Arbeitslosigkeit

November 2023: Arbeitslosenquote steigt auf 8,2 Prozent

Arbeitslosenquote Momentum Institut

Im November 2023 ist die Erwerbsarbeitslosigkeit erneut gestiegen. Grund dafür ist die schwacher Konjunktur und die harte Zinspolitik der Europäischen Zentralbank, die Kredite für Investitionen teurer macht und so das Wirtschaftswachstum schwächt. Etwa 350.000 Menschen waren im November diesen Jahres erwerbsarbeitslos, das sind 22.000 Personen mehr als im November des Vorjahres. Die Arbeitslosenquote inklusive Schulungsteilnehmer:innen steigt dadurch um 0,4 Prozentpunkte auf 8,2 Prozent. 

Arbeitslosenquote (inkl. Schulungsteilnehmer:innen) bei 8,2 Prozent.

Arbeitslosenquote (inkl. Schulungsteilnehmer:innen) bei 8,2 Prozent.

Deutliche Unterschiede beim Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Alter und Region

Insbesondere jüngere Menschen sind von diesem Anstieg betroffen. Bei den unter 25-Jährigen ist der Anstieg mit 9,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr am größten. Bei den 25 bis 49-Jährigen ist der Anstieg mit 9 Prozent immer noch deutlich über dem Durchschnitt von 6,7 Prozent. Bei den älteren Beschäftigten über 49 ist Erwerbsarbeitslosigkeit jedoch kaum gestiegen. Der Anstieg beträgt in dieser Altersklasse lediglich 0,5 Prozent.

 

Anstieg der Arbeitslosigkeit nach Alter

Auch auf regionaler Ebene gibt e deutliche Unterschiede im Anstieg der Arbeitslosigkeit. Während in Tirol oder Kärnten der Anstieg mit 2,5 bzw. 2,8 Prozent gering ausfällt, ist der Anstieg in Oberösterreich mit 11,7 Prozent viermal so stark.

Anstieg der Arbeitslosigkeit nach Bundesland

Langzeitarbeitslosigkeit stagniert auf hohem Niveau

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Insgesamt stagniert die Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr erwerbsarbeitslos sind auf hohem Niveau. Rund 109.000 Menschen waren im November langzeitarbeitslos. Damit ist bereits rund ein Drittel aller Erwerbsarbeitslosen langzeitarbeitslos. Da Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nicht an die Inflation angepasst werden, erleiden Betroffene jeden Monat einen Kaufkraftverlust, der nicht aufgeholt wird. Daher trifft sie die Teuerungskrise der vergangenen zwei Jahre besonders stark. Um arbeitslose Menschen vor Armut zu schützen, sollte das Arbeitslosengeld – so wie andere Sozialleistungen – an die Inflation angepasst werden.

 

Langzeitarbeitslosigkeit stagniert auf hohem Niveau

Auch im Oktober steigt die Arbeitslosigkeit

Arbeitslosigkeit Oktober 2023

Die harte Zinspolitik der Europäischen Zentralbank führt zu mehr Arbeitslosigkeit. Durch die Zinserhöhungen werden Kredite für Investitionen teurer und das Wirtschaftswachstum wird gedrosselt. Rund 340.000 Menschen waren im Oktober 2023 erwerbsarbeitslos, das sind rund 20.000 Menschen mehr als im Oktober des Vorjahres. Die Arbeitslosenquote steigt dadurch um 0,4 Prozentpunkte auf 7,9 Prozent.

Oktober: Arbeitslosenquote bei 7,9 Prozent

Oktober: Arbeitslosenquote bei 7,9 Prozent

Besonders Junge Menschen vom Anstieg betroffen

Aktuell sind besonders jüngere Menschen von dem Anstieg der Erwerbsarbeitslosigkeit betroffen. Bei den unter 25-Jährigen ist die Arbeitslosigkeit um 9,6 Prozent gestiegen, bei den 25 bis 49-Jährigen beträgt der Anstieg 8,3 Prozent. Bei den ältesten Arbeitnehmer:innen über 49 ist die Arbeitslosigkeit hingegen unverändert. Das ist insofern von Bedeutung, weil es ältere Erwerbsarbeitslose deutlich schwerer haben einen neuen Job zu finden als der Durchschnitt.

Auch auf regionaler Ebene ist der Anstieg nicht überall gleich stark. Zwar ist die Arbeitslosigkeit in allen Bundesländern im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. In Kärnten und Tirol ist der Anstieg mit 2,2 bzw. 2,4 Prozent aber gering. In Oberösterreich hingegen ist der Anstieg mit fast 10 Prozent bereits hoch.

Veränderung der Arbeitslosigkeit nach Bundesland

Bereits ein Drittel der Erwerbsarbeitslosen ist langzeitarbeitslos

Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist gestiegen. Rund 110.000 Menschen waren im vergangen Monat länger als ein Jahr ohne Erwerbsarbeit. Damit ist bereits ein Drittel aller Erwerbsarbeitslosen langzeitarbeitslos. Seit dem Rückgang nach der Pandemie stagniert die Zahl der Arbeitslosen nun auf hohem Niveau. In den Nullerjahren war die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen deutlich geringer. Da Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nicht an die Inflation angepasst werden, erleiden Betroffene jeden Monat einen Kaufkraftverlust, der nicht aufgeholt wird. Daher trifft sie die Teuerungskrise der vergangenen zwei Jahre besonders stark. Um arbeitslose Menschen vor Armut zu schützen, sollte das Arbeitslosengeld – so wie andere Sozialleistungen – an die Inflation angepasst werden.

Oktober 2023: Langzeitarbeitslosigkeit steigt wieder leicht

September 2023: Arbeitslosigkeit steigt leicht

Arbeitslosigkeit September 2023

Aufgrund der harten Zinspolitik der Europäischen Zentralbank gerät der Arbeitsmarkt in Österreich zunehmend unter Druck. Rund 321.000 Menschen waren im September 2023 erwerbsarbeitslos, de facto genauso viele wie im Vormonat. Aufgrund der saisonalen Schwankungen wird die Arbeitslosenrate immer im Jahresvergleich analysiert. Im Vergleich zum September 2022 ist die Arbeitslosenquote um 0,3 Prozentpunkte gestiegen.

Arbeitslosenquote (inkl. Schulung) bei 7,4%

September 2023: Arbeitslosenquote (inkl. Schulung) bei 7,4%

Die Arbeitslosigkeit stieg aber nicht in allen Bereichen gleich stark. Bei den jüngeren Menschen stieg die Zahl der Arbeitslosen überdurchschnittlich stark an. Sowohl bei den unter 25-Jährigen als auch bei den 25–49-Järhigen stieg die Zahl der Arbeitslosen um rund sieben Prozent. Bei den ältesten der Erwerbsbevölkerung (über 49 Jahre) sank die Zahl der arbeitslosen Menschen hingegen um rund zwei Prozent. Auch auf regionaler Ebene sind die Differenzen im Anstieg teils beträchtlich. So stieg die Arbeitslosigkeit in Kärnten und Niederösterreich um 3,2 bzw. 3,6 Prozent und damit schwächer als im Durchschnitt. In Tirol ist die Arbeitslosigkeit sogar gesunken. Am stärksten fällt der Anstieg in Oberösterreich mit 7,5 Prozent aus.

Anstieg der Arbeitslosigkeit nach Bundesland

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist weiterhin Grund zu Sorge. Rund 108.000 Personen waren im September länger als ein Jahr arbeitslos. Damit ist ein Drittel aller erwerbsarbeitslosen Menschen langzeitarbeitslos. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stagniert nun seit dem starken Rückgang nach der Corona-Pandemie auf hohem Niveau. In den Nullerjahren war die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen deutlich geringer. Da Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nicht an die Inflation angepasst werden, erleiden Betroffene jeden Monat einen Kaufkraftverlust, der nicht aufgeholt werden. Daher trifft sie die Teuerungskrise der vergangenen zwei Jahre besonders stark. Um arbeitslose Menschen vor Armut zu schützen, sollte das Arbeitslosengeld – so wie andere Sozialleistungen – an die Inflation angepasst werden.

September 2023: Langzeitarbeitslosigkeit stabilisiert sich auf hohem Niveau

Lohnverhandlungen: Geringe Arbeitslosigkeit bringt Anstieg der Lohnquote

Symbolbild für Lohnverhandlungen unter guten Arbeitsmarktbedingungen

Mit sinkender Arbeitslosigkeit erhöht sich die Lohnquote, also jener Anteil, den die Arbeitnehmer:innen vom Erwirtschafteten bekommen. Den historischen Zusammenhang zwischen Arbeitsmarktlage und Lohnquote zeigt eine neue Analyse des Momentum Instituts.

Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich in den letzten eineinhalb stark verbessert. 2022 kam auf 2,7 arbeitslose Menschen auf eine offene Stelle, heuer sind es drei Arbeitslose (vorläufiger Wert 2023). So niedrig war die Arbeitslosigkeit zuletzt vor über 40 Jahren. „Sind Arbeitskräfte knapp, steigt die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer:innen. Und damit steigt folgerichtig der Anteil, den die Arbeitnehmer:innen vom erwirtschafteten Kuchen erhalten – die Lohnquote.“, erklärt Jakob Sturn, Arbeitsmarktexperte am Momentum Institut.

In den Boom-Jahre der Nachkriegszeit 1961–1980 mit hohem Wirtschaftswachstum lag die Arbeitslosenquote deutlich unter drei Prozent. Die starke Nachfrage nach Arbeitskräften spiegelte sich in der durchgehend hohen Lohnquote zwischen 70 und 76 Prozent wider. Seit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit ab 1982/83 sank die Lohnquote rapide und fiel auf den tiefsten Stand von 60 Prozent zu Beginn der Finanzkrise 2007. Seither lag sie mit kleinen Schwankungen konstant unter 64 Prozent. Von dem kurzfristig heftigen Anstieg der Arbeitslosigkeit 2020–2021 zu Beginn der Corona-Krise hat sich der Arbeitsmarkt inzwischen wieder erholt. Die Arbeitslosigkeit ist derzeit auf einem Tiefststand. Trotz der stark erhöhten Nachfrage nach Arbeitskräften liegt die Lohnquote im historischen Vergleich immer noch extrem niedrig. Dabei haben die Gewinne der Unternehmen im vergangenen Jahr kräftig zugelegt. Eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer:innen am erwirtschafteten Wohlstand wäre also durchaus gerechtfertigt.

Auch das Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und die Österreichische Nationalbank (OeNB) erwarten, dass die Lohnquote nun wieder steigt. Zunächst müssen die Lohnerhöhungen aber ausverhandelt werden. Gerade in der derzeitigen Arbeitsmarksituation profitieren von steigenden Löhnen auch die Arbeitgeberseite: Unternehmen suchen wieder mehr Arbeitskräfte. Damit die Suche erfolgreich ist, müssen sie entsprechend höhere Gehälter bieten.

August: Steigende Arbeitslosigkeit, weniger offene Stellen

Stichsäg

Wie schon in den vier Monaten zuvor stieg die Zahl der erwerbsarbeitslosen Menschen im August an. Insgesamt waren vergangenen Monat fast 321.000 Menschen arbeitslos gemeldet oder in Schulung. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Anstieg von über 11.000 Personen. Die anhaltend hohe Inflation wird in Kombination mit der schwächelnden Konjunktur in den nächsten Monaten voraussichtlich zu einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit beitragen. Im zweiten Quartal 2023 sank die Wirtschaftsleistung mit 1,1 Prozent stärker als erwartet. Aktuell beträgt die Arbeitslosenquote 7,4 Prozent.

In den letzten Monaten klagten Unternehmen vielfach über fehlende Arbeitskräfte. Mit der derzeitigen Entwicklung am Arbeitsmarkt stimmt dies aber nicht überein. Die Zahl der offenen Stellen reduzierte sich nämlich auch im August wieder. Weniger als 110.000 offene Stellen waren zuletzt verfügbar, im Vorjahr waren es noch über 133.000. Auf eine offene Stelle kamen im August 2,92 Arbeitslose, das sind um 0,6 mehr als noch 2022. Unternehmen können bei einer Stellenbesetzung also statistisch gesehen aus drei Arbeitslosen wählen.

Bis auf Tirol (-4,2 Prozent) kam es in allen Bundesländern zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Am stärksten war dieser wie schon im Juli in der Steiermark (+5,4 Prozent) und in Vorarlberg (+5,3 Prozent). In Salzburg und dem Burgenland nahm die Arbeitslosigkeit im August noch stärker zu als im Vormonat.

In vielen wichtigen Branchen stieg die Arbeitslosigkeit im August an. Im Handel stieg die Zahl der Erwerbsarbeitslosen den zweiten Monat in Folge an. Die deutlichsten Anstiege verzeichneten die Gastronomie (+6 Prozent) und der Bausektor (+6,8 Prozent). In letzterem spiegelt sich bereits die sinkende Bautätigkeit in Zusammenhang mit der restriktiveren Zinspolitik der europäischen Zentralbank wider. Die Zahl der Baubewilligungen ist seit 2021 stark zurückgegangen, damit nimmt nun auch die Nachfrage nach Arbeitskräften ab.

Juli 2023: Arbeitslosigkeit steigt weiter an

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Nachdem der Handel im Juni noch sinkende Arbeitslosigkeit verzeichnen konnte, kam es nun im Juli zu einem Anstieg um 2,2 Prozent im Jahresvergleich. Mit angetrieben wird dieser deutliche Anstieg von der Insolvenz der Möbelhandelskette Kika/Leiner. Weiter im Anstieg befindet sich außerdem die Arbeitslosigkeit in den Branchen Gastronomie und Bau. Ein wesentlicher Faktor für die sich verschärfende Situation im Bausektor ist die schärfere Zinspolitik der europäischen Zentralbank. Erst vergangene Woche wurde ein neuerliches Anheben aller drei Leitzinsen verkündet. Kredite werden dadurch merklich teurer, die Bautätigkeit nimmt ab und damit auch die Nachfrage nach Arbeitskräften in der Baubranche.

Mit Ausnahme von Tirol kam es in allen Bundesländern zu einem Ansteig der Arbeitslosenzahlen. Am stärksten war dieser in der Steiermark mit 7,1 Prozent, aber auch in Vorarlberg, Wien, Oberösterreich, Vorarlberg, Niederösterreich und Kärnten war der Anstieg der Arbeitslosigkeit noch höher als im Juni.

Während aus dem arbeitgebernahen Umfeld nach wie vor über einen Arbeitskräftemangel geklagt wird, spiegeln die offiziellen Zahlen dies so nicht wider. Die Situation am Arbeitsmarkt verschlechtert sich nämlich nicht nur aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit, auch die Zahl der offenen Stellen ging im Juli erneut zurück. Im Vergleich zum Vorjahresmonat waren um 24.000 Stellen weniger verfügbar. Auf eine offene Stelle kamen im Juli 2,73 Arbeitslose. Im Vorjahr waren es noch 2,15 Arbeitssuchende pro offene Stelle. Es gibt also nach wie vor deutlich mehr arbeitslose Menschen als offene Stellen – Tendenz steigend.

Juni 2023: Arbeitslosigkeit steigt den dritten Monat in Folge

Arbeitslosigkeit Juni 2023 Momentum Institut

Im Juni stieg die Zahl der erwerbsarbeitslosen Menschen im Jahresvergleich zum dritten Mal in Folge an. Rund 310.000 Menschen waren im vergangenen Monat arbeitslos gemeldet oder in Schulung, das sind etwa 9.300 Personen (3,1 Prozent) mehr als im Juni des Vorjahres. Die Arbeitslosenquote steigt dadurch leicht auf 7,2 Prozent. Die Insolvenz der Möbelhandelskette kika/Leiner ist in diesen Zahlen allerdings noch nicht berücksichtigt. Die Auswirkungen der Insolvenz auf den Arbeitsmarkt werden erst die Juli-Zahlen zeigen, die Anfang August veröffentlicht werden.

Arbeitslosenrate (inkl. Schulung) bei 7,2%

Der Anstieg der Arbeitslosigkeit zieht sich durch fast alle Bundesländer. Wie schon im vergangenen Monat gab es lediglich in Tirol einen Rückgang der Arbeitslosigkeit um etwa zwei Prozent. Am stärksten war der Anstieg hingegen in der Steiermark mit 6,7 Prozent. Dennoch liegt die Arbeitslosenquote in der Steiermark unter dem österreichischen Durchschnitt. Die höchste Arbeitslosenquote im Bundesländervergleich verzeichnet aktuell Wien, die niedrigste Tirol und Salzburg.

Arbeitslosigkeit nach Bundesländer Juni 2023

Wie auch schon in den vergangenen zwei Monaten zu bemerken war, sind die Branchen Gastronomie und Bau besonders stark vom Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen. Für die schlechte Entwicklung im Bau ist wohl auch die scharfe Zinspolitik der europäischen Zentralbank verantwortlich. Ihre starken Zinsschritte verteuern die kreditfinanzierten Baukosten deutlich, weshalb die Bautätigkeit und damit die Nachfrage nach Arbeitskräften in dieser Branche zurückgeht. Der Handel ist der einzige Sektor, in dem die Arbeitslosigkeit im Juni nicht stieg. Dies wird sich im kommenden Monat jedoch höchstwahrscheinlich ändern, wenn sich die Insolvenz des Möbelhändlers kika/Leiner in der Statistik niederschlägt.

Arbeitslosigkeit nach Branche Juni 2023

Während die Zahl der Erwerbsarbeitslosen im Juni verglichen mit dem Vorjahresmonat also um drei Prozent gestiegen ist, ist die Zahl der offenen Stellen im gleichen Zeitraum um rund 16 Prozent gesunken. Damit verschlechtert sich das Verhältnis von offener Stelle zu Erwerbsarbeitslosen gegenüber dem Vorjahr deutlich. Pro offene Stelle gab es im Juni 2,6 Erwerbsarbeitslose. Im Juni 2022 waren es noch 2,12 arbeitssuchende Menschen pro offene Stelle. Den vielzitierten Arbeitskräftemangel können die aktuellen Zahlen also nicht bestätigen. Die Entwicklung zeigt in die entgegengesetzte Richtung. Es gibt deutlich mehr Arbeitssuchende als es offene Stellen zu besetzen gibt.

Arbeitslose pro offener Stelle Juni 2023

Wegen Teuerung: Arbeitslosengeld um 15 Prozent weniger Wert als im Vorjahr

Wertverlust Arbeitslosengeld

Da das Arbeitslosengeld im Gegensatz zu anderen Sozialleistungen nicht an die Inflation angepasst wird, verlieren Betroffene jeden Monat an Kaufkraft. Das durchschnittliche Arbeitslosengeld ist heute 14,8 Prozent weniger wert als noch vor einem Jahr. Acht Prozentpunkte dieses Verlustes gehen auf den Umstieg vom Arbeitslosengeld in die Notstandshilfe zurück. So können sich Erwerbsarbeitslose heute um 158 Euro weniger leisten als zu Beginn ihrer Erwerbsarbeitslosigkeit. Wer seit fünf Jahren arbeitslos gemeldet ist, leidet bereits unter einem Kaufkraftverlust von 25,8 Prozent, wie Berechnungen des Momentum Instituts zeigen.

Wer im Juni des vergangenen Jahres den Job verlor, erhielt im Mittel ein monatliches Arbeitslosengeld von 1065 Euro. Durch den Wertverlust von 14,8 Prozent haben Bezieher:innen heute im Schnitt 158 Euro weniger pro Monat zur Verfügung. Ihre Kaufkraft beträgt heute nur 907 Euro monatlich.

Arbeitslosengeld: Wertverlust von 14,8% in einem Jahr

Das durchschnittliche bezogene Arbeitslosengeld liegt somit weit unter der Armutsgrenze von 1.392 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt. Auch im europäischen Vergleich ist das Arbeitslosengeld in Österreich sehr gering. Da es auch nach wie vor nicht an die Inflation angepasst wird, drohen Erwerbsarbeitslose noch stärker in die Armut zu schlittern. Da die durchschnittlichen AMS-Bezüge nicht zum Leben reichen, versuchen sich manche Arbeitssuchende mit einem geringfügigen Zuverdienst von maximal 500,91 Euro im Monat selbst über die Armutsschwelle zu hieven. 91 Prozent der Bezieher:innen von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen eine Unterstützung unter der Armutsgefährdungsschwelle für Ein-Personen-Haushalte. Im Mai 2023 waren insgesamt 320.000 Menschen erwerbsarbeitslos oder in Schulung. 110.000 davon sind langzeitbeschäftigungslos und seit mehr als einem Jahr beim AMS gemeldet.

Arbeitslosengeld wird immer weniger wert

Je länger eine Person erwerbsarbeitslos ist, desto größer ist der Wertverlust der Bezüge. Wer seit drei Jahren erwerbsarbeitslos ist hat bislang einen monatlichen Verlust der Kaufkraft von 24,1 Prozent erlitten. Bei fünf Jahren Erwerbsarbeitslosigkeit beträgt der Verlust 25,8 Prozent. Im Mai 2023 waren von den 330.000 Erwerbsarbeitslosen 216.318 kürzer als ein Jahr arbeitssuchend.  93.921 waren zwischen einem und drei Jahren auf Jobsuche. Zwischen drei bis fünf Jahren waren 7.440 Personen beim AMS gemeldet. Länger als fünf Jahre waren 2.923 Menschen erwerbsarbeitslos.

Menschen die Arbeitslosgeld oder Notstandshilfe beziehen, kämpfen bereits seit Jahren damit, dass ihre Bezüge immer weniger wert werden. In Zeiten der stärksten Teuerung seit Jahrzehnten, ist es eine Herkules-Aufgabe die gestiegenen Preise und Rechnungen damit noch zu begleichen

 

Arbeitslosengeld verliert jeden Monat an Kaufkraft

Keine Besserung in Sicht

Österreichs Inflation liegt trotz des leichten Rückgangs im Juni deutlich über der durchschnittlichen Inflationsrate der EU. Die Österreichische Nationalbank rechnet heuer mit einer Jahresinflation von 7,4 Prozent und im Jahr 2024 mit weiteren 4,1 Prozent. Wird das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe nicht an die Inflation angepasst, bedeutet das noch weitere Kaufkraftverluste für Erwerbsarbeitslose.

Das Momentum Institut empfiehlt daher das Arbeitslosengeld an die Inflationsrate anzupassen sowie von aktuell 55 Prozent des letzten Nettoeinkommens auf 70 Prozent anzuheben. Die Notstandshilfe sollte in voller Höhe des Arbeitslosengeldes ausbezahlt werden.

Mai 2023: Arbeitslosigkeit steigt um 2,9 Prozent

Arbeitslosigkeit Mai 2023 Momentum Institut

Der negative Trend am Arbeitsmarkt setzt sich fort. Nachdem die Zahl der Erwerbsarbeitslosen im April erstmals seit zwei Jahren nach oben ging, stieg sie im Mai erneut um 9.000 Menschen. Das entspricht einem Plus von 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit waren im Mai rund 300.000 Menschen ohne Erwerbsarbeit gemeldet. Die Arbeitslosenquote klettert auf 7,5 Prozent. Die starken Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigen damit ihre Wirkung. Da die Zinspolitik der EZB eher weitere Zinserhöhungen statt Zinssenkungen im Blick hat, ist es unwahrscheinlich, dass die Zahl der Erwerbsarbeitslosen in den nächsten Monaten wieder zurückgehen wird.

Veränderung der Arbeitslosenzahlen Mai 2023

Wie schon im vergangenen Monat waren die Branchen Bau und Gastronomie am stärksten vom Anstieg betroffen. Im Bau war der Anstieg mit 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr am stärksten. In dieser Branche sind die Zinserhöhungen der EZB sehr stark spürbar. Die Zinsschritte verteuern die kreditfinanzierten Baukosten deutlich, weshalb die Bautätigkeit und damit die Nachfrage nach Arbeitskräften in dieser Branche zurückgeht. Im Leiharbeitssektor gibt es hingegen einen Rückgang der Erwerbsarbeitslosigkeit. Auch im Handel gibt es einen leichten Rückgang.

Veränderung der Arbeitslosenzahlen nach Sektor Mai 2023

Der Abschwung am Arbeitsmarkt trifft fast jedes Bundesland. Nur in Tirol gibt es einen leichten Rückgang der Erwerbsarbeitslosigkeit von 1 Prozent zu verzeichnen. In allen anderen Bundesländern steigt die Erwerbsarbeitslosigkeit, am stärksten in der Steiermark mit 8 Prozent.

Veränderung der Arbeitslosigkeit nach Bundesländern Mai 2023

Gleichzeitig zum Anstieg der Erwerbsarbeitslosigkeit um 2,9 Prozent, hat sich die Zahl der offenen Stellen im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent reduziert. Das Verhältnis von offener Stelle vs. Erwerbsarbeitslosen hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr deutlich verschlechtert. Pro offener Stelle gab es im Mai 2,74 Erwerbsarbeitslose. Im Mai 2022 waren es noch 2,26 Arbeitssuchende pro offene Stelle. Der vielzitierte Arbeitskräftemangel wird in Anbetracht dieser Entwicklung nicht bestätigt. Es gibt deutlich mehr Arbeitssuchende als es offene Stellen zu besetzen gibt.

Verhältnis Offene Stellen vs. Arbeitslose Mai 2023

Regierungspaket: Sozialleistungen noch immer nicht armutsfest

Kinderarmut

Die Regierung hat ein Maßnahmenpaket gegen Kinderarmut vorgestellt. Grundsätzlich ist die Unterstützung für Bezieher:innen von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe oder Ausgleichszulage mit Kindern sowie Sozialhilfebezieher:innen ohne Kinder zu begrüßen. Armutsfest sind die Sozialleistungen damit jedoch noch nicht. Das zeigt die Analyse des ökosozialen Momentum Instituts:

Wer auf Sozialleistungen angewiesen ist, war schon vor der enormen Teuerung häufig armutsgefährdet. Die steigenden Preise treffen Menschen mit wenig Geld besonders hart. Bereits 1,3 Millionen Menschen in Österreich waren 2021 armutsgefährdet. Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1.392 Euro pro Monat (12-mal im Jahr) für einen Ein-Personen-Haushalt. Auch jedes 5. Kind in Österreich ist derzeit armutsgefährdet. Armutsgefährdete Menschen sind auf jeden Euro angewiesen. Die 60 Euro im Monat mehr helfen – aber nur sehr begrenzt. Eine alleinerziehende Mutter aus der unteren Einkommenshälfte kann damit nicht einmal die Mehrkosten für Essen, Wohnen und Energie stemmen. Ihr reißt die Teuerung im Schnitt monatlich ein 180 Euro großes Loch in die Geldbörse.

Sozialhilfebezieher:innen weiterhin armutsgefährdet

Um gegen Armut abzusichern, müssten Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, sowie Mindestpension (Ausgleichszulage) teils deutlich höher liegen. Wer Sozialhilfe bezieht, erhält in Wien bei einem Einpersonenhaushalt 1.054 Euro pro Monat (dieser Betrag kann sich zwischen den Bundesländern unterscheiden). Selbst mit 60 Euro mehr pro Monat fehlen einer alleinlebenden Person, die Sozialhilfe bezieht weiterhin 278 Euro, um nicht mehr armutsgefährdet zu sein. Für einen Haushalt mit einer erwachsenen Person und einem Kind fehlen 222 Euro, bei Alleinerziehenden mit zwei Kindern sind es 167 Euro pro Monat, wobei jeweils die Familienbeihilfe (Annahme: Kinder zwischen 3 und 10 Jahre alt) schon berücksichtigt wurde.

Arbeitslose Menschen weiterhin armutsgefährdet

Während andere Sozialleistungen seit Jahresbeginn mit der Teuerung mitwachsen, ist das bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nicht der Fall. Dabei waren in Österreich zuletzt zwei von fünf arbeitslosen Menschen armutsgefährdet. Bei der durchschnittlichen arbeitslosen Person liegt das Arbeitslosengeld um 328 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle. Für eine arbeitslose Person mit Kind, die nun 60 Euro mehr bekommt, fehlen im Schnitt immer noch 282 Euro. Um gegen Armut abzusichern, sollten Arbeitslosengeld und Notstandshilfe deutlich angehoben und, wie andere Sozialleistungen auch, in Zukunft an die Inflation angepasst werden.

Auch Schulstartgeld sollte mit Teuerung mitwachsen

Angekündigt wurden außerdem 15 Millionen Euro für das Schulstartpaket „Schulstartklar“. Statt einmal jährlich 120 Euro pro Kind wird die Zahlung auf 150 Euro ausgeweitet und zweimal im Jahr per einen Gutschein bereitgestellt, für den ein entsprechender Antrag erforderlich ist. Zugute kommt die zusätzliche Unterstützung allerdings lediglich Kindern von Mindestsicherungs- bzw. Sozialhilfebezieher:innen. wird über eine teils sehr komplizierte und selbständige Antragsstellung abgewickelt und wird in Form von Gutscheinen bereitgestellt. In Wien wird sogar empfohlen, einen Termin für die Abholung des Gutscheins zu buchen. Diese Unterstützungsleistung ist also mit hohem administrativem Aufwand verbunden, sie ist voraussichtlich zeitlich befristet (bis Ende 2024) und kommt nur einer bestimmten Gruppe zugute.

Aber auch andere Eltern mit wenig Einkommen haben mit den stark gestiegenen Preisen, vor allem zu Schulbeginn, zu kämpfen. Für sie gibt es das Schulstartgeld (aus dem FLAF finanziert), das allen Kindern über die Familienbeihilfe ausgezahlt wird – es ist somit nicht auf einen Bezieher:innenkreis eingeschränkt. An die Teuerung angepasst wurde das Schulstartgeld bisher allerdings nicht. Durch die Teuerung der letzten 10 Jahre kann man sich mit diesen 100 Euro mittlerweile nur mehr Schulwaren im Wert von 72 Euro kaufen. Das ist ein Kaufkraftverlust bei Papier- und Schreibwaren von 28 Prozent. Um Eltern von Schulkindern zu entlasten, sollte auch das Schulstartgeld dringend indexiert werden.

Wirkung des Regierungspakets überschätzt

Die angekündigten Maßnahmen sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung - um Kinderarmut in Österreich abzuschaffen, sind sie aber definitiv zu wenig.

Zur Erinnerung: Bereits 1,3 Millionen Menschen in Österreich waren 2021 armutsgefährdet. Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1.392 Euro pro Monat (12-mal im Jahr) für einen Ein-Personen-Haushalt. Auch jedes 5. Kind in Österreich ist derzeit armutsgefährdet. Die Regierung gibt an, dass das angekündigte Paket rund 400.000 Kindern und 200.000 Erwachsenen helfen wird. Das Momentum Institut hat mit einer EUROMOD-Simulation geschätzt, wie viele Menschen (Erwachsene und Kinder) durch die Maßnahmen im Jahr 2023 tatsächlich über die Armutsgefährdungsschwelle gehoben werden.

Rund 54.000 Personen können die Maßnahmen vor der Armutsbetroffenheit schützen: Von diesen 54.000 Menschen sind fast zwei Drittel Kinder (34.000 Kinder und 20.000 Erwachsene). Positiv zu bewerten ist jedenfalls, dass durch die Maßnahmen mehr Kinder aus der Armutsbetroffenheit gehoben werden können – das Problem Kinderarmut wird also in den Fokus gerückt.

Aber: In Österreich gibt es 1.314.000 armutsgefährdete Menschen. Das bedeutet: Nur etwa 4 Prozent der armutsgefährdeten Menschen können die Regierungsmaßnahmen wirklich über die Armutsgefährdungsschwelle heben.

Personen unter 18 werden im Simulationsmodell als Kinder definiert und die Auszahlung beginnt im Mai (das bedeutet, die 60 Euro pro Monat zusätzlich können maximal noch 8 Mal ausgezahlt werden), bei Kindern von Arbeitslosengeld-, Sozialhilfe-, bzw. Notstandshilfebezieher:innen wurde die Annahme getroffen, dass keine Parallelleistungen bezogen werden. Bei der Ausgleichszulage unterliegt die Annahme eines ganzjährigen Bezugs.

Das Momentum Institut empfiehlt: 

  • Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sollte deutlich angehoben werden
  • Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sollten wie andere Sozialleistungen auch an die Inflation angepasst werden
  • Der Wertverlust des Schulstartgelds sollte aufgeholt werden und in weiterer Folge ebenfalls an die Inflation angepasst werden
  • Kindergrundsicherung umsetzen
Mattias Muckenhuber