Klimakrise: Hochwasser, Waldbrände und andere extreme Wetterphänomene werden die Folge der Klimaerhitzung sein

Foto: Hermann Traub/Pixabay

Wir stehen am Anfang einer Klimakrise, die zur Katastrophe werden könnte. Hier findest du die wichtigsten Gründe für Kritik und Hoffnung im Kampf um unseren Planeten.

Ökosoziales Dilemma CO2-Steuer?

Das Bild zeigt ein Blätterdach aus Bodenperspektive.

Klimadebatten sind oft Gegenstand künstlich heraufbeschworener Gegensätze. Das war auch zu beobachten, als unlängst der Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz durchsickerte. Einerseits wurde Unmut über die sozialen Auswirkungen einer CO2-Steuer laut. Andererseits kam auch Kritik daran auf, dass reflexartig nur über die steuerliche Mehrleistung statt über Wege zur Bewältigung der Klimakrise geredet wurde. Problematisch ist dabei, dass durch die Art der Debatten oft ein Dilemma zwischen sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz geschaffen wird.

CO2-Steuer: Umweltschädliches Verhalten reduzieren

Im Kampf gegen die Klimakrise müssen wir umweltschädliches Verhalten reduzieren. Um das zu erreichen, braucht es einerseits umweltfreundliche Alternativen, die etwa den Umstieg vom Auto auf Öffis oder Rad ermöglichen. Auch Förderungen für das Aus von Gas- und Ölheizungen sind wichtig. Dass aber allein die Verfügbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln keinesfalls garantiert, dass diese auch von den allermeisten Menschen benutzt werden, zeigt der morgendliche Blick auf Wiens Straßen. Daher braucht es eben auch Maßnahmen, die Menschen von umweltschädlichen Verhaltensweisen aktiv abbringen. Ebendiese über eine CO2-Steuer zu verteuern, ist eine naheliegende und sinnvolle Maßnahme.

Haushalte mit geringem Einkommen sind von CO2-Steuer überproportional betroffen

Berechnungen zeigen indes, dass eine hohe CO2-Bepreisung für Haushalte mit niedrigem Einkommen schwierig zu stemmen wäre. Und hoch müssten die CO2-Preise sein, um auch Wirkung zu entfalten. Eine angenommene Steuer von 150 Euro pro Tonne CO2 würde für das unterste Einkommenszehntel eine durchschnittliche zusätzliche Steuerleistung von mehr als 3 Prozent des Haushaltseinkommens bedeuten. Bei manchen Haushalten würde die Mehrleistung sogar das Dreifache davon betragen. Ihnen fehlt das Geld, dies einfach so wegstecken zu können. Ihren Ausstoß können diese Haushalte damit auch nicht so einfach reduzieren. Das spiegelt sich zum Beispiel auch darin wider, dass rund 50 Prozent der Haushalte aus dem niedrigsten Einkommenszehntel gar kein Auto besitzen.

Das Balkendiagramm zeigt für jedes Einkommenszehntel die durchschnittliche relative Einkommensveränderung durch die CO2 Steuer. Das erste Einkommenszehntel weist eine überproportional hohe Steuerleistung auf. Die Steuerleistung sinkt mit dem Einkommen.

Durchschnittliche steuerliche Mehrleistung durch die CO2-Steuer relativ zum Haushaltseinkommen: Für Haushalte des ersten Einkommenszehntels ist die steuerliche Mehrleistung überproportional hoch. Die Steuerleistung sinkt mit dem Einkommen.

Lösung: Einnahmen aus CO2-Steuer an Haushalte rückverteilen

Die Lösung liegt auf der Hand: Eine ökosoziale Steuerreform braucht die richtigen Rückverteilungsmaßnahmen. Die Forschung kann uns hier Anhaltspunkte geben. Sie zeigt uns beispielsweise, dass Senkungen der Einkommenssteuer oder der Sozialversicherungsbeiträge wenig treffsicher sind. Haushalte mit geringem Einkommen würden davon kaum profitieren, da sie ohnehin schon wenig Einkommensteuer oder Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Direkte Zuschüsse, etwa Heiz- oder Wohnkostenzuschüsse, wären dagegen besser geeignet. Auch eine Art Mobilitätsbonus, der Haushalte zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel anregen würde, wäre eine gute Idee.

 

Das Balkendiagramm zeigt für jedes Einkommenszehntel die mittlere Steuerleistung und den Nettoeffekt der Reform nach Auszahlung eines einheitlichem Pro-Kopf Ökobonus. Zwar ist die mittlere steuerliche Mehrleistung (Median) durch die CO2 Steuer im einkommensschwächsten Zehntel der Haushalte am stärksten. Verteilt man die zusätzlichen Steuereinnahmen jedoch mittels einheitlichem Pro-Kopf Ökobonus an die Haushalte zurück, so profitiert das einkommensschwächste Zehntel der Haushalte am stärksten.

CO2-Steuer und einheitlicher Pro-Kopf-Ökobonus: Zwar ist die mittlere Steuerleistung (Median) im Zehntel mit dem geringsten Einkommen am stärksten. Verteilt man die zusätzlichen Steuereinnahmen jedoch mittels einheitlichem Pro-Kopf-Ökobonus an die Haushalte zurück, so profitieren Haushalte mit geringem Einkommen am meisten. Die Hälfte dieser Haushalte erfährt durch die Reform einen Einkommenszuwachs von mindestens 2,5 %. Über die gesamte Bevölkerung würden mehr als 58 % von der Reform profitieren. 

Will man es besonders simpel anlegen, kann man auch einen pauschalen Öko-Bonus pro Kopf ausschütten. Wie die Forschung zeigt, hätte durch einen Öko-Bonus mehr als die Hälfte der Haushalte nach der Reform mehr Geld zur Verfügung als davor - insbesondere auch Haushalte mit niedrigem Einkommen. Dadurch wird klar: Wir sollten aufhören über das "Ob" zu streiten. Es kommt auf das "Wie" an.

Dieser Text erschien in leicht geänderter Version am 15. Mai 2021 in der Wiener Zeitung. Eine weitergehendere Analyse findest Du hier.  

Höhere Mineralölsteuer: Rückverteilung entscheidend

Symbolbild Auspuff

Umweltsteuern, wie CO2 Steuern oder eine höhere Mineralölsteuer, sind ein notwendiges Instrument im Kampf gegen die Klimakrise. Einerseits helfen helfen sie bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen. Andererseits bekommt Umweltverschmutzung einen höheren Preis. Die Kosten der Klimakrise werden damit, zumindest teilweise, auf die Verschmutzer:innen übertragen. Ein neuer Entwurf des Klimaschutzgesetzes sieht daher die automatische Erhöhung von Mineralölsteuern vor, sollte Österreich seine Klimaziele verfehlen. 

Gegner:innen höherer Umweltsteuern argumentieren allerdings, dass Haushalte mit geringem Einkommen stärker von der Mineralölsteuer betroffen wären. Das Momentum Institut hat sich daher exemplarisch eine Erhöhung der Mineralölsteuer auf Diesel und Benzin angesehen. Die simulierte Erhöhung entspricht einer CO2 Steuer von EUR 150 pro Tonne CO2-Äquivalent. In absoluten Beträgen erhöht sich damit die Mineralölsteuer auf Diesel von derzeit rund EUR 0,40 auf EUR 0,77. Die Mineralölsteuer auf Benzin würde von derzeit EUR 0,48 auf EUR 0,80 erhöht werden. 

Im Schnitt würde das eine steuerliche Mehrleistung von rund EUR 420 pro Jahr pro Haushalt bedeuten, wenn alle Haushalte so wie bisher weiterfahren würden. Für das Budget bedeutet die Erhöhung der Mineralölsteuer zusätzliche Einnahmen von rund EUR 1,6 Mrd., die auch für eine Rückverteilung verfügbar wären.
 

Das Balkendiagramm zeigt, dass eine höhere Mineralölsteuer Geringverdiener:innen stärker belastet. Durch einen einheitlichen Pro-Kopf Ökobonus werden sie aber zu Gewinner:innen der Steuerreform.

Haushalte mit niedrigem Einkommen zahlen verhältnismäßig mehr Mineralölsteuer als Haushalte mit hohem Einkommen. Durch einen einheitlichen Pro-Kopf Ökobonus profitieren Haushalte mit geringem Einkommen aber überdurchschnittlich stark. Sie werden zu Gewinner:innen der Steuerreform.

Erstes Einkommenszehntel überproportional von Mineralölsteuer betroffen

Eine Analyse der Verteilung der durchschnittlichen Steuerleistung pro Jahr zeigt: Haushalte mit geringem Einkommen weisen relativ zu ihrem Haushaltseinkommen eine höhere Steuerleistung auf als Haushalte mit hohem Einkommen. Eine höhere Mineralölsteuer führt bei Haushalten mit einem geringen Einkommen zu einer durchschnittlichen steuerlichen Mehrleistung von über 2 % ihres Einkommens. Beim obersten Einkommenszehntel der Haushalte beträgt sie dagegen im Schnitt weniger als 0,75 % des Einkommens. 

Die steuerliche Mehrleistung durch eine höhere Mineralölsteuer ist bei Haushalten mit geringem Einkommen sehr ungleich verteilt. Die Hälfte der Haushalte im ersten Einkommenszehntel ist gar nicht betroffen. Es gibt aber auch Haushalte, bei denen die Mehrleistung mehr als 5 % des Einkommens ausmacht.

 

 

Höhere Mineralölsteuern: Große Unterschiede im untersten Einkommenszehntel

Der Durchschnitt verbirgt die enorme Bandbreite der individuell stärkeren oder schwächeren Betroffenheit. Die Streuung ist in den untersten Einkommenszehnteln größer als in den oberen. Da fast die Hälfte der Haushalte in den untersten beiden Einkommenszehnteln kein Auto besitzt, bleiben sie durch die Erhöhung der Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel gar unberührt. Sind Haushalte jedoch von der Steuererhöhung betroffen, so ist die Steuerleistung in Relation zu ihrem Haushaltseinkommen überproportional hoch. Während die mittlere Steuerleistung aller Haushalte bei rund 0,8 % des Haushaltseinkommens liegt, beträgt sie bei rund einem Viertel der Haushalte im untersten Einkommenszehntel mehr als 3,5 % des Einkommens. 10 % der Haushalte im untersten Einkommenszehntel zahlen sogar mehr als 6 % ihres Einkommens an zusätzlicher Mineralölsteuer. In absoluten Zahlen beträgt deren durchschnittliche Steuerleistung rund EUR 620 pro Jahr. Außerdem ist erkennbar, dass die Streuung mit steigendem Einkommen abnimmt.

Wenn die Mehreinnahmen der Mineralölsteuer über einen einheitlichen Pro-Kopf Ökobonus rückverteilt werden, profitiert in jedem Einkommenszehntel über die Hälfte der Haushalte von der Reform. Im ersten Einkommenszehntel sind es sogar mehr als 70 % der Haushalte. 

Sozial Verträglich durch Rückverteilung der Mineralölsteuer über Ökobonus

Um die umweltpolitischen Vorteile einer höheren Mineralölsteuer zu nutzen und gleichzeitig soziale Schieflagen zu vermeiden, empfiehlt sich eine Rückverteilung der zusätzlichen Steuereinnahmen über einen einheitlichen Pro-Kopf Ökobonus.

Der Ökobonus schafft es, die problematische durchschnittliche Verteilung der Steuerleistung zu korrigieren, sodass ärmere Haushalte tendenziell zu Gewinnern werden. Verteilt man die Einkünfte aus der höheren Mineralölsteuer über einen für alle gleich hohen Pro-Kopf Ökobonus komplett an die Haushalte zurück, profitiert die Mehrheit der Haushalte in jeder Einkommensgruppe von der Reform. Haushalte mit geringem Einkommen würden überdurchschnittlich stark profitieren.

Ungelöst bleibt dann nur mehr die starke Betroffenheit der Gruppe von Haushalten mit Autos in den unteren Einkommensbereichen. Im untersten Einkommenszehntel handelt es sich nur mehr um circa dreißig Prozent der Haushalte, die durch die höhere Mineralölsteuer trotz Ökobonus netto „verlieren“. Für Haushalte, die nicht auf klimafreundliche Alternativen, wie öffentliche Verkehrsmittel, umsteigen können, sollte kurzfristig ein zusätzlicher Ausgleich geschaffen werden.

Höhere Mineralölsteuern nur eines von vielen Instrumenten

Abgesehen von höheren Mineralölsteuern wären für den erfolgreichen Kampf gegen die Klimakrise noch weitere Maßnahmen notwendig. Idealerweise sollte eine ökosoziale Steuerreform eine explizite CO2 Steuer beinhalten. Dadurch würden nicht nur Treibstoffe, sondern auch andere Energieträger (z.B.: Heizöl oder Erdgas) je nach Treibhausgasemissionen besteuert werden. Mehr Infos zur Verteilungswirkung von expliziten CO2-Steuern und worauf bei der Einführung geachtet werden soll gibt es hier. Abgesehen von höheren Steuern auf umweltschädliches Verhalten bräuchte es außerdem ein öffentliches Investitionsprogramm zur Schaffung von umweltfreundlichen Alternativen. 

CO2-Steuer: Wer verliert, wer gewinnt?

Foto eines Verkehrsstaus

Spätestens seitdem das Regierungsprogramm der türkis-grünen Regierung eine ökosoziale Steuerreform vorsieht, wird auch in Österreich über die Auswirkungen einer CO2-Steuer diskutiert. Einerseits geht es dabei darum, dass Umweltverschmutzung einen höheren Preis bekommen soll. Die Kosten dieses schädlichen Verhaltens sollen stärker von denen getragen werden, die sie auch verursachen. Andererseits geht es aber auch um eine Lenkungsfunktion. Dadurch, dass der Ausstoß von Treibhausgasen teurer wird, sollen Menschen zu umweltfreundlicherem Verhalten angeregt werden. 

Allerdings können CO2-Steuern zu sozialen Schieflagen führen, etwa indem einkommensschwächere Haushalte relativ zu ihrem Einkommen stärker belastet werden als einkommensstarke Haushalte. Um die Verteilungswirkungen einer CO2-Steuer besser beurteilen zu können, haben wir die Einführung einer CO2-Steuer in der Höhe von EUR 150 pro Tonne CO2-Äquivalent für die österreichischen Haushalte simuliert. Das Ergebnis: Die CO2-Steuer wirkt tatsächlich regressiv: In Prozent ihres Einkommens werden Haushalte mit geringen Einkommen stärker belastet als Haushalte mit hohen Einkommen. Relativ stark belastet werden außerdem junge Haushalte, sowie Haushalte in ländlichen Gebieten. 

Um die Steuer sozial verträglich zu gestalten und somit auch die Akzeptanz der Steuer zu erhöhen, müssen die Steuereinnahmen daher an die Haushalte rückverteilt werden. Dafür wird meist ein Pro-Kopf-Transfer für jeden Haushalt vorgeschlagen. Dieser „Öko-Bonus“ lässt allen Haushalten – je nach Haushaltsgröße – eine gleich hohe Zahlung aus dem gesamten Steueraufkommen zukommen. Relativ zu ihrem Einkommen profitieren davon einkommensschwächere Haushalte stärker. Erst dadurch wird die Steuerreform progressiv: Einkommensschwächere Haushalte profitieren relativ zu ihrem Einkommen stärker von der Reform als einkommensstarke Haushalte.

Zudem ist die Steuerleistung sehr ungleich verteilt. Während 23 % der Haushalte überhaupt nicht belastet werden, müssten 5 % der Haushalte über 6,1 % ihres Einkommens für die Steuer aufwenden. 

Die ungleiche Steuerleistung resultiert einerseits aus Unterschieden bei der Höhe des Haushaltseinkommens. Andererseits resultiert sie aber auch aus unterschiedlichen Konsummustern. Es macht beispielsweise einen großen Unterschied, ob ein Haushalt mit Heizöl oder mit Fernwärme heizt. Auch die Anzahl der Autos, die ein Haushalt besitzt, oder die Art des bewohnten Hauses (Mehrparteienhaus oder Einfamilienhaus) spielen eine wichtige Rolle. 

Dementsprechend breit gestreut ist auch der Netto-Effekt einer aufkommensneutralen CO2-Steuerreform mit einem Pro-Kopf Öko-Bonus. Während die am stärksten belasteten 5 % der Haushalte fast 4 % ihres Haushalteinkommens durch die Reform verlieren, können die am wenigsten stark belasteten 5 % der Haushalte ihr Einkommen durch die Reform um 3 % erhöhen. Insgesamt profitieren mehr als 58 % der Haushalte von der Reform. 

Abgesehen von Pro-Kopf Transfers wären weitere denkbare Rückverteilungsmaßnahmen etwa Wohn- oder Heizkostenzuschüsse. Diese hätten den Vorteil, dass sie einerseits auf die soziale Bedürftigkeit der EmpfängerInnen und andererseits auf die Alternativlosigkeit der betroffenen Haushalte Rücksicht nehmen würden. Beispielsweise könnten MieterInnen, die selbst keinen direkten Einfluss auf die Wahl des Heizsystems haben und so der Steuer nicht ausweichen können, direkt entlastet werden. 

Langfristig hängt der Erfolg der CO2-Steuer aber von der Schaffung von Alternativen ab. Der öffentliche Raum muss neugestaltet werden, Stadt- und Dorfzentren sollten wiederbelebt und Wege möglichst verkürzt werden. Zudem sollte der Staat das aktuelle Niedrigzinsumfeld für öffentliche Investitionen in den öffentlichen (Nah-)Verkehr nutzen. Insbesondere bei ärmeren Haushalten sollten bestehende Förderungen für Gebäudesanierung und Heizungstausch auf die fehlenden Eigenmittel Rücksicht nehmen und ausgebaut werden.  

Näheres zu den Gewinnern und Verlierern einer CO2-Steuer und worauf bei der Umsetzung sonst noch geachtet werden sollte gibt's in der nachfolgenden Studie zum Download:

Von Momentum-Ökonomin Anna Hehenberger ist ein weiterer Policy Brief zum Thema Verkehrs-Ökosteuern verfügbar.

Wohlstand oder Klimaschutz?

Blick vom Boden in Richtung Himmel zeigt begrünte Balkone eines mehrstöckigen Hauses

Während wir die Coronakrise stärker in den Griff bekommen, tritt die Klimakrise in den Vordergrund. Dabei wird die Wichtigkeit von Klimaschutz üblicherweise nicht bestritten. Bei jedem konkreten Vorschlag kommen aber Bedenken. Dies schade dieser und jener Branche, der Wirtschaft, ja überhaupt dem Wohlstand. Josef Urschitz' sehr kritische Würdigung einer Studie der deutschen Böll-Stiftung in der "Presse" ist dabei keine Ausnahme. 

Dabei sollten wir nicht vergessen: Schaffen wir es nicht, die Klimakrise in den Griff zu bekommen, droht unser Wohlstand zu erodieren. Eine Studie des Grazer Wegener Instituts untersucht beispielsweise die Kosten des Nichthandelns im Bereich des Klimaschutzes. Die Ergebnisse sind beachtlich: Die direkten klima- und wetterbedingten Schäden allein belaufen sich bereits auf zwei Milliarden Euro pro Jahr. Berücksichtigt man außerdem die Schäden für die Wirtschaft, so kommt man aktuell auf jährliche Schäden von 15 Milliarden Euro - Tendenz steigend. Verfehlen wir die Klimaziele, so blicken wir in eine ungewisse Zukunft. Das bedeutet, dass wir unseren Ressourcenverbrauch drastisch einschränken müssen, gerade um unseren Wohlstand zu erhalten. Die größte Hoffnung ruht dabei auf dem technologischen Wandel, der Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch voneinander entkoppeln soll. Sich auf notwendige technische Errungenschaften zu verlassen, gleicht allerdings einer großen Wette mit hohem Einsatz. Zudem zeigen Simulationen, dass wir unsere Klimaziele durch Verhaltensanpassungen deutlich schneller und teilweise effektiver erreichen können. Vor diesem Hintergrund ist eine Debatte über die Ausgestaltung unseres Wohlstands und der Konsumweise angebracht. 

Dazu hilft es, einen Blick auf den Zusammenhang von materiellem Konsum und Wohlstand werfen. Wohlstand hängt mit Bedürfnisbefriedigung zusammen. Teilweise können wir Bedürfnisse durch materiellen Konsum stillen, indem wir Essen, Kleidung, Wohnraum oder Freizeitaktivitäten konsumieren. Deshalb fokussieren wir uns so oft auf das Wirtschaftswachstum als Wohlstandsindikator. Je größer die Wirtschaftsleistung, desto mehr können wir konsumieren. Dadurch wird Wohlstand allerdings auf den alleinigen Aspekt der materiellen Bedürfnisbefriedigung reduziert. Viele unserer Bedürfnisse, wie Bildung, Gesundheit oder soziale Nähe, können wir nur teils durch materiellen Konsum stillen. Konsum hängt somit zwar mit Wohlstand zusammen. Doch nur weil wir mehr konsumieren, sind wir keineswegs automatisch zufriedener, gesünder oder besser gebildet. Auch unsere Umwelt wird dadurch nicht lebenswerter. Aus diesem Grund wurden mittlerweile auch alternative Wohlstandsindikatoren definiert. Einer der bekanntesten alternativen Indikatoren ist etwa der Human Development Index (HDI), der neben der Wirtschaftsleistung auch Bildung und Lebenserwartung berücksichtig. 

Diskussion über Konsum 

Entscheidend ist also nicht, wie viel wir konsumieren, sondern was wir konsumieren. Eine Diskussion über unseren Konsum ist damit entgegen häufiger Behauptungen keine Einwegstraße des Wohlstandsverlusts. Im Gegenteil! Es geht darum, den Wohlstand unserer Gesellschaft zu maximieren, ohne die natürlichen Grenzen unserer Umwelt zu überschreiten. Das kann gelingen, wenn wir ressourcenintensiven und verschwenderischen Konsum zurückfahren. So könnten wir etwa in Zukunft nicht mehr jeden Sommer mit dem Flugzeug auf Urlaub fliegen und auf den Zug umsteigen. Auch exzessiven Fleischkonsum könnten wir reduzieren und dafür in Zukunft auf nachhaltige und artgerechte Tierhaltung Wert legen. Statt Milliarden Euro für neue Autobahnen auszugeben, könnten wir unser Bildungs- und Sozialsystem auf neue Beine stellen. Manche Leute müssten so auf einen Teil ihres Überschusses verzichten. Für viele Leute, wie die 37 Prozent der Österreicher:innen, die nie in ihrem Leben ein Flugzeug betreten, würde das nicht Verzicht, sondern mehr Wohlstand bedeuten. Die dafür notwendige Debatte erfordert Mut. Sie bringt aber auch die Chance, am Ende in einer lebenswerteren, wohlhabenderen Welt aufzuwachen.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der "Presse"

Klimaschutz: Nicht mit Steuern allein steuern

Familien und Radfahrer haben die Straße zurückerobert.

Ja, es stimmt: Es braucht Kostenwahrheit im Verkehr, wie Gerd Sammer an dieser Stelle schrieb (Anmk.: DER STANDARD Gastkommentar vom 09.03.2021, Titel: "Wieso wir eine ökosoziale Steuerreform brauchen"). Eine ordentliche CO2-Steuer ist überfällig. Umweltverschmutzung muss einen Preis bekommen. Einerseits gebietet das die ökonomische Logik. Wir wissen, dass Preise für Konsumentscheidungen eine große Rolle spielen und dass die negativen Effekte von Treibhausgasemissionen in den aktuellen Preisen nicht widergespiegelt werden. Diejenigen, die für Emissionen verantwortlich sind, zahlen einen viel zu niedrigen Preis dafür. Die hohen Kosten der Klimakatastrophe zahlen aber wir alle.

Alternativen schaffen

Andererseits werden uns CO2-Steuern allein nicht retten. Fossile Brennstoffe sind das Blut, das durch die Adern unseres Wirtschaftskreislaufs fließt. Eine Steuer kann dabei helfen, den Energieverbrauch auf das nötigste Maß zu reduzieren. Sie soll dort ansetzen, wo bloße Bequemlichkeit oder Ignoranz zu Emissionen führt. Wenn es aber um die notwendige Raumwärme im Winter geht oder um den nicht anders zu bewältigenden Arbeitsweg, dann führt die CO2-Steuer nicht zu einer Reduktion des Überflusses, sondern zu einer sozialen Schieflage, die es zu verhindern gilt.

Wer einen eine lange Strecke pendeln muss, wer weit weg vom nächsten Bahnhof wohnt, den treffen höhere Steuern im Verkehrsbereich besonders, dem bleiben aber auch wenige Optionen. Wer sich – oft nicht zu Unrecht – fürchtet, mit Fahrrad und Kindersitz auf der 100-km/h-Landstraße unterwegs zu sein, die, wie die allermeisten, eben nicht über einen begleitenden, geschützten Fuß- und Radweg verfügt, den kriegen wir wohl auch mit ein paar Cent mehr Steuern nicht auf das Fahrrad. Kurzfristig kann – und soll – man Schieflagen vermeiden, indem man eine kluge Rückverteilung, etwa über Ökoboni, einen ökologisierten Pendlerabsetzbetrag oder Wohnkostenzuschüsse, vornimmt. Langfristig muss man aber vor allem eines tun: Alternativen schaffen.

Zentren beleben

Was das Land braucht, ist eine Neugestaltung der öffentlichen Räume und des Verkehrssystems. Wege müssen drastisch verkürzt werden. Statt Einkaufszentren am Stadtrand braucht es eine Wiederbelebung der Stadt- und Dorfzentren. Diese müssen öffentlich so bequem wie nur möglich erreichbar sein. Der öffentliche Nahverkehr muss drastisch ausgebaut werden. Dazu gehört auch eine engmaschige Taktung – auch abseits der Stoßzeiten. In sehr abgelegenen Gebieten muss über innovativere Wege, etwa App-basierte Sammeltaxisysteme, nachgedacht werden. Für größere Einkäufe könnten öffentliche Carsharing-Angebote eingeführt werden. Im Gegensatz zum individuellen Gebrauch in Großstädten könnten hier auch angemessen dimensionierte E-Autos eine wichtige Rolle einnehmen. Diese beispielhaften Maßnahmen zeigen vor allem auch, dass Klimaschutz keine unbequeme Verbotsstraße ist. Wir können ihn dazu nutzen, das Leben der Menschen besser zu machen.

Ja, klimaschädliches Verhalten muss teurer werden. Die emissionsarme Variante kann aber vor allem nicht nur günstiger, sondern auch besser sein. Wiederbelebte Zentren, angst- und gefahrlos nutzbarer öffentlicher Raum für Fußgängerinnen und Radfahrer, ein stressfreier Weg in die Arbeit mit bequemen öffentlichen Verkehrsmitteln – wieso soll das nur Bewohnerinnen und Bewohnern einiger Großstadtgrätzel vorbehalten bleiben?

Höhere Treibstoffpreise

Nicht vergessen werden soll zudem auch, dass der Beitrag der einzelnen Menschen zum Klimawandel höchst unterschiedlich ist. Die reichsten zehn Prozent Österreichs verursachen durch ihr Verkehrsverhalten siebenmal so viel CO2 wie die ärmsten zehn Prozent – ohne Fliegen. Gerade bei den Reichsten werden Preissignale die geringste Wirkung haben: Wer im 75.000-Euro-SUV eines deutschen Premiumherstellers unterwegs ist, mag sich über höhere Treibstoffpreise ärgern, aber schwerlich dazu gezwungen sein, ihretwegen seine Transportart zu verändern. Selbiges gilt auch für Businessclass- und Privatjetflüge.

Die notwendige Transformation ist herausfordernd, aber auch voller Chancen. Soll sie gelingen, dann muss der Staat dabei eine große Rolle einnehmen. Ja, individuelles klimaschädliches Verhalten muss teurer werden. Aber Klimaschutz ist nicht nur eine individuelle Aufgabe – er ist vor allem eine gesellschaftliche Aufgabe. Die heutige Situation im Verkehrsbereich ist auch Resultat staatlichen Handelns, das jahrzehntelang in neue Straßen investierte, während regionale Bahnstrecken geschlossen wurden. Das ist umkehrbar. Wir können in neue Züge investieren, wir können großartige Nahverkehrssysteme einrichten. Wir müssen es nur tun. Momentan wird der österreichische Staat dafür bezahlt, neue Kredite aufzunehmen. Nutzen wir diese Chance und starten wir heute statt morgen damit, in eine Zukunft zu investieren, die alle mitnimmt und unseren Planeten erhält.

Grüne Pflänzchen in der EZB?

warming stripes

Kommentar von Anna Hehenberger und Andreas Dimmelmeier (Economists for Future DE)

 

Christine Lagarde erkennt die Herausforderungen des Klimawandels für den Aufgabenbereich der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese setzt erste zaghafte Maßnahmen und schon erntet sie Kritik. Auch in Österreich. Tatsächlich folgt die EZB aber nur ihrem Mandat, wenn sie Risiken des Klimawandels für ihre Hauptaufgaben, nämlich Preisstabilität und Finanzmarktstabilität, beobachtet, beurteilt und letztlich zu managen versucht.

 

Dazu hat sie etwa ein „Klimawandelzentrum“ eingerichtet. Klingt sehr ambitioniert; de facto handelt es sich dabei um eine kleine Stabsabteilung, wie sie etwa in der deutschen Bundesbank oder der Banque de France bereits existieren.

Dass man sich in der EZB selbst daran stößt, dass durch das eigene Unternehmensanleihen-Kaufprogramm überdurchschnittlich große und schmutzige Industrien gefördert werden, weil diese am Kapitalmarkt überdurchschnittlich vertreten sind, ist dabei eine gute Nachricht. Ein Festhalten an einer Neutralität gegenüber einem selbst verzerrtem Markt macht keinen Sinn.

 

Dabei liegt eben Marktversagen dem Klimawandel zugrunde. Und man sollte nicht vergessen, dass schon bisher die Geldpolitik der EZB sowie aller anderen Notenbanken Gewinner und Verlierer erzeugt hat. Genau genommen fördert jede Geldpolitik ein Marktsegment zu Ungunsten eines anderen, indem sie die Zinsstrukturkurve verändert. Absolute Marktneutralität ist Fiktion. In der realen Welt haben wir es immer mit Zielkonflikten zu tun, die es abzuwägen gilt. In diesem Fall also Klimaneutralität mit Marktneutralität. Und noch einmal: es geht noch nicht einmal darum „grüne Anleihen“ zu fördern, sondern vorerst deren negative Diskriminierung hintanzuhalten. Kein Wunder also, wenn vielen NGOs die (erst mal nur diskutierten) „großen Schritte“ der EZB zu zaghaft sind.

 

Die Kritiker der EZB betonen oft deren Unabhängigkeit. Diese Unabhängigkeit wurde geschaffen, um die Inflationsbekämpfung von Zurufen der Tagespolitik zu schützen. Nun ist Inflation derzeit nicht das dringendste Problem, dennoch gilt es achtsam zu sein. Und eben achtsam wird die ganze Palette möglicher Einflussfaktoren analysiert: wirtschaftliche, gesellschaftliche oder eben auch der Klimawandel. Auch darin ist die Notenbank unabhängig. Aus der Unabhängigkeit aber abzuleiten, dass die Zentralbank vor der größten Herausforderung der Menschheitsgeschichte untätig daneben stehen soll, stehen muss, ist absurd.

 

Laut dem EU-Vertrag ist die Zentralbank ja sogar verpflichtet, die Wirtschafts- und Umweltpolitik der EU zu unterstützen, sofern sie damit ihre Hauptaufgaben (Preisstabilität) nicht vernachlässigt. Klimaneutralität ist nun mal Ziel der EU, mehr noch: die EU hat sich dazu im Pariser Abkommen gegenüber der Weltgemeinschaft verpflichtet. Und was spricht überhaupt gegen eine Re-Kalibrierung von Notenbank-Zielen? Schließlich war auch die Preisstabilität war nicht immer das einzige Ziel von Zentralbanken.

 

Natürlich sind auch die Regierungen der Mitgliedsstaaten und die EU selbst gefordert – auch bei einem CO2-Preis, der als verursachergerechte Antwort gegen das Marktversagen mangelnder Kostenwahrheit helfen soll. Ein perfekter CO2-Preis ist indes schwer zu ermitteln, geschweige denn durchzusetzen. Klimapolitik beschränkt sich sinnvollerweise auch nicht auf das bloße Dekretieren eines Eurobetrags pro Tonne CO2, sondern greift unterstützend ein, setzt zusätzliche Anreize, investiert in green jobs, verbietet extrem schädliche Entwicklungen.

 

Freilich können Zentralbanken dabei nur einen kleinen Beitrag leisten. Aber sie sind nicht außen vor. Sie sind Teil des öffentlichen Sektors und Teil des Problems. Sie können auch Teil der Lösung werden.

EZB-Käufe österreichischer Unternehmensanleihen alles andere als "grün"

Durch Öl verseuchter Boden

Rund 62 % der österreichischen Anleihen im Unternehmensanleihen-Kaufprogramm "Corporate Sector Purchase Programme" (CSPP) der Europäischen Zentralbank (EZB) sind der Erdöl- und Gasindustrie zuzurechnen. Im Juni 2019 betrug der Anteil noch 42 %. Die Geldpolitik der EZB könnte somit indirekt die klimapolitischen Ziele der Europäischen Union behindern.

Das Momentum Institut empfiehlt eine grünere Geldpolitik: Nachhaltigkeitskriterien als Voraussetzung für die Aufnahme von Unternehmensanleihen in Kaufprogramme. Banken mit klimafreundlichen Unternehmens- und Immobilienfinanzierungen sollen günstigere Refinanzierungen der Zentralbanken erhalten.

Zusammensetzung der österreichischen Anleihen im Kaufprogramm

Seit mehreren Jahren gehören großvolumige Anleihenkäufe zum geldpolitischen Programm der EZB. Neben Staatsanleihen werden auch Unternehmensanleihen gekauft. Dies soll die Finanzierung von privaten Investitionen erleichtern. Dabei werden lediglich Anleihen mit entsprechender Bonität in das Kaufprogramm aufgenommen. Weil die Struktur kohlenstoffintensiver Industrien aber oft große Unternehmen hervorbringt, sind diese im Kaufprogramm überrepräsentiert. Konkret hat sich das Momentum Institut angesehen, welche österreichischen Anleihen die EZB für ihr Kaufprogramm ausgewählt hat.

Sektoranteile am Gesamtvolumen der österreichischen Unternehmensanleihen im CSPP

Im Oktober 2020 machten Anleihen der fossilen Industrie rund 62 % der verfügbaren österreichischen Unternehmensanleihen im EZB-Programmaus. Die genaue Zusammensetzung ihres Portfolios hält die EZB geheim. Geht man aber ihrer generellen ‚marktneutralen‘ Kaufstrategie folgend davon aus, dass sie einen möglichst gleich hohen Prozentsatz aller Anleihen besitzen möchte, dann spiegeln die in Frage kommenden Anleihen auch die tatsächlich gekauften wider – zumindest nach einiger Zeit. Auch wenn die Motive natürlich ganz andere sind, indirekt unterstützt die EZB am Anleihenmarkt damit vor allem die fossile Industrie. In diese Sparte fallen Anleihen der OMV, Borealis und der strategischen Erdölreserve des Bundes (ELG). Das verbleibende Drittel teilte sich auf verschiedene andere Branchen auf: Die Anleihegeschäfte der Telekom Austria machten 12 % aus, die im internationalen Vergleich relativ grünen Energieproduzenten (EVN. Verbund, KELAG, Energie AG Oberösterreich) 9 %. Immobilien machten weitere 7 % aus, Glücksspiel (NOVOMATIC AG) 5 %, Versicherungen 4 % und der Bausektor 1 %.

Zeitliche Entwicklung

Verglichen mit Juni 2019 zeigt sich zudem, dass der Anteil der fossilen Industrie sogar zugenommen hat. Damals lag der Anteil des fossilen Sektors noch bei 42 %, um zwanzig Prozentpunkte unter dem aktuellen Wert. Dagegen waren mit 25 % noch mehr Anleihen anderer Energiefirmen mit einem nachhaltigeren Energiemix vertreten.

Sektoranteile der Unternehmensanleihen am Gesamtvolumen der österreichischen Unternehmensanleihen im CSPP, Stand Juni 2019

Maßnahmen für eine klimaverträgliche Geldpolitik

Die Klimakrise hat das Potenzial, das Preisstabilitätsziel der EZB zu gefährden. So könnten Naturkatastrophen etwa zu starken Schwankungen der Lebensmittelpreise führen. Auch die Finanzmarktstabilität könnte durch klimawandelbedingte Wertverluste negativ beeinflusst werden. Neben der Preisstabilität ist aber auch die Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der EU im Mandat der EZB verankert, u. a. daher auch die anvisierte Senkung der CO2-Emissionen um 55% bis 2030. Das Momentum Institut schlägt daher eine Reihe von Maßnahmen vor, mit denen die Geldpolitik der EZB in größere Übereinstimmung mit den klimapolitischen Zielen der Europäischen Union gebracht werden kann.

  • Nachhaltigkeitskriterien sollten Voraussetzung für den Kauf von Unternehmensanleihen im Zuge von Anleihenkaufprogrammen werden.  
  • Banken mit vielen grünen Projekten sollten günstigere Finanzierungen der Zentralbanken erhalten
  • Unternehmen sollen zur Offenlegung von CO2-Bilanzen verpflichtet werden. Ratingagenturen sollen diese in ihre Bonitätsprüfungen einfließen lassen.

Der Policy Brief im Detail:

Pendlerpauschale & Co: Verkehrs-Ökosteuern im Check

Stauende Autos und Motorräder

Der Verkehr spielt eine kritische Rolle

Seit 2014 sind die Emissionen aus dem Verkehr um 10% gestiegen. Einen Großteil davon machen Schadstoffe des Straßenverkehrs aus. Die Maßnahmen die Pendlerpauschale & Co reformieren sollen, sind richtig und wichtig. Dennoch reicht das geschätzte Einsparungspotenzial, das damit erreicht werden kann, nicht aus, um die österreichischen Emissionen effektiv zu senken. 

Es bräuchte viel mehr

Wie viel mehr es bräuchte, wird deutlich, sobald die Einsparungspotenziale der Ökologisierung der Verkehrsabgaben mit den benötigten Einsparungen bis 2030 verglichen werden. Demnach könnten die geplanten Maßnahmen maximal 3,4 Mio. Tonnen CO2 bis 2030 einsparen während über 10 Mio. Tonnen reduziert werden müssten, um das Ziel für 2030 zu erreichen. Von den 3,4 Mio. Tonnen Einsparungspotenzial aus der Ökologisierung der Verkehrsabgaben ist der Großteil der Reduktion des Tanktourismus zuzuordnen. Dieser wird durch Preisunterschiede zu den Nachbarländern mitverursacht – die Abschaffung des Dieselprivilegs ist also auch aus Gründen der Einsparungspotenziale zu priorisieren.

 

Ökologische und sozial gerechtere Mobilität ist ein Anfang

Es muss also viel mehr getan werden. Trotzdem, ein Pendlerpauschale, das als Absetz- statt als Freibetrag und mit einem Ökobonus gestaltet ist, wirkt sozial gerechter und reduziert die aktuellen Anreize zur Zersiedelung. Die Abschaffung des Dieselprivilegs trifft vor allem SUV- und Oberklasse-FahrerInnen und birgt das Potenzial, wesentliche Teile des Tanktourismus zu vermeiden. Eine Ökologisierung der Normverbrauchsabgabe setzt – genauso wie die des Dienstwagenprivilegs – Lenkungseffekte für die Anschaffung nachhaltiger, emissionsärmerer Fahrzeuge und reduziert den Ausstoß von Luftschadstoffen in der Zukunft. Die höhere Flugticketabgabe und stärkere Spreizung der LKW-Maut attraktiveren die Bahn als Alternative für privaten als auch kommerziellen Transport. 

Diese Maßnahmen betreffen die täglichen Leben der BürgerInnen in Österreich, daher ist bei einer Änderung der Ausgestaltung wichtig, neben den ökologischen Zielen auch auf soziale Verträglichkeit zu achten. Wie die Maßnahmen aktuell wirken und welche Möglichkeiten es zu ihrer Umgestaltung gibt, wird im nachfolgenden Policy Brief analysiert.