Klimakrise: Hochwasser, Waldbrände und andere extreme Wetterphänomene werden die Folge der Klimaerhitzung sein

Foto: Hermann Traub/Pixabay

Wir stehen am Anfang einer Klimakrise, die zur Katastrophe werden könnte. Hier findest du die wichtigsten Gründe für Kritik und Hoffnung im Kampf um unseren Planeten.

Inflation: Zinserhöhungen werden es nicht richten

EZB als Symbolbild für Inflation

Wer etwas gegen die Inflation tun will, sollte genau prüfen, was die Preise derzeit nach oben treibt. Die aktuelle Teuerung ist zum größten Teil nicht hausgemacht. Rohstoffe, wie Gas und Vorprodukte, wie Mikrochips sind knapp: Wegen dem Ukraine-Krieg, aber auch pandemiebedingt. Wenn China Häfen und Fabriken schließt, fehlen auf der ganzen Welt Mikrochips.

Wir kennen Inflation bisher vor allem, wenn die Wirtschaft überhitzt war, also der Motor überdrehte: Es haben fast alle Arbeit, die Unternehmen volle Auftragsbücher. Die Wirtschaft überhitzt: Es kann gar nicht mehr so viel produziert werden, wie die Leute kaufen wollen, die Unternehmen erhöhen immer mehr die Preise. Da steigen die Notenbanken zurecht auf die Bremse - und erhöhen die Zinsen.

Heute ist die Ursache der Inflation das fehlende Angebot: Der Motor stottert, weil nicht genug Benzin aus dem Tank kommt. Alle wollen knappe Produkte kaufen, die Preise schießen nach oben.

Nun wird der Ruf nach einer Erhöhung der Zinsen durch die Zentralbank laut. Wenn wir mit einer Zinserhöhung auf die Bremse steigen, dann löst das unser Problem nicht: Der Ukraine-Krieg endet nicht, weil die Notenbank die Zinsen erhöht. Und es gibt deshalb auch nicht wieder genügend Mikrochips. Wir schaffen neue Probleme: Die höheren Zinsen bremsen die Wirtschaft, bremsen Investitionen und sorgen so für höhere Arbeitslosigkeit. 

Steigen die Preise, wird der Kuchen kleiner. Was die Politik tun kann: den Kuchen gerecht verteilen. Entweder mit Preisdeckeln dort, wo es sinnvoll ist – etwa beim Grundbedarf an Gas und Strom. Oder mit Gewinnsteuern zur Abschöpfung der Gewinne, um das Geld den Betroffenen zur Verfügung zu stellen. Um die drohende Miet-Preis-Spirale zu dämpfen, müsste man die Erhöhung der Richtwertmieten rückwirkend aussetzen.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Kleinen Zeitung.

Analyse sieht Vorteile für Strom- und Gaspreisdeckel

Flamme in Gastherme: Kein Ausgleich für Mieter:innen beim Klimabonus

Der in Deutschland diskutierte Gaspreisdeckel wäre auch für Österreich ein sinnvolles Instrument, zeigt eine vergleichende Analyse. Der von der Regierung vor Wochen angekündigte Kostenausgleich deckt zwar die bisherige Preiserhöhung recht gut ab. Für zukünftige Preissteigerungen reicht dieser aber nicht mehr aus. Auch die vorgeschlagene Senkung der Umsatzsteuer auf Energie habe Nachteile.

"Ein Preisdeckel würde die Vorteile der verschiedenen Instrumente bei insgesamt weniger Nachteilen vereinen. Inbesondere würde ein Preisdeckel auch bei noch höher steigenden Energiepreisen automatisch helfen", erkläutert Momentum-Klimaökonom Joel Tölgyes. Die ganze Analyse gibt es hier zum Download:

 

Für einen durchschnittlichen Wiener Haushalt ist schon jetzt die Energierechnung um 180 Euro gestiegen. Für diese bisherige Preiserhöhung reicht der Energiekostenausgleich von EUR 150 recht gut aus. Nachdem es sich um einen Fixbetrag handelt, reagiert der Energiekostenausgleich allerdings nicht auf zukünftige Preissteigerungen. Bei einer weiteren Verschärfung der Lage könnten in den nächsten Monaten Mehrkosten von 508 Euro pro Haushalt anfallen, schätzt die Denkfabrik. Der Energiekostenausgleich bzw. die vorgeschlagene Mehrwertsteuersenkung würden diese Mehrbelastung auf rund 360 Euro reduzieren. Ein Preisdeckel für Strom und Gas könnte die Mehrkosten hingegen auf 222 Euro senken. Gleichzeitig bleiben aber die Anreize zum Energiesparen erhalten.

Vergleich der Unterstützungsinstrumente Gaspreisdeckel

Wie wirken sich die unterschiedlichen Unterstützungsinstrumente Strom- bzw. Gaspreisdeckel, Energiekostenausgleich und Umsatzsteuersenkung auf die Energierechnungen von Haushalten aus?

Die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen hat das Momentum Institut bereits ausführlich analysiert.
 

Warum die Inflation steigt und wen sie trifft

Euro Inflation Geld

Wohnen, Energie, oder in der Freizeit? Wo Österreichs Haushalte die derzeit höhere Inflation zu spüren bekommen ist nicht bei allen gleich. Je nach Konsumverhalten machen sich die steigenden Preise in gewissen Bereichen mehr bemerkbar als in anderen. Die Inflation ist seit Frühjahr 2021 höher, als wir das aus den letzten Jahren gewohnt waren. Die Gründe dafür sind leicht zu finden, dennoch wird das Thema derzeit verstärkt für ideologische Zwecke missbraucht und Zinserhöhungen seitens der EZB gefordert. Das würde aber nicht mal zur Symptombekämpfung taugen.

Die Pandemie traf auch die Preisentwicklung

Der Ausgangspunkt der steigenden Preise ist bereits im Jahr 2020 zu finden: im Zuge der ersten Lockdowns im Frühjahr brach der Ölpreis stark ein. Generell brachte das erste Krisenjahr eine geringe Teuerung von 1,4 Prozent im Jahresdurchschnitt mit sich. Die Rückkehr des Ölpreises auf das Vorkrisenniveau fand im Frühjahr 2021 statt. Ab diesem Zeitraum setzten auch erstmals steigende Inflationsraten ein.

In den Frühjahrs- und Sommermonaten traten in einigen Bereichen statistische Effekte auf, die die Inflationsrate nach oben trieben – sogenannte Basiseffekte. Dazu trugen einerseits verschobene Abverkaufszeitpunkte im Handel bei. Im Möbelhandel etwa finden diese üblicherweise in den Sommermonaten statt. Nach den ersten Öffnungen im Mai 2020 wollte die Branche die Kund:innen gleich mit Angeboten locken. Der Abverkauf fand im ersten Krisenjahr also schon im Mai statt. Ein Jahr später wurde hingegen wieder das gewohnte Muster angewandt. Wie wirkt sich das auf die Teuerung aus? Die Berechnung der Inflationsrate basiert auf einem Vergleich des jetzigen Preisniveaus mit dem Vorjahresmonat. Waren die Preise dort besonders niedrig, erscheint auch die Steigerung umso extremer – man nennt dies „Basiseffekt“. Dieses Phänomen trat etwa im Möbel- oder Bekleidungshandel auf.

Weitere Basiseffekte waren in den Bereichen Energie und Treibstoff zu beobachten. Dort herrschten bis ins Frühjahr 2021 besonders niedrige Preise vor, dann begann der statistische Effekt zu wirken. Ausgehend von März 2021 lassen sich Monat für Monat Anstiege von teils über 20 Prozent beobachten. Im Bereich Gas stieg die Teuerung erstmals im August auf über fünf Prozent. Sowohl Treibstoffe als auch Energie haben ein hohes Gewicht im Warenkorb (3,5 bzw. 3,8 Prozent im Jahr 2021). Dementsprechend stark ist auch ihr Einfluss auf die gesamte Inflationsrate. Um diesen besser zu verstehen, eignet sich der Vergleich mit der Kerninflation. Bei dieser werden die Preise für Energie und Lebensmittel herausgerechnet. Die offizielle Inflationsrate nach dem harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) und die Kerninflation weichen vor allem in den letzten paar Monaten stark voneinander ab. 

Welthandel immer noch mit Schwierigkeiten

Ein weiterer wesentlicher Faktor für die gestiegenen Preise sind weltweite Angebotsknappheiten und Lieferengpässe. Für jeden Rohstoff und jedes Produkt lässt sich eine eigene Geschichte erzählen. Etwa für Bauholz, das im Pandemiejahr verstärkt in die USA exportiert wurde, begünstigt durch den dortigen Bau- und Heimwerker:innen-Boom, sowie Schädlingsbefall in Kanada. Mitte 2021 brachen die Preise ein, stiegen mittlerweile aber wieder an.

Die Pandemie brachte auch einen Digitalisierungsschub mit sich, der die Nachfrage nach Halbleitern und Mikrochips erhöhte. Hier herrschen bis heute Lieferverzögerungen, die etwa die Automobilindustrie stark treffen. Für derartige Chips werden um die 300 verschiedenen Stoffe benötigt, auch diese Komponenten werden dadurch stärker nachgefragt. Viele dieser Gase und Edelmetalle werden aus Russland und der Ukraine importiert. Der Krieg wird sich negativ auf die Produktion in beiden Ländern auswirken und könnte damit die Halbleiterkrise verschärfen.

Generell verschob sich das Konsumverhalten seit Pandemiebeginn. Vor allem in den Lockdownmonaten wurden weniger Dienstleistungen und mehr Güter nachgefragt. In vielen Bereichen, etwa bei Möbeln, konnte diese Nachfrage nicht direkt bedient werden. Diese Angebotsknappheiten hatten Lieferverzögerungen zu Folge, die auch durch Faktoren wie Arbeitskräfteausfälle durch Corona, Einreisebeschränkungen und die Verstopfung des Suez-Kanals verschärft wurden. Nach wie vor läuft der Welthandel also weniger rund als vor der Pandemie, die Lieferverzögerungen werden in den Containerpreisen sichtbar. 

Wie stark sich Lieferengpässe auf die Preisentwicklung durchschlagen, zeigt sich am Beitrag dieser Güter zur Inflationsrate. Von der Inflationsrate von 5,8 Prozent im Februar sind 1,3 Prozentpunkte auf Güter mit Lieferengpässen zurückzuführen. Der Beitrag der restlichen Güter ist mit 0,5 Prozentpunkten nicht einmal halb so groß. Der Einfluss der Lieferengpässe ist auch am Verhältnis der beiden Gruppen über die vergangenen Jahre hinweg zu erkennen. So ist seit dem Vorjahr der Beitrag der Gruppe der Güter mit Lieferengpässen auf die Inflation im Verhältnis deutlich größer als jener der Güter ohne Lieferengpässe.
 

Energie und Treibstoffe sind der große Inflationstreiber

Der derzeitige Hauptfaktor schlechthin wirkt seit Mitte 2021 – und das immer stärker: die gestiegenen Gaspreise. Wie es dazu kommen konnte und warum die Gasspeicher in Europa derzeit schlecht gefüllt sind, hat mehrere Gründe. Diese reichen von der mittlerweile eskalierten Aggression Russlands gegenüber der Ukraine, bis hin zu einem überdurchschnittlich heißen Sommer in China, der dort den Gasverbrauch für Klimaanlagen steigen ließ. Der letztliche Ausbruch des Ukrainekrieges hat die Situation um die Gaspreise im Jahr 2022 weiter verschärft, eine Entspannung ist nicht in Sicht. Im Februar 2022 tragen die Preise für Energie und Treibstoffe zwei Prozentpunkte zur Inflation von 5,8 Prozent bei. Es gibt aber auch noch andere Bereiche, in denen interessante Dynamiken vorherrschen.

So zeigt sich seit Jänner 2022 ein erhöhter Beitrag im Bereich Gastronomie und Hotellerie. Ganze 0,9 Prozentpunkte der Inflation im Februar sind darauf zurückzuführen. Zu tun hat das vor allem mit dem Auslaufen des reduzierten Umsatzsteuersatzes (Rückkehr von 5 Prozent auf 10 Prozent) in der Branche. Diese Erhöhung schlug sich direkt in höheren Preisen nieder. Umgekehrt war die Reduktion im Jahr 2020 für die Verbraucher:innen aber nicht spürbar, sondern kam einseitig den Betrieben zu Gute.

Ebenso gestiegen sind zuletzt die Preise für Lebensmittel. Darunter vor allem für Brot, Fleisch und Gemüse. Dies hängt auch mit den gestiegenen Weltmarktpreisen für Weizen (Brotherstellung), Soja (Futtermittel) und Düngemittel zusammen.

Im Februar kam es außerdem zu einem kräftigen Sprung beim Beitrag der anderen Güter. Hier läge schnell die Vermutung nahe, die Inflation und steigenden Energiekosten machten sich bereits in den Güterpreisen bemerkbar. Hier gilt es aber aufzupassen, denn der Hauptgrund für den Anstieg sind wieder einmal Basiseffekte. Im Jahr 2021 herrschte ab der zweiten Februarwoche nur mehr Teillockdown, der Handel durfte also öffnen. Dementsprechend wurden Kund:innen wieder mit Abverkäufen gelockt. Typischerweise finden diese nach Weihnachten im Jänner statt, so auch heuer. Es wird hier also, wie bereits im Frühjahr 2021, ein Abverkaufsmonat mit einem gewöhnlichen Geschäftsmonat verglichen. Abermals führt dies zu Basiseffekten: die Preise für Möbel und Bekleidung tragen im Februar jeweils 0,2 Prozentpunkte zur Inflationsrate bei. Das ist fast ein Drittel des Beitrags der gesamten anderen Güter.
 

Wen trifft die Inflation am stärksten?

Die unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Teilbereichen implizieren, dass nicht alle Haushalte in Österreich in gleichem Ausmaß von der Teuerung betroffen sind. Je nach Konsumstruktur unterscheidet sich die „persönliche Inflationsrate“. Gibt ein Haushalt einen größeren Anteil seines Einkommens für Bereiche aus, in denen die Preise stark gestiegen sind, bekommt er die Inflation auch umso stärker zu spüren. In den letzten Jahren waren es vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen, deren Inflationsrate konstant über der durchschnittlichen lag. Ärmere Haushalte geben anteilsmäßig mehr Geld für Wohnen, Energie und Lebensmittel. also die Deckung der Grundbedürfnisse, aus. Reichere Haushalte hingegen wenden mehr Geld für Bereiche wie Freizeit, Verkehr, oder die Gastronomie auf. In den Jahren vor Corona waren vor allem die Wohnkosten der große Preistreiber. Im Gegensatz zu den schwankenden Energie- und Treibstoffpreisen stiegen sie konstant an. Die Entwicklung der Mietpreise lag in den letzten zehn Jahren deutlich über jener des Verbraucherpreisindex. Haushalte mit wenig Einkommen leben häufiger in Miete. Kumuliert sahen sie sich zwischen 2005 und 2020 einer um fast drei Prozentpunkte höheren Teuerung gegenüber als das reichste Fünftel.

Im Jahr 2021 hat sich dieses Bild etwas gedreht. Die Treibstoffpreise stiegen an, was höhere Einkommen stärker trifft. Die Preisentwicklung bei den Mieten blieb eher verhalten, was auch mit der ausgesetzten Anpassung der Richtwertmieten im Jahr 2021 zu tun hat. So sind bei der aktuellen Inflation reichere Haushalte im Gesamten stärker betroffen als jene mit niedrigem Einkommen. Hier ist aber noch ein Blick auf die Komponenten der jeweiligen Teuerungsraten nötig. 

Für das oberste Einkommensfünftel betrug die Inflation im Februar 6,1 Prozent. Davon ist mit 3,1 Prozentpunkten aber mehr als die Hälfte auf die Bereiche Verkehr, Freizeit und Gastronomie und Hotellerie zurückzuführen. Die Deckung der Grundbedürfnisse trug im obersten Fünftel lediglich 1,9 Prozentpunkte bei. Die Teuerung für reiche Haushalte rührt demnach also vor allem von den Preisen für Freizeitbeschäftigungen her. Diese lassen sich theoretisch aufschieben, die Haushalte können ihren Konsum adaptieren und den Preisentwicklungen anpassen. Anders sieht es für das unterste Einkommensfünftel aus.

Hier betrug die Inflationsrate im Februar zwar lediglich 5,5 Prozent. Die Preise für die Deckung der Grundbedürfnisse Wohnen, Energie und Lebensmittel trugen aber mit 2,4 Prozentpunkten fast die Hälfte zur Teuerung bei. Dabei handelt es sich um Ausgaben, die nicht aufgeschoben und auch schlechter adaptiert werden können. Haushalte mit wenig Einkommen kommen daran nicht vorbei. Dementsprechend macht sich die Teuerung bei den Dingen des täglichen Bedarfs besonders bei ärmeren Haushalten bemerkbar. Überhaupt am stärksten betroffen sind derzeit energiearme Haushalte. Diese liegen einerseits an oder unter der Armutsgefährdungsschwelle und sind gleichzeitig mit überdurchschnittlich hohen Energiekosten konfrontiert. Im Jänner lag deren durchschnittliche Inflationsrate bereits bei sechs Prozent.

Warum Zinserhöhungen nicht treffsicher wären

Es zeigt sich also, dass sich die Entwicklung der Inflation im Jahr 2021 gut den einzelnen Komponenten zuordnen lässt. Noch spiegeln sich die gestiegenen Energie- und Treibstoffpreise nicht in den Preisen anderer Güter und Dienstleistungen wider. Das wird aber wohl in naher Zukunft der Fall sein, sofern kein treffsicherer Weg gefunden wird, Haushalte und Betriebe vor der hohen Energiekostenbelastung zu schützen. 

Wenig Sinn machen würde eine Zinserhöhung seitens der Europäischen Zentralbank, wie sie aus manchen Ecken gefordert wird. Das erschwert einerseits wichtige Investitionen in erneuerbare Energien und die Verkehrswende. Zudem zeigt sich aus den Daten eindeutig, dass die Inflation nicht nachfragegetrieben ist, sondern von der Angebotsseite herrührt. Höhere Zinsen können weder den Ukraine-Krieg beenden, noch Rohstoff- und Materialknappheiten und Lieferengpässe beseitigen. 

Wie aber den steigenden Preisen begegnen? Kurzfristig wären etwa Preisdeckel eine effiziente Möglichkeit. Was die langfristige Verteilung der Inflation angeht, sind eindeutig die Wohnkosten der konstante Preistreiber. Sie belasten seit Jahren Haushalte mit niedrigen Einkommen überproportional. Insbesondere am privaten Sektor droht sich eine Mietpreis-Spirale in Gang zu setzen. Um dauerhafte Realeinkommensverluste abzuwenden, ist der wohnpolitische Aspekt also von mindestens genauso großer Bedeutung wie die Energiepreissituation.
 

Hoher Spritpreis? Wir müssen raus aus der Auto-Falle

Autos im Stau als Symbolbild für hohe Spritpreise

Die Diskussion über den hohen Spritpreis geht am eigentlichen Problem vorbei. Statt darüber zu reden, wie man Autofahren stärker steuerlich subventioniert, sollten wir darüber reden, wieso wir in Österreich noch immer so stark auf das Auto angewiesen sind.

Sorgenkind Verkehrssektor: Starke Abhängigkeit vom Auto

Österreichs Verkehrssektor ist und bleibt das große Sorgenkind der Klimapolitik. Seit 1990 ist der Treibhausgasausstoß in diesem Sektor um 75 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung hat damit die Fortschritte in allen anderen Sektoren, wie Gebäude, Abfallwirtschaft oder Industrie, zunichte gemacht. Der private Autoverkehr hat einen erheblichen Anteil daran. Heute stammen rund zwei Drittel der Verkehrsmissionen von PKW. Diese Tatsache ist keineswegs Naturgesetz. Sie ist Ergebnis einer Politik, die uns konsequent vom Autofahren abhängig gemacht hat.

Das Grundproblem liegt bereits darin, dass Österreich ein sehr stark zersiedeltes Land ist. Jeden Tag werden in Österreich hektarweise landwirtschaftliche Fläche zubetoniert, Gewerbeparks und Einfamilienhaus-Siedlungen sprießen aus dem Boden. Für die Infrastruktur bedeutet das eine große Herausforderung. Je zersiedelter ein Land, desto schwieriger ist es, den Menschen Bahn- und Buslinien zur Verfügung zu stellen. Ohne innovativere Mobilitätskonzepte, wie moderne Sammeltaxisysteme, sind die Menschen somit von vorne herein auf ihr Auto angewiesen.

Autozentrierte Politik passt nicht zu unserem Nutzerverhalten

Das schlägt sich dann auch in den öffentlichen Verkehrsverbindungen nieder. Im Jahr 2016 brauchte fast die Hälfte der österreichischen Bevölkerung öffentlich mehr als 50 Minuten zum nächsten überregionalen Zentrum. Im Schnitt ist das in allen Bundesländern, außer Wien, deutlich länger als mit dem Auto. Der öffentliche Verkehr wurde und wird großteils noch immer als die Alternative zum Auto gesehen. Aus klimapolitischer Sicht sollte es aber umgekehrt sein: Das Autofahren sollte zur Alternative zu den Öffis werden, wenn es nicht anders geht. Dazu braucht es Geld und politischen Willen. Beim Straßenbau war beides da. Österreich gehört zu den EU-Ländern mit den meisten Autobahn- und Schnellstraßenkilometern pro Kopf, während Regionalbahnen schrittweise rückgebaut wurden.

Dabei passt diese autozentrierte Politik gar nicht zu unserem Nutzerverhalten. In Österreich sind 2 von 5 Autofahrten kürzer als 5 Kilometer. Das wären eigentlich Strecken, die man gut mit einem (Elektro-) Fahrrad zurücklegen könnte – sofern es überall sichere Radwege geben würde. Immerhin 7 Prozent aller Fahrten sind unter einem Kilometer weit, entsprechen also einem mittleren Fußweg. Dazu kommt, dass in einem Auto im Schnitt nur 1,13 Personen sitzen. In den meisten Fällen sind Menschen also allein im Auto unterwegs, und das mit immer größeren Autos. 2 von 5 neu zugelassenen Autos waren letztes Jahr SUV und Geländewagen. Den Trend gibt es dabei nicht nur am Land. In Wien ist ist jedes dritte neue Auto ein Geländewagen.

Debatte über Sprittpreis geht am Problem vorbei

Dass wir angesichts immer mehr Kilometern von immer mehr immer größeren, schwereren Autos nun über soziale Auswirkungen der hohen Spritpreise diskutieren, ist etwas unehrlich. Natürlich gibt es Fälle, wo Leute mit niedrigen Einkommen pendeln müssen und nun mehr zahlen müssen.

Man muss aber auch sehen, dass viele Menschen mit niedrigen Einkommen gar kein Auto besitzen. Unter den 20 Prozent der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen hat nur jeder zweite Haushalt überhaupt ein Auto zur Verfügung. Für diese Haushalte brachte die autozentrierte Politik der letzten Jahrzehnte nichts. Sie jetzt für allgemeine Spritpreisbremsen unreflektiert aus dem Schrank zu holen, ist heuchlerisch. Soziale Mobilitätspolitik bedeutet eben nicht mehr Autos, sondern mehr leistbare öffentliche Verkehrsmittel.

Mobilitätswende ist oberstes Ziel

Was wir also brauchen, ist eine echte Mobilitätswende, die uns vor allem weg von Autos bringt. In Zukunft muss es zur Regel werden, dass wir unsere alltäglichen Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Dort, wo dies nicht möglich ist, sollen Elektroautos zum Einsatz kommen. Diese Umstellung ist langwierig. Bis es so weit ist, ist es wichtig, gerade auch Menschen mit niedrigen Einkommen zu unterstützen.

Analysen zeigen, dass Transferzahlungen hier ein guter Ansatzpunkt sind, weil sie zielgerichteter funktionieren als allgemeine Steuersenkungen und hohen Verbrauch nicht subventionieren. Auch eine Umstellung des Pendlerpauschalen wäre eine kurzfristige Möglichkeit. Hier sollte man auf Absetzbeträge umstellen, um Menschen mit niedrigen Einkommen stärker zu unterstützen, und bei Zumutbarkeit die Öffi-Nutzung zur Pflicht machen. Bei all diesen Maßnahmen muss aber klar sein, dass es sich hier lediglich um Übergangsmaßnahmen handelt. Aus klimapolitischer als auch aus sozialer Sicht muss eine schnelle Mobilitätswende das oberste Ziel bleiben.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar im "Standard".

Benzinpreise: Mineralölkonzerne vervielfachten Gewinnspanne

Tankstelle als Symbolbild für steigende Benzinpreise

Die Benzinpreise bleiben hoch, obwohl der Ölpreis langsam fällt. In den letzten 14 Tagen haben Mineralölkonzerne und Tankstellen ihre Gewinnspanne deutlich erhöht, zeigen Berechnungen des Momentum Instituts

Die übliche Raffiniere- und Handelsspanne, also die Differenz zwischen dem Ölpreis und dem Netto-Verkaufspreis für Benzin liegt im langjährigen Mittel bei rund 20 Cent pro Liter. Aktuell liegt sie beim rund Dreifachen: 57 Cent beträgt die Differenz zwischen (günstigen) Wiener Tankstellenpreisen vom Dienstag und dem Ölpreis. Überschlagsmäßig bedeutet das 2,7 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen für die Mineralölkonzerne pro Tag, bei im Schnitt täglich getankten 9 Millionen Litern Sprit mit einem Extra-Aufschlag von 30 Cent.

Die Mineralölfirmen bzw. Raffinerien bilden ein Oligopol: Dadurch, dass nur wenige Firmen Benzin/Diesel anbieten, haben sie eine Marktmacht, den Preis auf Kosten der Konsumenten zu setzen. Der längerfristige Vergleich (2017 bis diesen Montag) mit wöchentlichen Daten bestätigt das Bild. So hoch war die Marge der Mineralölkonzerne (plus Tankstellen) noch nie. Statt 0,196 Cent (pro Liter) im vierjährigen Durchschnitt explodiert sie auf 57 Cent.

Angesichts der steigenden Inflation entsteht die Gefahr einer Gewinn-Preis-Spirale. Unternehmen setzen derzeit in verschiedenen Branchen (Tourismus, Stromproduzenten, Mineralölkonzerne) zur Gewinnsteigerung höhere Preise durch. Das verstärke die Teuerung – die Energiepreise sind momentan (nach aktuellen Zahlen der Statistik Austria) die stärksten Preistreiber im Jahresvergleich.

Um gegen die hohen Preise vorzugehen, wäre ein zeitweiser Preisdeckel sinnvoll: nicht auf den Tankstellenpreis wie in Ungarn oder Slowenien, sondern auf den Aufschlag auf den Rohölpreis hin zum Tankstellenpreis. Diesen könnte man bei 20 Cent – dem langjährigen Durchschnitt – kappen.

Energiekosten: Teuerungspaket unter der Lupe

Das Bild zeigt einen Heizkörper. Denn durch die höheren Energiekosten wird für viele Haushalte das Heizen deutlich teurer.

Im letzten halben Jahr sind die Energiepreise stark gestiegen. Die Bundesregierung hat daher ein Unterstützungspaket vorgelegt, um Haushalten und Unternehmen bei den höheren Energiekosten unter die Arme zu greifen. Wir haben uns angesehen, welche Maßnahmen gesetzt wurden und ob diese wirken. Gleich vorweg: Zwar hat die Bundesregierung darauf geachtet, insbesondere auch Haushalten mit niedrigen Einkommen zu helfen. Für energiearme Haushalte müsste die Bundesregierung allerdings deutlich mehr tun. 

Woraus besteht das Unterstützungspaket der Regierung?

Um den Energiepreisanstieg abzufedern, hat die Bundesregierung einerseits Abgabensenkungen vorgenommen. Die Erneuerbaren-Förderkosten, bestehend aus der Erneuerbaren-Förderpauschale ("Ökostrompauschale") und dem Erneuerbaren-Förderbeitrag ("Ökostrombeitrag") wurden für das Jahr 2022 ausgesetzt. Für einen Haushalt mit einem durschnittlichen Stromverbrauch bedeutet das eine Entlastung von rund EUR 110 für das gesamte Jahr 2022 – sofern der Haushalt nicht schon von den Erneuerbaren-Förderkosten befreit war, etwa weil Studienbeihilfe, Mindestsicherung oder andere Sozialleistungen bezogen werden. Zusätzlich zu dieser Abgabensenkung hat die Bundesregierung außerdem zwei pauschale Einmalzahlungen beschlossen. Arbeitslose, Sozialhilfe-Bezieher:innen, Studienbeihilfe-Bezieher:innen und Mindestpensionist:innen bekommen einen einmaligen Teuerungsausgleich in der Höhe von EUR 300 pro Haushalt. Dazu kommt außerdem ein Energiekostenausgleich in der Höhe von EUR 150, den alle Haushalte mit einem Einkommen unter der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage von EUR 5.670 Brutto pro Monat liegt. Bei Mehrpersonenhaushalten verdoppelt sich die Einkommensobergrenze.
Insgesamt bekommen somit Haushalte mit sehr niedrigen Einkommen (Sozialhilfe-Bezieher:innen, Studienbeihilfebezieher:innen, etc.) EUR 450 (EUR 150 Energiekostenausgleich + EUR 300 Teuerungsausgleich). Alle anderen Haushalte werden mit EUR 260 (Energiekosten-Ausgleich und Wegfall der Erneuerbaren-Förderkosten) unterstützt, sofern das Einkommen weniger als EUR 5.670 pro Monat beträgt.

Gleichen die Maßnahmen die höheren Energiekosten aus?

Für einen Durchschnittshaushalt steigen die Stromkosten pro Jahr um etwa EUR 90. Ohne den Wegfall der Erneuerbaren-Förderkosten von rund EUR 110 pro Jahr wäre der Anstieg noch höher. Dazu kommen dann noch Heizkosten. Je nach Heizungsart variieren hier die Mehrkosten erheblich. Beim Gas steigen die Kosten im Schnitt um rund EUR 175 pro Jahr, beim Heizöl sind es rund EUR 470. Insgesamt dürfte die Energierechnung bei vielen Haushalten also um mehrere Hundert Euro steigen. Dem gegenüber stehen Unterstützungsleistungen von EUR 0 bis EUR 450, je nach Anspruchsberechtigung für Teuerungs- und Energiekostenausgleich. Ob das Teuerungspaket also die steigenden Energiekosten ausgleicht, hängt vom Energieverbrauch, der Heizungsart und vom Einkommen ab. Wir haben hier die zusätzlichen Energiekosten eines Wiener Haushalts mit durchschnittlichem Strom- und Gasverbrauch den Unterstützungsmaßnahmen gegenübergestellt. Ohne Teuerungsausgleich, der nur für Haushalte mit sehr niedrigen Einkommen gelten wird, steigt der Haushalt mit einem Minus aus. 

Rund die Hälfte der energiearmen Haushalte wird unterkompensiert

Steigende Energiepreise sind aus ökologischer Sicht nicht unbedingt problematisch. Wenn ein Haushalt die Möglichkeit hat, sein Heizsystem zu wechseln, dann können höhere Energiepreise einen Anreiz zum Heizungstausch liefern. Problematisch wird es allerdings, wenn Haushalte extremen Kostensteigerungen gegenüberstehen und sie keine Möglichkeit zum Heizungstausch haben, etwa weil das nötige Geld zum Tausch fehlt. Aus diesem Fall hat es sich die Regierung zum Ziel gesetzt, mit dem Teuerungsausgleich insbesondere auch Haushalte mit niedrigen Einkommen zu unterstützen. Wir haben uns deshalb angesehen, wie das Teuerungspaket bei energiearmen Haushalten wirkt. 

Energiearme Haushalte sind Haushalte, deren Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt und die zugleich   überdurchschnittlich hohe Energiekosten tragen müssen. Rund 140.000 Haushalte in Österreich zählen als energiearm. Viele konnten es sich schon vor dem Energiepreisanstieg nicht leisten, ihre Wohnung angemessen warm zu halten. Hier hätte es auch schon ohne Energiepreisanstieg zusätzliche Maßnahmen gebraucht. Nicht nur aus sozialpolitischer Sicht, sondern auch aus klimapolitischen Gründen. Denn ein hoher Gas- und Stromverbrauch ist auch für das Klima schlecht. Im Schnitt kommen auf energiearme Haushalte rund EUR 490 an zusätzlichen Energiekosten zu. Dem gegenüber stehen allerdings nur maximal EUR 450 an Unterstützungsleistungen. Rund die Hälfte der energiearmen Haushalte, ca. 52 % werden also nicht ausreichend für die steigenden Energiekosten kompensiert. Der Anteil ist verglichen mit den übrigen Haushalten deutlich höher. 

Ist das Teuerungspaket treffsicher genug?

Dass energiearme Haushalte zu einem großen Teil nicht ausreichend kompensiert werden, liegt vor allem auch daran, dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Teuerungsausgleich sehr eng gezogen sind. Mehr als 50 % der energiearmen Haushalte haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe, Mindestpension oder Studienbeihilfe. Somit erhalten sie auch keinen Teuerungsausgleich. Gleichzeitig kommt der Energiekostenausgleich allen Haushalten, mit einem Einkommen unter der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage zugute. Unsere Verteilungsanalyse zeigt daher auch, dass sich das gesamte Unterstützungsvolumen von rund EUR 1,1 Mrd. recht gleichmäßig über die Einkommensverteilung aufteilt. Auf die 20 % der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen entfällt rund ein Viertel des Volumens. Der Rest geht zu annähernd gleichen Teilen an die übrigen Fünftel, die zwischen 18 und 19 % des Volumens erhalten.

Dazu kommt, dass die Güter und Dienstleistungen auch abgesehen von den Energiekosten teurer wurden. Auch hier sind energiearme Haushalte überdurchschnittlich stark betroffen. Während die österreichischen Haushalte im Dezember 2021 im Schnitt 4,3 % mehr für die gleichen Waren und Dienstleistungen ausgeben mussten als im Dezember 2020, mussten energiearme Haushalte um 5,5 % mehr ausgeben.

Was könnte zusätzlich getan werden?

Klima- und sozialpolitisch gesehen wäre ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion und ein schnellstmöglicher Heizungstausch am sinnvollsten. Zwar gibt es bereits Förderprogramme für den Heizungstausch. Diese Förderprogramme übernehmen einen großen Teil der Kosten für einen Heizungstausch. Im Falle von Haushalten mit sehr niedrigen Einkommen werden sogar die gesamten Kosten übernommen. Allerdings gibt es hier eine Lücke bei Mehrparteienhäusern. Denn selbst wenn man Eigentümer:in der eigenen Wohnung ist, kann man nicht so einfach die eigene Gastherme gegen Solarpanele am Dach oder eine Wärmepumpe tauschen. Bei Mieter:innen kommt hinzu, dass diese überhaupt keinen direkten Einfluss auf ihr Heizsystem haben. Ihnen bleibt als einzige Option der Umzug in eine andere Wohnung, sofern sich die Vermieterin weigert, die Heizung zu tauschen. Hier würden gesetzliche Mietabschläge helfen. So wie es früher Abschläge für Wohnungen ohne WC und Bad gab, sogenannte "Substandard-Wohnungen", so dürfte man für eine Wohnung mit Gastherme nicht mehr die volle Miete verlangen. Außerdem sollten Sozialleistungen armutsfest gemacht werden und erhöht werden. Außerdem wäre eine nachträgliche Inflationsanpassung von Sozialleistungen dringen notwendig, um die Armutsgefährdung zu mindern.
 

Zugrundeliegende Analyse

Die Analyse des Teuerungspakets basiert auf den Mikrodaten des EU-SILC 2020. Dieser Datensatz besteht aus rund 6.000 Haushalten, die repräsentativ für die Grundgesamtheit der österreichischen Haushalte ist. EU-SILC wird jährlich seit über einem Jahrzehnt erhoben und dient als zentrale Datengrundlage für die Messung verschiedener Armutsindikatoren auf europäischer und nationaler Ebene. Neben dem Mikrozensus Sondermodul "Energieeinsatz der Haushalte" handelt es sich um den zentralen Datensatz zur Berechnung von Energiearmut seitens der Statistik Austria. Bei allen Berechnungen muss beachtet werden, dass nur rund 140.000 Haushalte in Österreich energiearm sind. Dementsprechend ist das Sample der energiearmen Haushalte verhältnismäßig klein, wie auch Statistik Austria hier festhält. Dementsprechend sind die Ergebnisse mit einer Schwankungsbreite behaftet. Die Einkommensdaten bestehen großteils aus Verwaltungsdaten und beziehen sich auf das Jahr 2019.

Um die steigenden Energiekosten zu simulieren wurde auf Daten des E-Control Preismonitors für Gas und Strom zurückgegriffen. Die Preisänderungen beziehen sich auf die lokalen Anbieter der jeweiligen Bundesländer (Wien Energie, EVN, Energie Burgenland, Energie AG, Salzburg AG, Energie Steiermark, KELAG, TIWAG/TIGAS und VKW). Die Ölpreisdaten stammen aus dem Oil Price Bulletin der EU-Kommission. Zur Berechnung der Energiekostensteigerungen wurden die Energiekosten aus dem EU-SILC Datensatz (Jahr 2019) mithilfe der prozentuellen Preisänderungen der jeweiligen lokalen Anbieter die Jahre 2021 und 2022 hochgerechnet. Als Referenzmonat wurde jeweils der Feber angenommen. Nachdem Haushalte mit niedrigen Einkommen oft von den Erneuerbaren-Energiekosten ausgenommen sind, wurde die Preisänderung von 2021 auf das Jahr 2022 um die durchschnittlichen Erneuerbaren-Förderkosten von EUR 110 pro Jahr bereinigt. Damit wurde angenommen, dass der Wegfall der Erneuerbaren-Förderkosten von den Energieversorgern zu 100 % an die Haushalte weitergegeben wurde. Für Haushalte, die nicht von den Erneuerbaren-Förderkosten befreit waren, wurde der Wegfall der Erneuerbaren-Förderkosten anschließend bei der Simulation des Teuerungspakets wieder berücksichtigt, um die daraus entstehende Entlastung zu simulieren. 

Für die Simulation des Teuerungspakets wurde auf die EU-SILC Einkommensdaten zurückgegriffen. Als Sozialhilfe-, Studienbeihilfe- oder Arbeitslosengeldbezieher:innen wurden jene Haushalte definiert, in denen mindestens eine Person die jeweilige Sozialleistung im Jahr 2019 erhalten hat. Während die Zahl der Studienbehilfebezieher:innen sehr nahe an offiziellen Statistiken aus dem Jahr 2019 liegt, wurden mehr Haushalte als Sozialhilfebezieher:innen identifiziert, als dies 2019 tatsächlich der Fall gewesen ist (184.000 lt. EU-SILC vs. 154.000 laut Statistik Austria). Da der von der Statistik Austria übermittelte EU-SILC Datensatz keinerlei Information über den Bezug einer Ausgleichszulage beinhaltet, wurde das Vorliegen einer Anspruchsvoraussetzung mithilfe der übrigen Einkommensdaten simuliert. Mit dieser Simulation wurden rund 200.000 Personen als Ausgleichszulagenbezieher:innen klassifiziert. Laut offiziellen Statistiken lag diese Zahl im Jahr 2019 bei rund 205.000 Personen. Die Divergenz liegt damit bei rund 2,4 %. 

 

Alexander Huber

Ampel-Koalition schaltet auf freie Fahrt: Schnellanalyse des Momentum Instituts

Bundestag.jpg

Deutschlands Ampel-Koalition zwischen SPD, Grünen und FDP steht, der Koalitionsvertrag wurde heute Nachmittag präsentiert. Das sozialliberale Momentum Institut hat die Pläne der Koalition analysiert: Positiv hervorzuheben ist der Anstieg des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde. Im Klima-Kapitel will die Koalition zwar den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen, versäumt es jedoch, den Ausstoß von CO2 angemessen zu bepreisen.

Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde auch für Österreich sinnvoll

Die Ampel-Koalition will den Mindestlohn von derzeit 9,60 Euro pro Stunde im kommenden Jahr auf 12 Euro (1.782 Euro pro Monat) anheben. „Ein Mindestlohn in dieser Höhe würde auch in Österreich einiges bewirken. Vor allem in frauendominierten Sektoren sind manche Einstiegsgehälter deutlich unter dem künftigen deutschen Mindestlohn“, sagt Oliver Picek, Chefökonom am Momentum Institut. Ein Mindestlohn von 12 Euro brutto pro Stunde würde etwa das kollektivvertragliche Brutto-Einstiegsgehalt einer angelernten Frisörin in Österreich um 261 Euro pro Monat anheben, der Lohn einer Servicekraft mit Lehrabschluss um 208 Euro pro Monat steigen.

Klima: CO2-Preis zu niedrig, Kohleausstieg 2030

Höhere CO2-Preise hat die Ampel nicht vorgesehen. Der CO2-Preis liegt in Deutschland seit diesem Jahr bei 25 Euro pro Tonne, bis 2025 soll er stufenweise auf 55 Euro wachsen, wie die Vorgänger-Koalition beschloss.

Mit der Steuerreform wurde für Österreichs ein CO2-Preis beschlossen, der sich an den deutschen Preisen orientiert. „Um eine tatsächliche Lenkungswirkung zu erzielen, ist ein Einstiegspreis von mindestens 50–60 Euro pro Tonne notwendig, der in den kommenden Jahren deutlich anwachsen muss. Sowohl Deutschland als auch Österreich versäumen es somit, klimaschädliches Verhalten angemessen zu bepreisen“, so Joel Tölgyes, Klima-Experte am Momentum Institut. Damit erhöht sich der Erfolgsdruck für andere klimapolitische Maßnahmen, wie Ordnungspolitik oder öffentliche Klimainvestitionen. Neue Studien aus Deutschland zeigen, dass zum Erreichen der Klimaziele jährlich Bundesmittel von rund 30 Milliarden Euro notwendig wären.

Der Ausstieg aus der Kohleenergie soll in Deutschland „idealerweise“ bereits 2030 erfolgen, anstatt wie ursprünglich geplant 2038. Zumindest für gewerbliche Neubauten will die Ampel-Koalition eine Solardachpflicht einführen. Auch Österreich setzt im Rahmen des Energie-Ausbau-Gesetzes auf Photovoltaik-Anlagen auf Dächern, jedoch ohne entsprechende Verpflichtungen.

Zusätzliches Risiko für Pensionen durch Aktienmarkt

Nach schwedischem Vorbild soll ein staatlicher finanzmarktabhängiger Pensionsfonds eingeführt werden, der das Umlagesystem ergänzen soll. Zunächst soll ein Pensionsvermögen von 10 Milliarden Euro für die weltweite Anlage am Kapitalmarkt zur Verfügung stehen. Das sind 0,3% der deutschen Wirtschaftsleistung oder 240 Euro pro PensionistIn. Eine Anlage von öffentlichen Pensionsbeiträgen auf globalen Kapitalmärkten setzt die deutsche Pensionsvorsorge damit höheren Risiken als bisher aus, weil dadurch Wechselkursschwankungen unmittelbaren Einfluss auf das Rentenniveau haben können. Geprüft werden soll außerdem die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen, was ebenfalls höhere Risiken für die individuelle Altersversorgung mit sich bringen dürfte. „Höhere Gewinne gibt es immer nur mit höherem Risiko. Doch höheres Risiko bedeutet auch, dass aus dem Gewinn schnell ein Verlust werden kann“, analysiert Alexander Huber, Pensionsexperte des Momentum Instituts.

Für Österreich macht so ein Fonds wenig Sinn, denn er kommt für den demographischen Wandel zu spät. Der vollzieht sich in Österreich bis 2030, während solch ein Fonds erst Jahrzehnte später seine maximale Auszahlung abwerfen würde - sofern diese sich überhaupt einstellen. Denn die historische Rendite ist kein Naturgesetz für die Zukunft. Wenn das Risiko in Form einer negativen Rendite zuschlägt, könnte solch ein Fonds sogar eine zusätzliche finanzielle Belastung für das Pensionssystem bedeuten.

Klimakrise: Hausverstand wird’s nicht richten

Waldbrand Klimakrise

Klima-Rettung? Bitte mit Hausverstand. Nichts überstürzen, keine Schnellschüsse, heißt es dann oft. Das Problem dabei: Wir schaffen es seit Jahrzehnten nicht, genug zu unternehmen. 1988 – ich war fünf Jahre alt! - hat sich die Welt auf der Toronto-Konferenz erstmals konkrete Ziele für eine CO2-Reduktion gesteckt.
„Wir müssen mit allen Mitteln trachten, das Toronto-Ziel zu erreichen“, sagt die Umweltministerin Maria Rauch-Kallat – vor 30 Jahren. Die CO2-Emissionen lagen bei rund 6 Tonnen pro Kopf. Heute, fünf UmweltministerInnen später, sind es mehr als sieben Tonnen.

Wir fackeln mit unserer Untätigkeit unseren Planeten ab. Und die Politik schaut zu, als hätten wir fünf weitere auf Lager. Ohne große Schritte wird die Klimakrise zur Klimakatastrophe werden. Nicht irgendwo, auch bei uns: Waldbrände, Überschwemmungen, Missernten. Oder durch verrückt spielende Nahrungsmittelpreise aufgrund von globalen Ernteausfällen.

Österreich wird seiner Verantwortung nicht gerecht

Die Verantwortung dafür trägt auch das “kleine” Österreich. Wer mit dem Finger auf China oder die USA zeigt, will vor allem ablenken von eigener Untätigkeit.
Ja, Österreich ist klein im Verhältnis zu China. Ein Blick auf das bisher ausgestoßene CO2 stellt aber klar: Im Verhältnis zur EinwohnerInnenzahl hat jede Europäerin einen viermal größeren CO2-Rucksack auf den Schultern. Natürlich braucht es China – das im Übrigen auch keineswegs untätig ist: so entstand in wenigen letzten Jahren in China das längste Hochgeschwindigkeits-Bahnnetz der Welt. China ist keine Ausrede für eigenes Nichtstun, sondern notwendiger Partner im Umbau der Weltwirtschaft.

Österreich kann nicht noch einmal 30 Jahre schlafen. Dass die Reduktionen nun schneller und härter passieren müssen, ist der Passivität der politischen Verantwortlichen geschuldet. Eine rasche CO2-Reduktion runter auf Null wird mit jedem Jahr schwieriger und schwieriger. Hausverstand hin oder her, alternativlos ist sie allemal.


Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Kleinen Zeitung.

Hält die CO2-Steuer, was sie verspricht?

Auf dem Bild ist ein Weg zu sehen. Links davon ist ein ausgetrocknetes Feld, rechts davon eine grüne Blumenwiese.

Ab Mitte 2022 soll es in Österreich eine CO2-Bepreisung geben. Die CO2-Steuer soll im ersten Jahr EUR 30 pro Tonne CO2-Äquivalent betragen. Bis zum Jahr 2025 soll der CO2-Preis dann auf EUR 55 pro Tonne ansteigen. Dadurch, dass der Ausstoß von Treibhausgasen nun einen Preis bekommt, sollen die Treibhausgas-Emissionen sinken. Denn umweltschädliches Verhalten wird somit im Vergleich zu umweltfreundlichem Verhalten teurer. Das soll Haushalten und Unternehmen einen Anreiz dazu liefern, sich klimafreundlicher zu verhalten. Die Gretchenfrage lautet damit: Wie stark wird der CO2-Ausstoß durch die Steuer sinken?

CO2-Steuer bringt bescheidene Verhaltensänderungen

Um die durch die CO2-Steuer ausgelösten Verhaltensänderungen simulieren zu können, braucht man Informationen zum Konsumverhalten von Haushalten. Konkret geht es darum, wie stark Haushalte ihre Nachfrage nach fossilen Energieträgern, wie Benzin und Diesel, verändern, wenn der Preis ansteigt. In der Ökonomik spricht man dabei von der Preiselastizität der Nachfrage. Ähnliches gilt für Unternehmen, auch dort braucht man etwa Informationen zum Investitionsverhalten, um beurteilen zu können, ab welchem Preis Unternehmen ihre Produktion mit klimafreundlicheren Technologien durchführen. 

Wie bereits viele Studien gezeigt haben, dürften die Verhaltensänderungen durch den Anstieg von Energie- und Treibstoffpreisen im Haushaltsbereich sehr gering ausfallen. Menschen können und wollen ihr Mobilitätsverhalten nicht so einfach anpassen. Oftmals gibt es schlicht keine Alternativen zum Auto und beim Heizen hilft nur ein Heizungstausch. Schließlich sind zu niedrige Zimmertemperaturen nicht nur ungemütlich – sie können auch zu gesundheitlichen Problem führen. Die nachfolgende Tabelle zeigt, wie stark Haushalte kurz- und langfristig ihre Nachfrage nach bestimmten Energieträgern ändern, wenn sich der Preis um ein Prozent erhöht. Die kurzfristigen Verhaltensanpassungen sind geringer als die langfristigen. Denn langfristig hat man die Möglichkeit, sein Auto gegen ein E-Auto zu tauschen oder die Ölheizung gegen einen Fernwärme-Anschluss zu tauschen. Kurzfristig kann man jedoch meistens nur weniger mit dem Auto fahren, Fahrgemeinschaften bilden oder weniger heizen bzw. durch einen Techniker die Einstellungen der Heizung optimieren lassen. 

 

Tabelle 1: Wie stark ändert sich die Nachfrage bei einem Preisanstieg von 1 Prozent? Quelle: Labandeira et al. 2017
Energieträgerkurzfristige Verhaltensänderung in Prozentlangfristige Verhaltensänderung in Prozent
Benzin–0,293–0,773
Diesel–0,153–0,443
Heizöl–0,017–0,185
Gas–0,18–0,684 

 

Was bedeuten die Werte in Tabelle 1? Die Nachfrage nach Diesel und Benzin sinkt bei einem Preisanstieg von 1 Prozent um gerade einmal um 0,15 bzw. 0,29 Prozent – zumindest kurzfristig. Langfristig sind es 0,44 bzw. 0,77 Prozent. Anhand dieser Werte kann man nun simulieren, was der durch die CO2-Bepreisung ausgelöste Preisanstieg für den Treibstoffkonsum und damit die Verkehrsemissionen von Haushalten bedeutet.

Bis zum Jahr 2025 sinken die Haushalts-Verkehrsemissionen laut Simulation nur sehr geringfügig. Im Jahr 2025 wären die Haushalts-Verkehrsemissionen durch die Einführung der CO2-Steuer rund 200.000 – 400.000 Tonnen niedriger als heute – je nachdem ob man langfristige oder kurzfristige Verhaltensänderungen unterstellt. Zum Vergleich: Laut Zielpfad des Entwurfs des Klimaschutzgesetzes vom Frühjahr 2021 müssten die Haushalts-Verkehrsemissionen im Jahr 2025 um 1,6 Mio. Tonnen niedriger ausfallen als heute, zumindest unter der Annahme, dass Unternehmen und Haushalt jeweils proportional zum Erreichen dieses Ziels beitragen müssten. Die CO2-Bepreisung alleine ist also zu wenig. 

Fördert das Klimaticket nicht auch den Umstieg?

Zunächst einmal basiert diese Simulation – wie alle Simulationen – auf einer vereinfachten Darstellung der Wirklichkeit. Wir wissen beispielsweise noch gar nicht, wie hoch der Treibstoffverbrauch, und damit auch der CO2-Ausstoß, 2021 sein wird. Für die Simulation wurde angenommen, dass dieses Jahr gleich viel Treibstoff verbraucht wurde wie im Jahr 2019. Seit 2014/2015 stieg dieser aber kontinuierlich an, gleichzeitig könnte COVID-19 bedingt weniger verbraucht worden sein. Weiters sendet die Einführung der CO2-Steuer selbst schon ein Signal aus. Die Regierung signalisiert Autofahrer:innen damit, dass Treibstoff in Zukunft teurer werden wird. Außerdem werden Elektroautos immer beliebter, wie steigende Absatzzahlen zeigen. Dazu werden öffentliche Verkehrsmittel durch das Klimaticket in Zukunft günstiger und auch Anbindungen werden – hoffentlich – in Zukunft ausgebaut. Nicht zu vergessen ist aber auch der Klimabonus und die Steuersenkung. Haushalte haben dadurch mehr Geld zur Verfügung, das sie zum Teil für mehr Konsum ausgeben werden. Ein Teil der THG-Einsparungen könnte dadurch wiederum zunichte gemacht werden. 

Fazit: CO2-Steuer allein reicht nicht.

Die Simulation zeigt, dass die CO2-Steuer allein keinesfalls reichen wird. Die dadurch ausgelösten THG-Einsparungen dürften bei weitem nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erfüllen. Einerseits bräuchte es eigentlich höhere CO2-Preise. Dadurch entstehende soziale Schieflagen könnten mit dem richtigen Maßnahmenmix bei der Rückverteilung der Steuereinnahmen abgefedert werden. Andererseits müssen umweltschädliche Subventionen, wie das Diesel und das Dienstwagenprivileg abgeschafft werden; Das Pendlerpauschale muss ökologisiert werden. Auch an eine strengere Parkraumbewirtschaftung in Städten sollte gedacht werden. Zudem gibt es auch ordnungspolitsiche Instrumente, wie autofreie Zonen oder strengere Tempolimits. Schließlich braucht es aber vor allem öffentliche Investitionen, um unser Wirtschaftssystem zukunftsfit zu machen. 

Referenzen

Labandeira, X./Labeaga, J./Xiral, L. (2017): A meta-analysis of the price elasticity of energy demand. Energy Policy 102, 549–568.