsrate um 1,5 bis zwei Prozentpunkte, sagen französischer Wirtschaftsforscher:innen. Auch für Österreich gäbe es zumindest drei Möglichkeiten, die Stromrechnung drastisch zu senken und die Inflation zu bremsen.

Ein großer Teil der Inflation ist importiert. Aber der Preisanstieg beim Strom – der ist zu einem großen Teil hausgemacht. Die Ursache dafür liegt in der Preissetzung am Strommarkt, dem Merit-Order-Prinzip: Das letzte, teuerste, Kraftwerk am Markt, das zur Deckung des Gesamtbedarfs benötigt wird, bestimmt den Strompreis für alle. Es ist meist ein aktuell sehr teures Gaskraftwerk. Auf das Merit-Order-Prinzip haben sich Österreich mit den anderen EU-Ländern politisch verständigt. Genauso lässt es sich aber wieder ändern.

Variante 1: Den tatsächlichen Strommix verrechnen wie die Schweiz

Abschauen könnte man sich dabei etwas von der Schweiz: Schweizer Haushalten wird nämlich der tatsächliche Strommix verrechnet. Erneuerbare Energie, die in der Schweiz extrem gut ausgebaut ist, verbilligt die Stromrechnung deutlich – selbst, wenn es noch Gaskraftwerke braucht. Das Ergebnis: Der Strompreis ist niedriger und nicht an die Schwankungen am internationalen Gasmarkt gekoppelt. Würde auch in Österreich der tatsächliche Strommix verrechnet, könnte die nächste Stromrechnung im Idealfall um bis zu 60 Prozent niedriger ausfallen.

Variante 2: Den Gaspreis deckeln wie Spanien oder Portugal

Den Preisen einen Deckel aufsetzen könnte man auch direkt beim Gas: Spanien und Portugal deckeln den Preis für jenes Gas, das für die Stromproduktion verwendet wird. Auch für Österreich würde ein solcher Preisdeckel die Strompreise deutlich reduzieren. Wird der Gaspreis für Kraftwerke auf 100 Euro pro Megawattstunde Gas gesetzt, reduziert sich der Strompreis um rund 40 Prozent. Niedrigerer Deckel, größerer Effekt.

Allerdings: Das österreichische Stromnetz hängt wesentlich dichter am europäischen als jenes der Iberischen Halbinsel. Prescht Österreich wie Spanien im Alleingang vor, würde der Export des billigen Stroms nach oben schießen. Und die heimische Stromproduktion mittels teuren Gaskraftwerken hochgefahren, um den Bedarf zu decken – klimapolitisch problematisch. Umsetzen könnte man die spanische Variante sofort auf europäischer Ebene. Macht Europa aber nicht mit, müsste sich Österreich eine eigene Lösung ausdenken. Für alle grenzüberschreitenden Stromflüsse sollte der höhere europäische Preis gelten, innerhalb der Landesgrenzen aber der gedeckelte nationale Preis. Für die Details eines solchen Systems ist noch Hirnschmalz nötig. Unmöglich ist es aber keineswegs, sofern die Politik willens ist.

Variante 3: Deckel für den Grundbedarf

Wem die Schweiz oder Spanien zu weit weg ist, der kann auch nur über Österreich nachdenken. Den Haushalts-Grundbedarf an Strom könnte man dafür mit einem Fixpreis deckeln – Verbrauch, der darüber hinausgeht, weiterhin mit dem Marktpreis verrechnen. Der Betrieb alltäglicher Geräte, wie Kühlschrank oder Waschmaschine bleibt leistbar. Wer weit mehr verbraucht, weil er etwa seinen Pool heizt, zahlt auch deutlich mehr. Der Anreiz zum Energiesparen bliebe dadurch erhalten.

Alle drei Varianten können die Stromkosten deutlich reduzieren. Das ist wichtig, denn während Stromkonzerne, die erneuerbar produzieren, aufgrund des Merit-Order-Prinzips momentan enorme Übergewinne einfahren, schultert die Allgemeinheit die Kosten dafür. Nicht nur die Energierechnungen steigen. Als wichtiger Produktionsfaktor steckt Strom in so gut wie jedem Produkt, auch das restliche Leben wird teurer. Strom treibt die Inflation also direkt und indirekt. Eine Lösung muss her.

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

Preisdeckel als Strompreisbremse

Das Bild zeigt einen dampfenden Topf mit Deckel, symbolisch für den Preisdeckel.

Die Strompreise steigen weiter an. Zuletzt wurde deshalb verstärkt über Preisdeckel diskutiert. Unsere Berechnungen zeigen, dass man mit Preisdeckeln die Strompreise drastisch senken könnte. Doch der Reihe nach: Was ist überhaupt das Problem, welche Vorschläge liegen am Tisch und was würden sie bringen?

Warum hohe Strompreise ein Problem sind

Vorweg: Die hohen Strompreise haben auch eine positive Eigenschaft. Denn die Klimakrise zwingt uns nicht nur dazu, unsere Energie nachhaltig zu produzieren. Es geht auch darum, insgesamt weniger Energie zu verbrauchen. Am klimafreundlichsten ist die Energie, die gar nicht gebraucht wird. Hohe Strompreise können dazu beitragen, dass Menschen stärker auf ihren Stromverbrauch achten und unnötigen Verbrauch reduzieren. Würden wir weniger Strom verbrauchen, dann wäre dieser übrigens auch günstiger. Denn dann würden wir öfter mit den bestehenden erneuerbaren Stromkapazitäten auskommen und müssten nicht auf teures Gas zurückgreifen. 

Gleichzeitig ist Strom ein zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft und damit auch unseres Wirtschaftssystems. Haushalte brauchen Strom zum Kochen, zum Kühlen für die Beleuchtung. Unternehmen brauchen Strom für Computer und Maschinen. Für die Energiewende wird Strom sogar immer bedeutender. Denn in vielen Bereichen wollen wir die Verbrennung von fossilen Energieträgern, wie Benzin oder Heizöl, durch elektrische Energie ersetzen, etwa indem die Öl- oder Gasheizung gegen eine Luft-Wärme-Pumpe getauscht wird, oder indem das benzinbetriebene Auto durch ein E-Auto, oder noch besser, den Zug ersetzt wird.

Kurzgesagt, Strom steckt fast überall drin. Das bedeutet nun auch, dass mit höheren Strompreisen nicht nur die Energierechnung weiter steigt, sondern dass auch andere Produkte immer teurer werden. Denn wenn Unternehmen mehr für den Strom bezahlen müssen, den sie für die Produktion brauchen, dann geben sie diese höheren Kosten oft in Form von höheren Preisen an ihre Kund:innen weiter. Damit ist der teure Strom nicht nur direkter, sondern auch indirekter Inflationstreiber. Wird er immer teurer, kann es außerdem passieren, dass Unternehmen ihre Produktion einstellen müssen. Dann sind zusätzlich Arbeitsplätze in Gefahr. Während also hohe Strompreise ein Anreiz zum Energiesparen sein können, bringen sie viele makroökonomische Probleme mit sich. 
 

Wieso sind die Strompreise so hoch?

Grundsätzlich liegt das Problem bei unserer Abhängigkeit von teuren fossilen Energieträgern. Dadurch, dass Gas momentan so teuer ist, ist auch die Stromproduktion mit Gas teuer. Dazu kommt, dass der europäische Strommarkt derzeit so ausgestaltet ist, dass die teuren Gaskraftwerke den Preis für alle anderen Kraftwerke vorgeben. Dieses Vorgehen kommt aus den 2000er Jahren, in denen der Strommarkt liberalisiert wurde. Ehemalige Staatsunternehmen wurden (teil-)privatisiert und es wurde ein neuer Preismechanismus für die wichtigen Stromauktionen an den Börsen eingeführt, der nach dem Merit-Order-Prinzip funktioniert. Dabei ist es so, dass zunächst sämtliche Kauf- und Verkaufsangebote im Rahmen der Versteigerung eingeholt werden. So wird ermittelt, wie viel Strom zu welchem Preis gekauft oder verkauft werden soll. Den Zuschlag bekommen dann die jeweils günstigsten Angebote, die benötigt werden, um die nachgefragte Menge an Strom zu decken. Die teureren Kraftwerke bleiben auf ihren Angeboten sitzen. Dieser Mechanismus drängt so tendenziell teurere klimaschädliche Kraftwerke vom Markt. Der Strompreis wird dabei vom jeweils teuersten Kraftwerk unter den Kraftwerken, die den Zuschlag bekommen haben, festgelegt. Wird genügend Strom aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen, dann hat dieses System Vorteile: Die teuren Kraftwerke fallen um ihr Angebot um, Strom ist günstig und klimafreundlich. Zusätzlich können kostengünstige, klimafreundliche Kraftwerke, wie etwa Windräder, einen größeren Gewinn einfahren. Das kann Investitionen in genau diese Technologien befeuern und hilft so bei der Energiewende. 
In der momentanen Situation bringt dieses System aber große Probleme mit sich. Denn dadurch, dass wir nicht ausreichend günstigen Strom mit erneuerbaren Energieträgern herstellen, müssen wir auf Gaskraftwerke zurückgreifen. Gas ist momentan extrem teuer und durch den oben beschriebenen Preismechanismus setzt nun dieses teure Kraftwerk den Preis für alle anderen Kraftwerke fest. Für die erneuerbare Stromerzeugung ist das ein gutes Geschäft. Unternehmen, wie der Verbund, fahren riesige Gewinne ein, die viel größer sind als beim Bau der Kraftwerke angenommen. Es handelt sich also um Zufalls- oder Übergewinne, die zulasten der Allgemeinheit gemacht werden, die für den teuren Strom tiefer in die Tasche greifen muss. Die Übergewinne könnte man deshalb mit einer Übergewinnsteuer abschöpfen und über Unterstützungsmaßnahmen an Haushalte und Unternehmen zurückverteilen. Alternativ könnte man aber über Preisdeckel auch direkt in die Preissetzung eingreifen und einen Teil der Übergewinne so erst gar nicht entstehen lassen. 

Das Schweizer Modell

Die erste Möglichkeit wäre, die Preisgestaltung auf eine Durchschnittskosten-Methode umzustellen, so wie das in der Schweiz getan wird. Dabei ist es so, dass Stromanbieter nur die Gestehungskosten bzw. die Anschaffungskosten ihres Strommixes weiterverrechnen dürfen. Die Gestehungskosten beinhalten dabei grob gesagt sowohl die Kosten für die Stromproduktion selbst als auch die Investitionskosten für die Kraftwerke. Muss ein Anbieter zusätzlich Strom auf der Börse zukaufen, so darf er diese Kosten ebenfalls weitergeben. Der Preis für die Endverbraucher:innen errechnet sich dann aus dem Durchschnitt all dieser Kosten.
Das würde dazu führen, dass nur der tatsächlich mit Gas produzierte Strom auch die steigenden Gaspreise beinhalten dürfte. Strom, der aus erneuerbaren Energieträgern produziert wurde, ist günstiger und muss dementsprechend günstig weitergegeben werden. Je mehr Strom aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen wird, desto günstiger wäre in diesem Fall der Strom. 

Würde man für Österreich ein ähnliches Vorgehen wählen, das zusätzlich noch einen Gewinnaufschlag von 10 % beinhaltet, dann würde sich der Strompreis zurzeit um ca. 60 % reduzieren. Das liegt vor allem daran, dass der Großteil des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen wurde, in den letzten beiden Wochen rund 94 %. In den ersten beiden Juliwochen wäre der Großhandelsstrompreis also um etwa 200 Euro niedriger gewesen. Die Herausforderung liegt hier darin, dass man die Liberalisierung des europäischen Strommarktes teilweise rückgängig machen müsste, was Zeit bräuchte. Als kurzfristige Lösung wäre dieses Modell also weniger geeignet. Außerdem brachte das europäische Modell vor den jetzigen Preisanstiegen durchaus günstigere Preise hervor als das Schweizer Modell. 
 

Das Iberische Modell

In Spanien und Portugal wurde Mitte Juni auf ein Jahr befristet ein Preisdeckel auf Gas für die Stromproduktion eingeführt. Kraftwerke erhalten so eine Subvention, mit der ein Teil des Gaspreises übernommen wird. Gleichzeitig wird der Strompreis im gleichen Ausmaß gesenkt. Die Subvention wird von allen Verbraucher:innen finanziert. Nachdem nur ein Teil des gesamten Stromverbrauchs von Gaskraftwerken gedeckt wird, während der gesamte Stromverbrauch von den niedrigeren Preisen profitiert, ist diese Maßnahme aus finanzieller Sicht sehr effizient. Für Österreich würde ein solcher Preisdeckel die Strompreise deutlich reduzieren. Wird der Gaspreis für Kraftwerke auf EUR 100 pro Megawattstunde Gas gedeckelt, dann reduziert das den Strompreis um rund 40 Prozent, bei niedrigeren Deckeln wäre der Effekt entsprechend größer. 
 

Dazu muss man allerdings sagen, dass das österreichische Stromnetz viel stärker mit dem restlichen europäischen Stromnetz verbunden ist als das iberische Stromnetz. Österreich kann also viel mehr Strom importieren und exportieren. Das bedeutet, ein einseitiges Vorgehen Österreichs kann dazu führen, dass ein großer Teil des so produzierten Stroms exportiert werden würde. Dann müssten wir einerseits mehr Strom importieren. Andererseits würde die Stromproduktion mittels Gaskraftwerken hochgefahren werden, um den Strombedarf inklusive der Exporte zu decken. Damit würden die Effekte schwächer ausfallen als oben dargestellt. Auch klimapolitisch wäre das ein Problem. Deshalb wäre es wichtig, dieses Modell auf europäischer Ebene umzusetzen. Denn wenn der Preisdeckel überall in Europa gilt, dann gäbe es keine Anreize für verstärke Exporte und die Stromproduktion mittels Gas würde gleichbleiben und nicht weiter ansteigen. 

Strompreisdeckel auf den Grundbedarf

Als dritte Möglichkeit könnte direkt bei den Haushalten angesetzt werden (eine ausführliche Analyse aus dem März gibt es hier.). Dort könnte ein gesetzlicher Höchstpreis für einen Grundbedarf an Strom festgeschrieben werden. Nur der darüberhinausgehende Verbrauch würde dann zu teureren Preisen verkauft werden. Zunächst würde das bedeuten, dass ein Teil der jetzigen Übergewinne von Stromproduzent:innen gar nicht erst entstehen würde. Diese Vorgehensweise wäre somit eine Alternative zu einer Übergewinnsteuer und würde dabei helfen, die aktuellen gesellschaftlichen Kosten der hohen Energiepreise gleicher zu verteilen. Wichtig wäre dabei aber, dass der Preisdeckel nicht automatisch zur Gänze vom Staat getragen wird, so wie das an anderer Stelle vorgeschlagen wurde, denn dann würden die staatlichen Zahlungen direkt in die Übergewinne von Energiekonzernen fließen. Gleichzeitig würde dieser Preisdeckel auf den Grundbedarf soziale und klimapolitische Ziele vereinen. Denn mit einem günstigeren Grundbedarf an Strom würde man Grundbedürfnisse unterstützen. Der Betrieb des Kühlschranks und der Waschmaschine würde so günstiger werden. Wer hingegen überdurchschnittlich viel Strom verbraucht, etwa weil der Pool geheizt wird, müsste auch mehr zahlen. Das ist auch klimapolitisch vorteilhaft, denn anders als bei einem generellen Preisdeckel oder einer Mehrwertsteuersenkung bleibt ein Anreiz zum Energiesparen erhalten. Für einen durchschnittlichen Wiener Zweipersonenhaushalt würde das bedeuten, dass die Stromrechnung um rund 340 Euro sinkt. Das ist dringend notwendig, denn nächsten Jänner könnte sich die Stromrechnung verdoppeln. 

Die Herausforderungen liegen bei dieser Variante in der Definition des Grundbedarfs. Hier kommt es zu einem Trade-Off zwischen einem hohen Grad der Differenzierung und Umsetzbarkeit. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob der Grundbedarf je nach Haushaltsgröße variieren sollte. Eine vierköpfige Familie braucht schließlich mehr Strom als ein Einpersonenhaushalt. Außerdem wird etwa für den Betrieb von Wärmepumpen, die eine wichtige klimafreundliche Alternative zu Gas- und Ölheizungen sind, zusätzlich Strom gebraucht. 
 

Fazit: Kurzfristige Unterstützung über Preisdeckel und langfristiger Umbau des Strommarktes

Die hohen Strompreise sind zunächst Resultat davon, dass wir noch immer zu abhängig von fossilen Energieträgern, wie Öl und Gas sind. Eine zügige Umsetzung der Energiewende ist somit die nachhaltigste Variante, um nicht nur die Klimakrise einzudämmen, sondern auch die Energiepreise zu senken. Während hohe Energiepreise ein Anreiz zum Energiesparen sein können, werden sie zunehmend zum Problem, da sie die Inflation stark anfachen und so zu großen gesellschaftlichen Kosten führen, denen große Übergewinne von Energiekonzernen gegenüberstehen. Deshalb sollte nun auch über Markteingriffe in der Form von Preisregulierungen nachgedacht werden. Alle drei oben beschriebenen Varianten haben dabei Vor- und Nachteile und sind in der Realität noch um ein Stück komplexer in der Umsetzung als in diesem Beitrag beschrieben. Kurzfristig dürften vor allem das spanische Modell und der Energiepreisdeckel auf einen Grundbedarf für Haushalte eine gute Lösung darstellen. Während das spanische Modell die Inflation insgesamt besser bremsen kann und die Nachteile des Merit-Order-Prinzips kurzzeitig abschwächen würde, bietet der Preisdeckel auf den Grundbedarf mehr Anreize zum Energiesparen. Außerdem vermeidet man mit dem Preisdeckel auf den Grundbedarf die direkte Förderung von Gaskraftwerken und das System ist auf nationaler Ebene umsetzbar, während es für das spanische Modell eine europäische Lösung braucht.

Langfristig sollte der europäische Strommarkt umgebaut werden. Während mit der Liberalisierung der europäischen Strommärkte viele positive Entwicklungen, wie lange Zeit günstigere Preise und eine besserte Vernetzung auf europäischer Ebene, einhergingen, wird nun die Kehrseite der Medaille sichtbar. Nachdem Strom ein wichtiger Grundpfeiler für Gesellschaft und Wirtschaft ist, sollten die Entwicklungen der letzten Jahre kritisch evaluiert werden und eine stückweise Rückkehr zu einem stärker regulierten Strommarkt mit einer starken Rolle für staatliche Akteure angedacht werden. Der Schweizer Preisbildungsmechanismus könnte hier einige wichtige Ansätze liefern. 


 

Warum der Staat Übergewinne besteuern sollte

Strommast als Symbolbild für Übergewinnsteuer bei Energiekonzernen

Die steigenden Preise machen die allermeisten Menschen im Land deutlich ärmer, für viele wird die Teuerung existenzbedrohend. Doch die Krise kennt nicht nur Verlierer. Es gibt auch Gewinner, die vom Krieg in der Ukraine profitieren. Unternehmen, die höhere Preise durchsetzen und mit Rekordgewinnen die Inflation anheizen. Das birgt sozialen Sprengstoff.

Mineralölkonzerne nützen den Krieg in der Ukraine derzeit voll aus: Sie schlagen doppelt so viel auf den Weltmarktpreis auf wie im langjährigen Mittel. Entsprechend hoch sind die Preise an der Tankstelle. Auch bei heimischen Stromerzeugern klingeln gerade ordentlich die Kassen. Fließt Wasser die Donau hinab, verrechnet etwa der Verbund – Österreichs größter Stromproduzent – trotzdem den teuren Preis seines Gaskraftwerks. Auch die Solar- und Windenergie-Firmen tun das. Denn das letzte Kraftwerk am Markt, das zur Deckung des Gesamtbedarfs benötigt wird, bestimmt den Strompreis. So regeln Österreich und die EU den Strommarkt. Normalerweise sind damit wünschenswerte Anreize für Investitionen in erneuerbare Energiequellen verbunden. Derzeit heißt das aber: künstlich überhöhte Stromrechnungen für Haushalte und Industrie, kriegsbedingte Rekordgewinne für Stromerzeuger.

Nicht nur für die Menschen im Land, auch für das staatliche Budget wird die Teuerung zur Belastungsprobe. Nach den Corona-Milliarden greift die Regierung erneut tief in die Tasche, um die Kaufkraftverluste abzumildern. Das Problem: Ohne Gegenfinanzierung feuert das die Inflation an. Umso wichtiger wäre es, sich einen Teil der Kosten bei jenen abzuholen, die von den explodierenden Preisen profitieren. Ein Instrument dafür wäre eine Übergewinnsteuer, die lediglich jene Gewinne von Energieunternehmen abschöpft, die über dem langjährigen Durchschnitt liegen.

Eine solche Abgabe ist eine der effizientesten Steuern überhaupt, um Marktversagen zu korrigieren. Zeitlich befristet und rückwirkend auf nachweislich angefallene Übergewinne erhoben, stellt sie auch keine Gefahr für die Investitionstätigkeit dar. Sie nimmt keinem Unternehmen den wohlverdienten Lohn für das Tragen des unternehmerischen Risikos. Öl- und Stromanbieter haben keinerlei Investition getätigt, die die kriegsbedingten Gewinne rechtfertigen. Sie entstehen quasi „zufällig“ durch Knappheit, Unsicherheit, Marktmacht und Spekulation. Auch künftig plant kein Konzern mit diesen Gewinnen. Der Chef des britischen Ölkonzerns BP beschied zuletzt in einem Interview, er würde jede seiner Investitionen fortführen – egal ob die Steuer in Großbritannien kommt oder nicht.

Historisch sind Sondersteuern üblich, in Kriegszeiten gehören sie zum Standard. Selbst die stramm marktradikale britische Premierministerin Margaret Thatcher hat in den 1980er-Jahren Übergewinne besteuert. Sogar zweimal, einmal bei Energiekonzernen, einmal bei Banken. Aktuell empfiehlt auch die Europäische Kommission die Sondersteuer in ihrem „Werkzeugkasten“ gegen die Energiekrise. Bislang sind Großbritannien, Griechenland und Italien dem Vorschlag gefolgt. In Österreich hingegen: reflexhafte Ablehnung, als der Bundeskanzler selbst eine Übergewinnsteuer ins Spiel brachte. Etwas mehr Pragmatismus täte dem Land gut. Denn irgendjemand muss die Rechnung zur Bekämpfung der Teuerung bezahlen. Warum nicht auch jene, die sie mitverursachen. Eine Steuer mit höherer Treffsicherheit gibt es kaum.

 

Dieser Text erschien zunächst im "Profil" als Pro-Kommentar der Reihe "Cash&Clash".

Gaspreis: Warum die Börse die Gasrechnung verteuert

Gasleitung als Symbolbild für Gaspreis

Wir alle glauben die Geschichte zu kennen. Putins Angriff auf die Ukraine sowie seine Gaslieferpolitik habe den Gaspreis in die Höhe getrieben. Für Flüssiggas an der niederländischen Gasbörse ist jetzt fünf Mal so viel zu bezahlen wie noch im letzten Jahr. Das treibe indirekt auch den Preis, den die OMV an Gazprom für ihr Pipeline-Gas bezahlt. Als Auslöser des Preisanstiegs stimmt das freilich. Aber die Ursache dafür, dass Österreich bis zu fünfmal so viel zahlt, ist es nicht.

Wie könnte es auch? Österreich bezieht nicht einmal ein Zwanzigstel seines Gases vom Handel auf der Gasbörse in den Niederlanden. Die heimischen Firmen können auch gar keine großen Mengen an Flüssiggas kaufen. Erstens gibt es sie aktuell nicht. Zweitens können sie gar nicht hierher geliefert werden. Das Pipeline-Netz ist zu schlecht ausgebaut.

Russland und Österreich wiederum sind mittels Pipeline aneinander gekettet. Russland kann das für Österreich bestimmte Gas nicht in andere Weltregionen liefern, selbst wenn es wollte. Die Pipelines dafür gibt es auch nicht. Es stimmt also seltsam, dass Österreich den extremen Preisauftrieb mitmachen sollte. Und tatsächlich wäre der nicht so extrem ausgefallen, wäre nicht die „Marktgläubigkeit“ dazwischengekommen.

Wie die „Börse“ in den Liefervertrag kam und alles verteuerte

Traditionell hat sich der Preis für Gas am Ölpreis orientiert. Wäre das in den Lieferverträgen zwischen der OMV und Gazprom so geblieben, würde Österreich heute nicht einmal das Doppelte für den Großteil seiner Gasimporte bezahlen. Von Verfünffachung keine Rede. Doch ab 2010 kam die Idee des „Marktes“ dazwischen, die auf Initiative der Europäer in die Verlängerung des Liefervertrags hineingepresst wurde.

Ein Paradigmenwechsel. Jahrzehntelang war der Energiewirtschaft die Sicherheit der Versorgung des Landes das Wichtigste. Langfristig stabile Preise gehörten dazu. Nun war es damit vorbei. Kosteneffizienz löste Energiesicherheit als Dogma ab, der billigste Anbieter solle alles Gas liefern. Ein „Gasmarkt“ solle entstehen. Bei einem einzigen Lieferanten für Österreich, der 80 Prozent des (russischen) Gases liefert, eine völlig unsinnige Idee.

Der genaue Vertrag der OMV mit Gazprom wird zwar geheim gehalten, doch ist klar, dass er sich heute am Gaspreis an der Börse orientiert. Im Vergleich zum vorherigen System entsteht uns damit heuer ein Schaden in Milliardenhöhe. Das Geld geht direkt an Gazprom und landet somit in Putins Händen.

Klar ist: Wenn Putin das Gas komplett abdreht, ist das alles egal. Dann haben wir ganz andere Probleme. Aber trotzdem können wir aus dieser Episode für die Zukunft lernen: Vom blinden Vertrauen in den Markt, gar in Börsen, kann man nur abraten. Er ist nicht die beste Lösung für alles.

Wettbewerb am Markt kann zwar ausgezeichnet funktionieren. Bei Waschmaschinen-Herstellern, Eisverkäuferinnen, oder Autoproduzenten. Bei kritischer Infrastruktur hingegen sieht die Sache ganz anders aus. Dazu gehört die Energieversorgung des Landes mit Gas und Strom.

Die Devise muss sein: Zurück in die Zukunft. Aber mit dem bewährten Modell der Vergangenheit, nicht dem kaputten der Gegenwart. Langfristige Lieferverträge mit stabilen Preisen. Ganz ohne dem „manisch-depressiven“ Zick-Zack der Börsenkurse.

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

Die Lücken bei der CO2-Steuer schließen

Das Bild zeigt einen Demonstranten mit einem Schild auf dem "Climate Justice" steht. Dafür wäre ein Lückenschluss bei der CO2-Steuer wichtig.

Klimapolitik sitzt in Österreich traditionell am dünnsten Ast. Obwohl die Wissenschaft lautstark warnt, mangelt es offenbar an Bewusstsein für die nötige Dringlichkeit. Entsprechend gering waren auch die Fortschritte der letzten Jahre. Auffallend dabei ist, dass soziale Auswirkungen oft als vermeintliche Gründe für eine fehlende Klimapolitik vorgeschoben werden – auch jetzt wieder: Das neue Entlastungspaket der Bundesregierung gegen die Teuerung kommt mit Verschiebung der CO2-Steuer. Dabei sehen wir gerade jetzt die Zusammenhänge zwischen Klimakrise und sozialen Problemen. Denn die hohe Teuerung, die vor allem Haushalten mit niedrigen Einkommen zu schaffen macht, ist Resultat der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. 

CO2-Steuer anheben, Klimabonus sozial staffeln

Wer sich wirklich um soziale Probleme sorgt, sollte im Kampf gegen die Teuerung bei den Sozialleistungen ansetzen. Die beschlossenen Einmalzahlungen sind hier keine nachhaltige Lösung, sie entlasten nur kurzfristig. Mit einer deutlichen Anhebung von Mindestsicherung, Mindestpension und Arbeitslosengeld hätte man armutsgefährdeten Haushalten wesentlich mehr geholfen als mit der Verschiebung der CO2-Steuer. Jetzt sollten wir ihre Verschiebung zumindest dazu nützen, all jene klimapolitischen Lücken zu schließen, die man bei ihrem Beschluss offengelassen hat.
Angefangen bei der Höhe der CO2-Steuer: Damit sie tatsächlich Wirkung zeigt, also Menschen dazu bewegt, auf klimafreundliches Verhalten umzusteigen, müsste sie deutlich höher sein. Statt bei 30 Euro pro Tonne CO2 sollte sie bei mindestens 50 Euro starten. Und dann stärker als geplant ansteigen, sodass man bis 2030 bei zumindest 150 Euro pro Tonne landet. Den Klimabonus könnte man dafür auch weiterhin anheben und vor allem sozial staffeln, sodass Haushalte mit niedrigen Einkommen auch mehr bekommen. 


Klima und Soziales zusammen denken


Auch an anderen Stellen könnte man aus sozialer Sicht nachbessern, etwa die CO2-Steuer auf Heizstoffe progressiv ausgestalten. Ein Grundbedarf an Wärme würde so kaum besteuert werden. Wer allerdings seinen Pool heizt, müsste pro Kilowattstunde deutlich mehr zahlen. Haushalte mit einem niedrigen Einkommen würden dadurch automatisch weniger CO2-Steuer zahlen, denn sie verbrauchen weniger Energie. Um die Lenkungswirkung weiter zu erhöhen und die Steuer gleichzeitig sozial gerecht zu gestalten, sollte die CO2-Steuer beim Heizen außerdem zwischen Mieter:innen und Vermieter:innen aufgeteilt werden, und zwar je nach Energieeffizienz der Wohnung. Deutschland tut das bereits: Wer eine schlecht isolierte Wohnung mit ineffizienter Gastherme vermietet, trägt einen größeren Anteil der CO2-Steuer als jemand, der eine energieeffiziente Wohnung vermietet. Die Anreize zum Heizungstausch und zur Wohnungsdämmung steigen.


Um das Klima und das Geldbörsel zu entlasten, gilt es außerdem schnellstmöglich die Abhängigkeit von Autos reduzieren, insbesondere in ländlichen Gebieten. Autos sind auch ohne hohe Treibstoffpreise ein teures Vergnügen. Viele Menschen können sich das nicht leisten. Im Fünftel der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen besitzt rund die Hälfte kein Auto. Viele Menschen dürfen oder können außerdem gar nicht Autofahren: Kinder und Jugendliche, genauso wie ältere Menschen sind so ständig auf andere Menschen mit Autos angewiesen. Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, der Rad- und Fußgängerwege – gerade auch in ländlichen Gebieten – wäre somit nicht nur fürs Klima gut, sondern würde tatsächlich eine sozial gerechte Handschrift tragen.

 

Der Text erschien am 23. Juni 2022 als Gastkommentar in der Tageszeitung "Die Presse". 
 

Teuerung: Die Ärmsten schützen, die Mittelschicht entlasten

Leere Geldbörse als Symbolbild für Teuerung

Der Krieg in der Ukraine dauert an und treibt die Energiepreise weiter in die Höhe. Ein Ende der Teuerung ist nicht in Sicht, die Regierung prüft weitere Maßnahmen. Diese sollten zuallererst die Ärmsten im Land unterstützen, denn sie werden von den steigenden Preisen am härtesten getroffen. Einmalzahlung reichen hier bei weitem nicht aus. Aber auch den Kaufkraftverlust der breiten Masse muss man bremsen.   

Wir haben es schon während der Corona-Krise gesehen, wir sehen es jetzt bei der Teuerung: Unsere Sozialleistungen sind nicht armutsfest, schon gar nicht krisenfest. Fast jede dritte alleinlebende Pensionistin, jeder zweite Langzeitarbeitslose in Österreich ist armutsgefährdet – und das bereits vor der aktuellen Teuerungswelle. Die Regierung steuert wie bisher mit Einmalzahlungen dagegen. Was schon bei der Pandemie nicht funktioniert hat, hilft auch bei der Teuerung nicht. Für Menschen, die jeden Euro dreimal umdrehen müssen, sind die Kosten des Alltags kaum mehr zu bewältigen. Nachhaltige Unterstützung könnte die betroffenen Gruppen gegen Armut absichern.

Das kann gelingen, indem die Sozialleistungen angehoben werden. Eine aktuelle Studie des Momentum Instituts belegt: Die Erhöhung von Sozialleistungen unterstützt Menschen mit geringen Einkommen am zielsichersten. Die Sozialhilfe, Mindestpension und Arbeitslosengeld über die Armutsgrenze zu heben, würde rund vier Milliarden Euro pro Jahr kosten. Das ließe sich etwa mit Steuern auf Vermögen und Erbschaften gegenfinanzieren – sie sind ohnehin längst überfällig.

Aber nicht nur die Ärmsten im Land, auch die breite Masse spürt die steigenden Preisen im Gedlbörsel. Ihr Kaufkraftverlust lässt sich begrenzen, indem etwa die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel vorrübergehend gesenkt wird. Halbiert man sie, würden Haushalte in der unteren Einkommenshälfte relativ zu ihrem Einkommen stärker profitieren, obwohl die Maßnahme auch reicheren Haushalten zugutekommen würde. Die Kalte Progression abzuschaffen, ist hingegen als Maßnahme gegen die Teuerung ungeeignet. Menschen mit niedrigem Einkommen profitieren davon kaum. Sie erhalten im Schnitt nur rund 36 Euro mehr pro Jahr, während bei den 20 Prozent der Haushalte mit den Top-Einkommen 252 Euro landen. Für jeden Euro, der bei den ärmsten Haushalten ankommt, werden über sieben Euro an die reichsten Haushalte verteilt.

Während höhere Sozialleistung und eine Mehrwertsteuer-Senkung für Lebensmittel die Teuerung zwar abfedern können, lässt sich nicht damit nicht alles ausgleichen. Energiekonzerne nützen den Krieg in der Ukraine, um ihre Preise zu erhöhen und Rekordgewinne einzufahren. Vermieter wälzen ihren Teil des Kaufkraftverlusts durch Mieterhöhungen auf Mieter ab. Gegensteuern könnte die Bundesregierung hier, indem sie mittels Preiskontrollen stärker in den Markt eingreift und so den Kaufkraftverlust der Menschen im Land direkt schützt – der Mut dazu hat ihr bisher gefehlt.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar im Kurier.